Dass Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, auf Autos im Allgemeinen und Dieselfahrzeuge im Besonderen nicht gut zu sprechen ist, hat sich herumgesprochen. Im September 2015 hatte sie ein Fahrverbot für ältere Lkw und Busse mit der Drohung verhängt, es 2016 auf Privatfahrzeuge auszuweiten. Jetzt macht Madame ernst: Ab Juli will sie alle Autos aus der französischen Metropole verbannen, die vor 1997 gebaut worden sind – an Werktagen von 8 Uhr morgens bis 20 Uhr abends. Gleiches gilt für Motorräder, wenn sie älter als 1999 sind.
Am ersten Mai-Wochenende verwandelte sich die Avenue des Champs-Elysée wie bereits im Herbst vergangenen Jahres in eine Fußgängerzone. Einheimische und Touristen konnten auf den 1,5 Kilometer der autofreien, vierspurigen Straße zwischen dem Place de la Concorde und dem Arc de Triomphe ungestört spazieren gehen. Künftig soll der Pariser Prachtboulevard jeden ersten Sonntag im Monat autofrei sein.
Bürgermeisterin Hidalgo will mit ihrem Vorstoß den Verkehr in der Stadt generell reduzieren und die Luftqualität verbessern, mit der Paris schon seit langem zu kämpfen hat. Besonders Smog setzt der Metropole zu, weswegen bereits Lkw, Busse und andere Großfahrzeuge nicht mehr mit Diesel fahren dürfen. Wie die Zeitungen „Les Echos“ und „Le Monde“ übereinstimmend berichten, gibt es eine Vereinbarung zwischen Hidalgo und Frankreichs Umweltministerin Ségolène Royal, die die neue Verordnung möglich macht.
Zwar wären nur rund zehn Prozent der Fahrzeuge auf den Pariser Straßen von der neuen Regelung betroffen, doch diese sollen aufgrund veralteter Verbrennungsmotoren bis zu 50 Prozent zur Luftverschmutzung beitragen. Geplant ist sogar, dass ab dem Jahr 2020 keine Autos, die älter als zehn Jahre sind, unterwegs sein dürfen. Für Dieselfahrzeuge soll zu diesem Zeitpunkt in der Metropole das totale Aus gelten. „Von diesem Ziel rücke ich nicht ab", bekräftigt Anne Hidalgo.
Alle übrigen Autos sollen zukünftig in sechs, nach Alter und Emissionslevel abgestufte Klassen mit entsprechenden Plaketten an der Windschutzscheibe gekennzeichnet werden. Die Vignetten sollen anzeigen, in welche Gebiete der Stadt die entsprechenden Autos einfahren dürfen und in welche nicht, wobei die beste Klasse ausschließlich für Elektroautos und wasserstoffbetrieben Fahrzeuge gilt.
Ab Anfang kommenden Jahres sollen Verstöße geahndet werden. Beim ersten Mal kostet eine Überschreitung des Verbots 35 Euro, beim zweiten Mal 68 Euro. Hartnäckigen Sündern droht bei weiteren Vergehen ein Bußgeld bis zu 450 Euro. Schwere Lastwagen kommen weniger glimpflich weg. Sie sind von Anfang an mit 135 Euro dabei.
Der Proteststurm gegen Madame und ihre Anordnungen ließ nicht lange auf sich warten. Hauptkritikpunkt ist die Tatsache, dass insbesondere einkommensschwache Familien betroffen sind, die sich kein neues Auto und erst recht kein Elektrofahrzeug leisten können. Auch historisch wertvollen Oldtimern wie dem Citroen 2CV, der legendären Ente, droht der Garaus.
Erstmals ziehen Umweltministerin Royal und Bürgermeisterin Hidalgo an einem Strick. Die beiden Damen – beide gehören der Parti Socialiste Frankreichs an – streiten schon seit Jahren gerne offen, sei es über Autofahrverbote oder die Zulässigkeit von Kaminfeuern. Hidalgo beklagt gerne, dass die gewählten Pariser Stadtbehörden von der Zentralregierung ungewöhnlich stark bevormundet würden. Dabei scheint sich die Bürgermeisterin aber auch zunehmend als Vertreterin des linken Flügels der Partei profilieren zu wollen, wogegen Royal gerne die sozialistische Pragmatikerin gibt.
Vor einem Jahr opponierte Royal schwer gegen die von den Lastwagenfahrern abgelehnte Ökosteuer und führte ins Feld, dass Ökologie nicht bestrafend sein dürfe.
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