Ungefiltert

Fahrbericht Porsche Boxster Spyder: Die Entdeckung der Langsamkeit

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Klingt wie ein Widerspruch in sich: Porsche und langsam? Nein, der neue Boxster Spyder ist sogar 290 km/h schnell. Aber er hat eine andere Besonderheit, die an die Gelassenheit erinnert, mit der die ersten Roadster-Fahrer des vorigen Jahrhunderts ihrem Freiluft-Vergnügen frönten.

Porsche Spyder-Gang

Tradition und Innovation hat man bei Porsche nie als Widerspruch begriffen. Im Gegenteil: In der Zuffenhausener Sportwagenschmiede ist es ein harmonisches Miteinander. Das drückt auch die Modellbezeichnung „Spyder“ für einen offenen Sportwagen aus, die eine Brücke schlägt zwischen dem 550 Spyder von 1954 und den Boxster Spyder 60 Jahre später. Geringes Gewicht als Voraussetzung für souveräne Fahrleistungen war damals wie heute Prinzip. Nur die 550 Kilogramm, die der Erstling wog, sind heute bei einem für öffentliche Straßen zugelassenen Pkw nicht mehr realisierbar – den Sicherheitsvorschriften sei Dank. Vor sechs Jahren hat Porsche den ersten Boxster in einer Spyder-Version heraus gebracht. Die Kennzahlen des heutigen Modells lauten: 3,8 Liter Hubraum, 276 kW / 375 PS, 420 Newtonmeter Drehmoment, von Null auf hundert in 4,5 Sekunden. Schlappe 45 Sekunden dauert es – mit einiger Übung – wenn man das manuelle Faltdach öffnen oder schließen will. Diese Langsamkeit entdeckt man in mehreren Schritten. Doch dazu später mehr. Galten für den Vorgänger noch die werksseitigen Warnungen, Waschstraßen zu meiden und geschlossen nicht mehr als 200 km/h zu fahren, ist beides heute erlaubt.
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Kein Radio, keine Klimaanlage, nix

Innerhalb der Boxster-Baureihe ist der Spyder ohne Zweifel die stärkste, schnellste und puristischste Variante. Während andere Hersteller das Thema Gewicht vor allem unter dem Aspekt der Verbrauchsersparnis bearbeiten, verfolgt Porsche bei diesem Fahrzeug einen anderen Ansatz. Es geht um Dynamik und Agilität. Der Spyder, der noch fünf Pferdestärken mehr in die Waagschale wirft als der neue 911er Carrera mit seinem Dreiliter-Turbomotor, wiegt nach DIN nur 1315 Kilogramm. Um diesen Wert zu erreichen, vermarktet der Hersteller den Zweisitzer mit einem asketischen Ausstattungskonzept: Kein Radio, Keine Klimaanlage, kein Navigationsgerät, keine Gimmicks. Natürlich kann all dies gegen Aufpreis nachbestellt werden, nur dann ist der Spyder eben nur noch bedingt die puristische Fahrmaschine, als der er annonciert wurde. Verzicht und Vergnügen fangen nicht zufällig mit der gleichen Silbe an, Verklärung aber auch. Jedes Gramm zählt beim großen Abspecken: Selbst die Innengriffe der Türen werden weggelassen und durch einfache Zugschlaufen ersetzt. Laut Projektleiter Stefan Weckbach stellt der Boxster Spyder „die Rückbesinnung auf den Ursprung des Roadsters“ dar. Wer mit diesen Ursprüngen das heftige Kurvenräubern in einem offenen Zweisitzer assoziiert, liegt gewiss nicht falsch. Aber zu den Wurzeln des Freiluft-Fahrens gehört auch, dass Wolkenechos auf dem Regenradar nicht vorgesehen sind. Elektrisch bewegte Verdeck-Konstruktionen haben sommerlichen Gewitter-Schauern über die Jahrzehnte den Schrecken genommen. Sie schließen heute zum Teil in weniger als zwölf Sekunden. Dagegen war von den Piloten im Roadster-Altertum noch ehrliche Handarbeit gefordert. Und die braucht der Spyder-Pilot von heute auch. Die Taste mit dem Verdecksymbol in der Mittelkonsole könnte falsche Erwartungen wecken. Sie wirkt lediglich auf den Sicherungshaken am Rahmen der Windschutzscheibe und öffnet den mit zwei sehr kleidsamen Höckern versehenen hinteren Karosseriedeckel. Dann geht’s ans Eingemachte. Aussteigen, mit kräftigem Druck auf die unter Segeltuch verborgenen Entriegelungstasten die beiden Verdeckfinnen lösen, die Sicherungsdornen in die dafür vorgesehenen Öffnungen des Scheibenrahmen stecken, Verdeck vorsichtig nach hinten klappen und den Verschluss des Heckdeckels einrasten lassen. Jetzt nur noch die beiden Plastikflügel über der versenkten Dachhalterung schließen – schon fertig! Für das Lesen dieses Absatzes brauchten Sie eben etwa 40 Sekunden. In dieser Zeit kann man es zu zweit schaffen, das Spyder-Verdeck zu öffnen oder zu schließen. Allein dauert es halt länger. Und wer diese Phase der Entschleunigung nicht genießt, ist selber schuld. Mit jedem Handgriff, der zum Verstauen der Textilkappe nötig ist, baut sich Spannung auf – spannende Vorfreude auf ein unvergleichliches Fahrerlebnis. Das feinfühlige Gaspedal, die harte Kupplung, die sensibel dosierbare Bremse, die unmittelbare Lenkung – alles greift ineinander wie die Zahnräder eines Schweizer Uhrwerks. Die Tieferlegung bringt kürzere Federn mit sich, und die daraus resultierende Härte wirkt absolut authentisch.
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