Formel 1 Hoffnungen im Morgenland

Was Hermann Tilke und sein Auftraggeber, Scheich Hamad Ibn Isa Al-Khalifa hier in den Sand gesetzt haben, kann sich mehr als nur sehen lasen: Für 150 Millionen Dollar errichtete der kleine Inselstaat eine Grand Prix-Rennstrecke auf allerhöchstem Niveau. Da die Raumplanung in Bahrain nicht besonders restriktiv gehandhabt wird, konnten sich die Bauherren das beste Fleckchen Wüste aussuchen. Die Wahl fiel auf das im Süden des Kleinstaats gelegene Sakhir. Erst Ende 2002 setzte Formel 1-Supremo Bernie Ecclestone seine Unterschrift unter den begehrten Grand Prix-Vertrag. Nur 18 Monate später begrüßen die Scheichs nun den „schnellsten Zirkus der Welt“ auf einer prächtigen Anlage, als deren Wahrzeichen der sich nach unten verjüngende „Sakhir-Tower“ acht Geschosse hoch aus der Wüstenszenerie herausragt. Zuschauertribünen, Garagenkomplex und VIP-Lounges sowie die Gebäude für die Rennleitung tragen Dachaufsätze, die an die typischen Zelte der Wüstenvölker erinnert.

bah2.jpgDer Bereich von Fahrerlager und Boxen stellt dabei so etwas wie die Oase dar, in die die Piloten nach ihrer Runde durch die sandige Ebene immer wieder zurückkehren. Die Strecke besteht vor allem aus vier Geraden – darunter die sehr lange Start-Ziel-Passage – und drei Hochgeschwindigkeitskurven. Sie verbindet eine Abfolge langsamer und mittelschneller Kurven, die ein hohes Abtriebsniveau erfordern. Dies wiederum sollte das Überholen auf der Geraden erleichtern. Von den mindestens drei guten Überholmöglichkeiten, die BMW WilliamsF1-Pilot Ralf Schumacher bei seiner ersten Visite in Bahrain ausmachte, bietet sich vor allem die Bremszone am Ende der schnellen Zielgeraden an. Die Streckencharakteristik bevorteilt mehr als anderswo Boliden mit einer hohen aerodynamischen Effizienz. Um hier schnell zu sein, müssen die Teams ein Set-up finden, mit dem ihr Auto trotz hohem Abtrieb möglichst wenig Höchstgeschwindigkeit einbüßt, oder aber so viel Top-Speed produziert, dass es den Zeitverlust im Infield wettmacht.
Das Grand Prix-Wochenende aus Sicht von Michelin
Bei der Analyse der Anforderungen der brandneuen Grand Prix-Strecke sahen sich manche Michelin-Ingenieure in die Mitte der 80er Jahre versetzt, als der Dünenkurs von Zandvoort noch auf dem Formel 1-Kalender stand. Die Parallele: Ebenso wie an der holländischen Nordsee wehen auch in der arabischen Wüste die Windböen immer wieder Sand auf die Strecke. Ob dies zu einer Prozession der Boliden über die einzig saubere Linie führt oder ob im Gegenteil die rutschige Oberfläche packende Zweikämpfe ermöglicht, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass der Asphalt voraussichtlich das gesamte Wochenende über „grün“ bleiben wird, das heißt aus Sicht von Michelin auch am Rennsonntag noch wie eine noch nie befahrene Strecke zu behandeln ist.
Das erwarten die Michelin-Partnerteams
bah3.jpgBMW WilliamsF1 will den Rückenwind aus Sepang nutzen, um den ersten Saisonsieg einzufahren: „Zweifelsohne haben die Michelin-Reifen bei den heißen Temperaturen in Malaysia viel besser funktioniert. Wir sind zwar jetzt klarer Zweiter in der Konstrukteurswertung, aber unser Ziel bleibt es, an erster Stelle zu stehen“, gibt Technikdirektor Patrick Head zu Protokoll.

Renault F1 hat nach Ansicht von Rob White, Chef der Motoren-Entwicklung, trotz Rang drei in der Hersteller-WM das eigene Potenzial bislang noch nicht ausgeschöpft. „Unsere Gegner lassen sich nicht zwei Mal bitten, wenn wir falsch liegen. Wir müssen danach streben, an jedem Rennwochenende eine perfekte Leistung abzuliefern“, heißt seine Losung für Bahrain.

BAR-Honda schwimmt nach dem dritten Platz von Jenson Button in Sepang auf einer Euphoriewelle. Zwar bedeutete dies nicht den ersten Podestplatz für die britisch-japanische Paarung, doch sieht Teamchef David Richards jetzt mit Michelin-Unterstützung den Schritt unter die „Big Guns“ der Formel 1 geschafft.

McLaren-Mercedes baut auf die Tatsache, dass sich das Team nach schwachem Auftakt zuletzt deutlich verbesserte. „Unser Test- und Entwicklungsprogramm läuft bis Bahrain voll weiter“, erklärt Teamchef Ron Dennis. „Ich hoffe, dass dort eine weitere Steigerung unserer Performance erkennbar wird.“
Michelin-Partner Jaguar führt den Aufsehen erregenden zweiten Startplatz von Mark Webber in Malaysia vor allem auf die französischen Pneus zurück: „Michelin hat einen großartigen Job gemacht“, bestätigt der Australier. „Zu sagen, die Pneus funktionieren gut, wäre eine Untertreibung. Ich hoffe, dass dies bei ähnlichen Temperaturen auch in Bahrain so sein wird.“

bah7.jpgToyota F1-Pilot Olivier Panis ist sicher, dass das japanisch-deutsche Team in Bahrain einen ähnlichen Schritt nach vorn macht wie zwischen den ersten beiden Saisonrennen. „Wir hatten das Potenzial für WM-Punkte. Ich werde alles tun, um die verpasste Gelegenheit in Bahrain nachzuholen.“
Historie: Formel 1 in der Wüste – nicht zum ersten Mal
Wer immer auch in der bahrainischen Hauptstadt Manama auf das Siegertreppchen steigen wird: Er steht in einer stolzen, wenn auch kurzen Reihe. Die Formel 1 gastierte bereits einmal in der Wüste – ihr Vorkriegs-Pendant war geradezu Dauergast. Und stets waren es die großen Namen, die am Ende in den Siegerlisten ganz oben standen. Zwischen 1925 und 1940 fanden in der libanesischen Hafenstadt Tripoli 14 Große Preise statt – mit Rundenlängen von 71 (!), 26 und zuletzt 13 Kilometern. Nach Größen wie Tazio Nuvolari (1928 auf Bugatti 35 C) und Achille Varzi (1933 auf Bugatti 51 und 1934 auf Alfa Romeo B) siegten in der Folge die Silberpfeil-Heroen der 1934 eingeführten „750-Kilogramm-Formel“: 1935 gewann Rudolf Caracciola auf Mercedes-Benz W25, 1936 Achille Varzi mit dem Auto Union C, 1937 und 1938 Hermann Lang auf Mercedes-Benz W125 bzw. W154. Die letzte Ausgabe 1940 sah mit Nino Farina im Alfa Romeo 158 (der späteren Alfetta) sogar noch einen Sieger, der die „moderne“ Formel 1 mit prägen sollte. Auch bei den sieben Grands Prix von Tunesien in Tunis und den drei Läufen in Algerien siegten diese Titanen.
Die heutige Formel 1 sah den Himmel über der Wüste im Jahr 1958. Auf dem schnellen 7,6-Kilometer-Rundkurs von Ain-Diab bei Casablanca gewann Mike Hawthorne mit einem zweiten Platz den Weltmeistertitel. Sein britischer Landsmann Stirling Moss musste sich trotz Sieg und Extrapunkt für die schnellste Runde um einen Zähler geschlagen geben.

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