Fahren mit Gas: Voller Tank und halbe Rechnung

Mehr und mehr Autohersteller entdecken Erd– und Flüssiggas als preiswerte Alternative zu Benzin und Diesel. Gas bietet Vorteile für die Umwelt und wird deshalb steuerlich gefördert. Gegenüber Benzin sinken die Tankkosten um etwa die Hälfte, gegenüber Diesel um ein Drittel. Beide Gas-Arten haben aber ganz unterschiedliche Eigenschaften.

Die Preise für Benzin und Diesel kennen nur eine Richtung: aufwärts. Auch wenn sich die Lage aktuell wieder etwas entspannen mag: Langfristig werden die Preise weiter klettern. Vor diesem Hindergrund wundert es, dass alternative Kraftstoffe wie Erd- und Flüssiggas noch immer ein Nischendasein führen: Von [foto id=“419328″ size=“small“ position=“left“]den knapp 43 Millionen in Deutschland zugelassenen Personenwagen laufen lediglich rund 500 000 mit Flüssiggas und sogar nur etwa 75 000 mit Erdgas.

Auf längere Sicht dürfte Gas-Antrieb weit populärer werden. Mehr und mehr Hersteller bieten eine wachsende Zahl von Modellen, die Gas tanken statt Benzin oder Diesel. Von Chevrolet, Dacia, Fiat, Ford und weiteren gibt es sie seit Jahren, neu auch zum Beispiel von Citroen (C3 Picasso und DS3). Einen besonders großen Sprung macht Opel: Vier Flüssig- und fünf Erdgas-Autos stehen hier aktuell zur Wahl, ab August folgen mit dem Insignia und dem Zafira Tourer zwei weitere Modelle für Flüssiggas.

Opel schließt sich damit einem Trend an, den auch Volkswagen schon seit einiger Zeit verfolgt: Im Programm finden sich mehr und mehr Modelle für Erd- und für Flüssiggas. Die Autos eignen sich immer nur für eine der beiden Gas-Arten. Beide haben ihre Vor- und ihre Nachteile – in der Technik, in den Anschaffungs- wie in den laufenden Kosten, nicht zuletzt in der Zahl der Tankstellen.

Erdgas

Erdgas, auch ‘Compressed Natural Gas’ (CNG) genannt, ist dabei für die Umwelt wie für die laufenden Kosten die beste Lösung. Es enthält im Vergleich zu Benzin und Diesel weniger Kohlen- und mehr Wasserstoff. Beim Verbrennen entsteht mehr Wasser ( dampf), weniger Kohlendioxid. Da die Kraftfahrzeugsteuer nach dem CO2-Ausstoß berechnet wird, sparen Gas-Autos sogar hier. Mit „Biogas“ [foto id=“419329″ size=“small“ position=“left“]rollen sie sogar fast ganz ohne CO2-Emission – ähnlich wie Elektrofahrzeuge mit Strom aus Solaranlagen, Wind- oder Wasserkraftwerken.

Erdgas ist in der Anschaffung die teurere Lösung. Es lässt sich bei normalen Temperaturen nicht verflüssigen, sondern nur unter hohem Druck (200 bar) in entsprechend stabilen Flaschen speichern. Erdgas wird nicht in Litern, sondern in Kilogramm bezahlt – wobei ein Kilo etwa so viel Energie enthält wie eineinhalb Liter Benzin.

Auch die Tankstellen-Ausrüstung mit Hochdruck-Kompressor und Tanks ist teuer. Mit der Folge, dass die Zahl der Erdgas-Zapfstellen in Deutschland nur sehr langsam steigt. Aktuell gibt es bei uns rund 900. Auch in einigen Nachbarländern haben Erdgas-Tankstellen Seltenheitswert, so zum Beispiel in Belgien, England und Spanien. Das Internet (Stichwort „Erdgas tanken“) bietet bei der Suche willkommene Hilfe. Es listet auch Preise auf, oft aber nicht aktuell.

Flüssiggas

Flüssiggas (Autogas, LPG oder Liquified Petroleum Gas) ist ein Butan-/Propan-Gemisch, das bei der Rohöl-Verarbeitung anfällt und zum Beispiel auch für Campingkocher verwendet wird. Es bietet gleichfalls CO2-Vorteile, wenn auch weniger ausgeprägt. Es steht unter geringem Druck, das System wird viel einfacher als bei Erdgas – und entsprechend billiger. Der Behälter ist kompakt wie ein Benzintank, er passt üblicherweise in die Reserveradmulde. Das Ersatzrad selbst wird durch ein Reparaturset ersetzt. Der ursprüngliche Benzintank bleibt erhalten, beide Füllungen erlauben sehr große Reichweiten. Nachrüstung gibt es zuweilen schon für 1500 Euro. Sie vertragen aber nur Motoren mit so genannten gehärteten Ventilsitzen. Auf der sicheren Seite sind werksseitig ausgerüstete Autos mit voller Garantie.

Flüssiggas ist auch für die Tankstellen einfacher und billiger: 6500 Zapfstellen bei uns stehen bereit, an fast jeder zweiten Tankstelle also. Auch in den meisten Nachbarländern gibt es ebenfalls genügend [foto id=“419330″ size=“small“ position=“left“]Nachschub. Bezahlt wird in Litern. Der Energiegehalt ist geringer als bei Benzin, der Verbrauch steigt um etwa 20 Prozent.

Beide Gas-Arten verbrennen besonders sauber, im Abgas finden sich bis zu 80 Prozent weniger Stickoxide, Ruß fehlt ganz. Die Politik belohnt dies mit einer besonders niedrigen Treibstoffsteuer. Sie ist bis Ende 2018 festgeschrieben, soll aber weiter bis 2025 oder sogar 2030 gelten. Dank dieser Steuervorteile senkt Gas die Treibstoffkosten erheblich: Gegenüber Benzin spart Erdgas reichlich die Hälfte, Flüssiggas etwas weniger. Im Vergleich zu Diesel wird rund ein Drittel gespart.

Für den Benzinmotor (103 kW /140 PS) des Zafira Tourer beispielsweise gibt Opel 6,7 Liter Normverbrauch an. Das ergibt bei einem Literpreis von 1,60 Euro rund 10,70 Euro für 100 Kilometer. Im Erdgas-Pendant ist man mit 110 kW / 150 PS nicht nur etwas munterer, sondern tatsächlich für die Hälfte unterwegs: Sein Normverbrauch wird mit 4,7 Kilogramm pro 100 km angegeben, sie kosten bei 1,10 pro Kilo 5,20 Euro. Hier muss selbst der Diesel (96 kW / 130 PS) passen: 5,2 Liter Normverbrauch ergibt bei einem Literpreis von 1,48 Euro runde 7,70 Euro für 100 Kilometer.

Der geringeren Tankrechnung stehen höhere Anschaffungskosten gegenüber. Sie variieren nicht nur bei den einzelnen Herstellern und bei deren Modellen stark, sondern auch durch (oft zeitlich begrenzte) Sonderaktionen. Manche Erdgas-Versorger begrüßen neue Kunden sogar mit Prämien, etwa mit 500 Kilogramm kostenlosem Gas. Besagter Zafira Tourer steht in Erdgas-Version ab 27 950 Euro in der Liste, das sind 3100 Euro mehr als beim vergleichbaren Benziner. Ganz anders beim Opel Meriva: Hier kostet die [foto id=“419331″ size=“small“ position=“left“]Autogas-Version mit 22 240 Euro nur 1100 Euro Aufpreis. Sie ist munter wie das Benzin-Pendant (88 kW/120 PS) und rechnet sich rasch.

Der Preis ist freilich nicht alles. Gas-Autos haben bislang stets umgerüstete Benzin-Triebwerke. Den Vorteil der sehr hohen Oktanzahl, den sowohl Erd- wie Flüssiggas aufweisen, nutzen sie nicht aus, Direkteinspritzung wie bei modernen Benzinmotoren bleibt außen vor. Oft schwächeln sogar Leistung und Drehmoment. Der Fiat Punto Natural Power (Erdgas) zum Beispiel hat nur noch 51 kW / 70 PS statt 57 kW /77 PS für Benzin und lediglich 104 Newtonmeter statt 115 Nm maximales Drehmoment. Gleichzeitig ist er 145 Kilogramm schwerer. Bei der Erdgas-E-Klasse von Mercedes-Benz, dem E 200 NGT, stehen über 6000 Euro Mehrpreis und 15 kW / 21 PS Minderleistung gegenüber dem 135 kW / 184 PS starken Benziner gegnüber. Das Drehmoment sinkt um 30 Nm auf 240 Nm. Viele Motoren ziehen in Leistung und Drehmoment mittlerweile aber immerhin gleich. Richtigen Dampf bieten die Turbos vor allem bei VW und Opel.

Gas-Fahrer müssen keine Furcht haben, auf einer rollenden Bombe zu sitzen. Crashtests beweisen, dass von ihren Autos bei einem Unfall keine besonderen Gefahren ausgehen. Verbote „mit Druckgas betriebener Automobile“ in Parkgaragen haben schon lange keine gesetzliche Grundlage mehr.

Lohnt sich ein Gasauto?

Bei Flüssiggas lässt sich die Frage leicht beantworten: Je geringer der Aufpreis, je größer der Vorteil beim Tanken, desto rascher rechnet sich Gas-Antrieb. Wobei kluge Rechner stets auch den höheren Wiederverkaufswert einrechnen sollten. Bei Erdgas wird es schwieriger: Je mehr und je näher Tankstellen sind, je mehr der Wagen große Strecken in relativ engem Umkreis um diese Tankstellen bewegt wird – z.B. als Taxi oder Ausliefer-Fahrzeug – , desto eher geht die Rechnung auf. Fernfahrten erfordern Umwege und akribische Planung. Aber Gott sei dank rollen alle Gas-Autos auch immer noch mit Benzin – wenn auch teurer.

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Otto Meyer

Mai 22, 2012 um 11:44 pm Uhr

Sehr gutes Fazit. Beide Arten rechnen sich, auch bei CNG wird sich das mit den wenigen Tankstellen in ein paar Jahren erledigt haben. Derzeit hat LPG was das betrifft klarerweise Vorteile.
Und wenn man wie beim Meriva LPG nur einen geringen Aufpreis zahlen muss, beginnt der Antrieb sich schon in 2, 3 Jahren an zu rechnen (und da das Auto ab Werk LPG befeuert, geht man, anders als bei einem Umbau, kein Risiko ein). Behält man den Wagen 7-10 Jahre, so spart man wirklich viel.
E-Autos mögen derzeit noch zu viele Kompromisse mit sich bringen, aber gegen Gas-Autos spricht wirklich nichts. Ich denke die meisten kaufen sich mit Benzin/Diesel angetriebene Autos aus reiner Gewohnheit.

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