»Fast & Furious 6« (Kinostart 23. Mai) führt zusammen, was lange Zeit nur loses Flickwerk war. Der sechste Teil der Serie blickt zurück und verknüpft viele lose Enden aus vorherigen Filmen. Dabei rückt die Familie wieder stark in den Vordergrund der Handlung. Sowohl die von Dom Toretto als auch die von Bösewicht Owen Shaw. Die Action kommt dabei natürlich nicht zu kurz. »Fast & Furious 6« übertrifft mal wieder seine Vorgänger – und stellt damit eine Fortsetzung vor Probleme
Mehr von allem
Es ist Gesetz der Serie, dass jeder Teil zu »Fast & Furious« spektakulärer und größer ausfallen muss als der Vorgänger. Das hatte bereits Car-Coordinator Dennis McCarthy im
exklusiven auto.de-Interview in Los Angeles angekündigt. Realistischer werden sie damit natürlich nicht. Da zeigt es schon sympathische Züge, dass die Regisseure Justin Lin und Vin Diesel erst gar nicht versuchen, dem Film einen pseudo-realistischen Anstrich zu verpassen. Egal ob Vin Diesel mit 80 km/h in eine Windschutzscheibe knallt – und den Aufprall natürlich unverletzt übersteht – oder ob Paul Walker mit einem
mehr als 40 Jahre alten Ford Escort mal eben einen 30-Meter-Sprung absolviert (beim realen Stunt brachen zwei Autos mittig auseinander), ohne sichtbare Schäden weiterfährt und nebenbei noch das Wrack eines Anvil Mustang über die Brüstung einer Autobahnbrücke schiebt: »Fast & Furious 6« geht mit einer in fünf Vorgängern antrainierten Selbstverständlichkeit locker über solche Absurditäten hinweg – zum Glück. Denn für mehr als ein kurzes Kopfschütteln bleibt keine Zeit. Die Action ist dicht gesät, und in den wenigen ruhigeren Momenten wird die Geschichte um die »Familie« Toretto-O'Conner weiter gewoben, werden neue Handlungsstränge erfunden und mit früheren verknüpft. Alles in allem setzt auch der sechste Teil der »Fast & Furious«-Saga auf teure, schnelle Autos, nackte Haut und sehr viel Action. Mit letzterer stellt er alle bisherigen Teile weit in den Schatten und schafft sich damit ein Problem: Wie soll der nächste Teil dieses Spektakel toppen?
Was bisher geschah
»Fast & Furious 6« beginnt mit einem Rückblick. Der Vorspann besteht aus einzelnen Szenen aller Filme um Brian und Dom. Das frischt bei Kennern die Erinnerung auf. Darauf folgt, was bei Filmen der »Fast & Furious«-Reihe kommen muss: ein Autorennen. Dom (Vin Diesel) und Brian (Paul Walker) liefern sich auf einer kurvigen Küstenstraße ein packendes Rennen. Der Grund: Brian wird Vater. Gerade noch rechtzeitig erreichen beide das Krankenhaus, damit Brian die Geburt seines Sohnes miterleben kann. Dom entlässt seinen Freund mit gewichtigen Worten in den Kreißsaal: »Wenn du durch diese Tür gehst, wird alles anders«. Er soll damit Recht behalten.
Denn nach dem Millionenraub in Brasilien hat sich die Crew niedergelassen, führt ein mehr oder weniger normales Leben. Doch kurz nach dem freudigen Ereignis taucht Special Agent Hobbs (Dwayne Johnson) bei Dom auf. Nicht, weil er den international gesuchten Toretto verhaften will, sondern um ihn um Hilfe zu bitten. Der ehemalige SAS-Major Owen Shaw (Luke Ewans) stiehlt mit seinem Team gezielt militärisches Equipment zum Bau einer Super-Waffe. Ähnlich wie bei Dom und seiner Crew kommen dabei schnelle Autos zum Einsatz. Da Hobbs ihn bereits erfolglos über »vier Kontinente« gejagt hat, bittet er nun Dom um Hilfe. Denn »Wölfe bekämpft man am besten mit Wölfen.«
Rückkehr einer Totgeglaubten
Dom ist natürlich zunächst nicht interessiert, bis Hobbs ihm aktuelle Fotos der totgeglaubten Letty (Michelle Rodriguez) präsentiert. Denn Dom und die Crew glaubten, Letty wäre bei einer Undercover-Ermittlung gegen den Drogen-Boss Braga, zu der Brian sie überredete, getötet worden. Also trommelt Dom seine alte Crew zusammen und reist nach London, um Hobbs zu helfen. Ihr Preis: Letty und volle Begnadigungen für alle Teammitglieder. Beim ersten Versuch, Shaw dingfest zu machen, werden zwei Dinge klar: Shaws Crewmitglieder sind die wohl härtesten Gegner, mit denen es die Gang jemals zu tun hatte – und ein Mitglied seines Teams ist tatsächlich Letty. Sie überlebte den Mordanschlag in »Fast & Furious – Neues Modell. Originalteile«, verlor dabei jedoch ihr Gedächtnis. Das erklärt auch, warum sie ohne zu zögern auf ihren Ex schoss. Doch Dom will sie zurückholen, denn »man wendet sich nicht von seiner Familie ab, auch wenn sie es tut!«
Die Familie
Die Familie und Beziehungen spielen in »Fast & Furious 6« ohnehin eine tragende Rolle. Also organisiert sich die Gang neue Autos – diesmal wird gekauft, nicht geklaut – und verfolgt Shaw bis nach Spanien. Dort liegt das letzte Bauteil für Shaws Bombe. Nach einer spektakulären Verfolgungsjagd mit einem Panzer (mehr dazu im
exklusiven auto.de-Interview mit Car-Coordinator Dennis McCarthy) gelingt es der Crew, Shaw zu fassen. Dom rettet dabei auf spektakuläre Weise Lettys Leben und holt sie endgültig in die Familie zurück. Doch es zeigt sich, dass die Familienbande die Gruppe verwundbar machen.
Shaw ließ seine Gegenspieler gründlich durchleuchten und Mia als Geisel nehmen. Er droht, sie zu töten, wenn er und seine Männer nicht freigelassen werden und ihnen das letzte Bomben-Bauteil ausgehändigt wird. Unter Verzicht auf die von Hobbs versprochene Amnestie lassen sie Shaw ziehen. Doch so einfach geben Dom, Brian, Roman, Tej, Han, Gisele, Letty und Hobbs nicht auf. Unter Einsatz aller Kräfte gelingt es der Gang, Mia aus Shaws Händen zu befreien und diesen dabei unschädlich zu machen.
Jedes Ende ist auch ein Anfang
Nur Gisele – im Team seit »Fast & Furious – Neues Modell. Originalteile« – überlebt die Rettungsaktion nicht. Sie opfert sich, um Han zu retten. Zwischen den beiden bahnte sich eine Romanze an. Nach erfolgreicher Mission wollten sie nach Tokio reisen und der dortigen Street-Racer-Szene einen Besuch abstatten. Nachdem Hobbs nun doch Begnadigungen für alle erwirken konnte, können Dom, Brian, Mia und Co. wieder nach Los Angeles in ihre alte Nachbarschaft zurückkehren. Han fährt indessen allein nach Tokio. Hier schlägt »Fast & Furious 6« die Brücke zum dritten Teil »Tokyo Drift« und läutet gleichzeitig eine spannende siebte Runde ein.
Was noch kommt - Achtung Spoiler!
Denn zeitlich spielt der dritte »Fast & Furious«-Film nach Teil sechs. So ist die abschließende Szene in »Fast & Furious 6« eigentlich nach »Tokyo Drift« einzuordnen. Gezeigt wird ein wildes Straßenrennen durch Tokio. Mit dabei: Han in seinem aus »Tokyo Drift« bekannten
Mazda RX7. Die Teilnehmer des Rennens schlängeln sich wie immer gekonnt durch dichtesten Verkehr. Plötzlich schießt eine
Mercedes S-Klasse (Baureihe 140) auf eine Kreuzung und rammt den
Mazda gezielt von der Straße. Während Han in seinem Wrack eingeklemmt und schwer verletzt ist – er dürfte diesen Crash wohl nicht überleben –, zeigt sich der Fahrer der
S-Klasse. Jason Statham – unter anderem bekannt als »Der Transporter« – spielt Ian Shaw, den Bruder des verblichenen Owen Shaw. Er bedient sich Hans Handy, um Dom eine Nachricht zu senden: »Dominic Toretto? Sie kennen mich nicht, aber das wird sich bald ändern.«
Während bei der Rückkehr von Letty mit der erzählerischen Brechstange versucht wird, ein halbwegs plausibles Motiv für das neuerliche Abenteuer der Toretto-Gang zu zeichnen, ist für Teil 7 nun klar: es wird persönlich. Ein wichtiger Schritt für die »Fast & Furious«-Reihe. Denn bereits Teil sechs ist mit abstürzenden Flugzeugen, Panzern und geheimen Superwaffen näher an James Bond als am originalen »Fast & Furious«-Setup. Mit der Betonung der Familie und der Rückkehr nach Los Angeles – dorthin, wo alles begann – wurde jedenfalls das passende Setting für einen erzählerischen Neustart der Serie geschaffen. Mit weniger spektakulärer, dafür umso intensiverer und persönlicherer Action. Dennoch ist »Fast & Furious 6« einer der sehenswertesten Teile der Serie.