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Als die Teams vor 72 Jahren Ende Juni zum Großen Preis von Belgien 1939 anreisten, schien es nur eine unbedeutende Änderung zu sein, dass die knifflige Virage de L’Ancienne Douane im ersten Teilstück der Runde durch eine neue, steile Bergauf-Passage ersetzt worden war, die auf die lange Gerade in Richtung Les Combes führte. Im Vergleich mit dem Rest des fordernden 14 km langen Kurses und so bekannter Kurven wie Burnenville, Masta Kink sowie dem Weg von Stavelot zu La Source erntete der neue Abschnitt damals vermutlich nur wenig Beachtung.
Nach 1970 wurde Spa aus dem Kalender gestrichen und 1983 wieder aufgenommen, nachdem die Streckenlänge halbiert und der Kurs deutlich sicherer gemacht worden war. Jene berühmte Senke, Le Raidillon de l’Eau Rouge, wird nun in einem Formel 1-Auto mit Vollgas durchfahren. Doch sie steht auch heute noch als Symbol für die einzigartige und majestätische Herausforderung eines der letzten verbliebenen Straßenkurse des Sports: Spa-Francorchamps.
Wie lässt sich die Herausforderung von Eau Rouge und Raidillon beschreiben? Auf der Streckenkarte von Spa-Francorchamps wird „Le Raidillon de l’Eau Rouge“ auf drei Kurvennummern beschränkt: 2, 3 und 4. Kurve 2 ist die Linksbiegung, welche den „Eau Rouge“ getauften Bach überquert. Sie wird mit 306 km/h durchfahren, dabei wirken seitliche Kräfte von bis zu 2,4g. Kurve 3 ist die Bergauf-Rechtskurve, die mit 303 km/h und 4g genommen wird. Kurve 5 ist schließlich die Linkskurve über die Kuppe, die mit 296 km/h bei 2g durchfahren wird.
Die Autos sind in dieser Passage auch starken vertikalen Kräften ausgesetzt: von -1,7g in der Kompression am Fuße des Bergs bis zu +1g über die Kuppe. Obwohl dieser Abschnitt mit Vollgas durchfahren wird, werden die Autos im Verlauf um rund 10 km/h langsamer. Die Kurvenabfolge ist 535 m lang (7,6 Prozent einer Runde) und wird in 6,4 Sekunden durchfahren (6,1 Prozent der 2010er Pole-Zeit). Die Passage von La Source bis Les Combes, inklusive der Raidillon, ist mit 23,5 Sekunden der längste Volllastabschnitt der gesamten Saison.
Ist die vertikale Beschleunigung eine besondere Herausforderung? Die nach oben gerichtete, vertikale Beschleunigung von 1g bedeutet, dass das Auto auf der Kuppe gewissermaßen schwerelos ist – einzig der Abtrieb hält es auf dem Boden, nicht das Gewicht des Autos. Bei so hohen Geschwindigkeiten beträgt der erzeugte Abtrieb rund das Zweieinhalbfache des Fahrzeuggewichts. Die starke vertikale Beschleunigung könnte auch die Zuverlässigkeit von Motor und Getriebe beeinträchtigen, sollte dies nicht vorher im Systemdesign und bei der Installation berücksichtigt worden sein. Die Abtastpunkte im Öltank müssen präzise bestimmt worden sein, um sicher zu stellen, dass die Pumpe in diesen Phasen kontinuierlich versorgt wird.
Welche weiteren schnellen Kurven besitzt die Strecke? Weitere schnelle Kurven sind Blanchimont (Kurve 17), die mit Vollgas mit über 300 km/h durchfahren wird und die schnelle Doppel-Links Pouhon (Kurven 10 und 11), die im fünften Gang bei 240 km/h und seitlichen Kräften von 3,75G genommen wird. Pouhon ist mit einer Durchfahrtszeit von 7,8 Sekunden die längste Kurve der Strecke.
Es besteht ein deutlicher Unterschied zwischen den Sektoren eins und drei sowie Sektor zwei. Sektor eins besitzt in Kurve 1 nur einen Bremspunkt – der Rest besteht aus Volllastpassagen: von den 2205 m in diesem Sektor werden 2.050 m (93 Prozent) mit Volllast gefahren. In Sektor drei verhält es sich ähnlich: von den 2080 m werden 1.750 m (84 Prozent) unter Volllast absolviert, der einzige Bremspunkt liegt vor der Schikane am Ende der Runde (Kurven 18 und 19). Im Gegensatz dazu beinhaltet Sektor zwei neun der insgesamt 19 Kurven sowie sechs Bremspunkte – dabei werden nur 60 Prozent in diesem Sektor unter Volllast gefahren. Zum Vergleich: Die letztjährige Pole-Zeit hatte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 238 km/h – die durchschnittliche Geschwindigkeit in den Sektoren eins und drei betrug 259 km/h beziehungsweise 262 km/h; in Sektor zwei waren es 211 km/h.
Die Strecke ist 7004 m lang, davon dürfen die Fahrer DRS im Training und Qualifying auf 4400 m einsetzen – das entspricht 63 Prozent der Rundenlänge. Nur in Monza fällt der potenzielle DRS-Nutzungsanteil mit 74 Prozent höher aus. Normalerweise verlangen die Sektoren eins und drei nach wenig Luftwiderstand und Sektor zwei nach mehr Abtrieb. DRS könnte den deshalb üblichen Setup-Kompromiss abschwächen, da es im Qualifying für beide Seiten Vorteile bringt und die Teams auch im Rennen mit mehr Abtrieb fahren können, was dabei helfen sollte, die Reifen zu schonen.
geschrieben von auto.de/(ampnet/Sm) veröffentlicht am 24.08.2011 aktualisiert am 24.08.2011
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