Französische Staatskarossen – Eine Göttin für den Sozialisten

Schon das Wort Staatskarosse leitet sich aus dem Französischen „carosse“ ab und bezeichnete ursprünglich prächtig geschmückte Kutschen. Kaum weniger prunkvoll geht es heute zu, wenn die französischen Präsidenten in pompösen Landaulets und Limousinen zur Amtseinführung oder zu Paraden chauffiert werden. Vorzugsweise in Spezialanfertigungen auf Basis von Citroen-Limousinen, die seit General de Gaulle fester Bestandteil fast jeden präsidialen Fuhrparks in Frankreich sind.

Anders aussehen darf es dafür im dienstlichen oder automobilen Alltag. Während hier der jüngste Wahlsieger Francoise Hollande weiterhin Zug fahren will, setzten seine Vorgänger auf einen paritätisch bestückten Fuhrpark mit den Flaggschiffen der drei französischen Marken Citroen, Peugeot und Renault. Nur bei besonderen Ereignissen soll es bei Konservativen oder Sozialisten nie an Glanz fehlen. So wählte der [foto id=“418763″ size=“small“ position=“left“]künftige französische Staatspräsident Hollande für die Fahrt zu seiner Amtseinführung eine Sonderausführung des Citroen DS5. Die aktuelle Erbin der göttlichen Déesse-Limousinen gilt mit Diesel-Hybridantrieb als ähnlich symbolstark wie ihre legendäre Vorgängerin.

Ein Blick zurück

Um verstehen zu können, warum die Doppelwinkel-Marke sich stets erneut ein Faszinations-Potenzial erarbeitet, genügt ein Blick zurück. Vor 57 Jahren wurde im prachtvollen Grand Palais des Pariser Automobilsalons ein revolutionäres Fahrzeug präsentiert, das sich wie kein anderes in die Geschichte von Technik, Kunst und Kultur eingeschrieben hat: Der futuristische Citroen DS – auf französisch gesprochen Déesse, also „Göttin“.

Der französische Kulturphilosoph Roland Barthes verglich die Vorstellung und Wirkung des Citroen DS gar mit den großen gotischen Kathedralen und bezeichnete den skulptural geformten Citroen als mystisches Objekt, das vom Himmel gefallen sei. Hinzu kamen die technischen Meilensteine, darunter vor allem das [foto id=“418764″ size=“small“ position=“right“]hydropneumatische Fahrwerk. Dieses rettete im August 1962 womöglich sogar Präsident Charles de Gaulle das Leben. Bei einem Attentatsversuch konnte die große Citroen Limousine dank Hydropneumatik auch mit drei Rädern weiterfahren. Für Citroen unbezahlbare Werbung und für de Gaulle bester Beweis für die Unvergleichbarkeit französischer Ingenieurskunst, die er Staatsgästen sogar anlässlich einer DS-Premiere auf dem Pariser Salon vorstellte. Schnell verdrängte die DS andere präsidiale Fahrzeuge aus dem Fuhrpark wie Citroen Traction Avant, Simca Védette und Renault Frégate. Kuriosum am Rande: Erstes deutsches Repräsentationsfahrzeug für die französische Staatsführung war zuvor ein requiriertes Horch 830 Cabrio, das General de Gaulle als Vorsitzender der provisorischen Regierung ab 1944 [foto id=“418765″ size=“small“ position=“left“]nutzte.

Nun galt das futuristische Citroen-DS-Flaggschiff – de Gaulle fuhr eine beim Karossier Chapron gebaute DS Prestige – als technisches Wahrzeichen der Grande Nation, so wie der längste Transatlantikliner aller Zeiten, die „France“ von 1961, der Überschallverkehrsjet „Concorde“ von 1969 oder der schnelle TGV auf der Schiene. Diesen Sonderstatus des Citroen-Flaggschiffs unterstrichen auch die verwendeten Karosseriematerialien wie neuartiger, glasfaserverstärkter Kunststoff für das Dach und Aluminium für die Hauben. Als die DS 1967 ihre letztgültige Überarbeitung und Form mit Doppelscheinwerfern hinter Glas erhält, sorgen in Kurven mitlenkende Fernscheinwerfer für Weitsicht und Aufsehen. Als Charles de Gaulle im Mai 1968 seinen neuen DS Présidentielle übernehmen wollte, musste er den Termin verschieben. Frankreich [foto id=“418766″ size=“small“ position=“right“]war am Rande eines Bürgerkriegs, so heftig tobten in Paris die Proteste und Unruhen der 68er-Studentenbewegung. Nächster automobiler Showstar für Politik und Prominenz war der Citroen SM.

Gegen die Wirkung des SM, ein extravaganter Gran Turismo mit Maserati-Motor, waren vor 40 Jahren sogar zeitgleich präsentierte Supersportler von Alfa Romeo oder Lamborghini chancenlos. Der Oberklasse-Citroen verband den opulenten Komfort einer Luxuslimousine mit dem sportlichen Schick eines Coupés. Mit einer Vmax von 220 km/h war er schnellster Serienwagen mit Frontantrieb. Karossier Chapron gestaltete den SM zu einem Landaulet, in dem sich über zwei Jahrzehnte Präsidenten und Staatsgäste dem Volk zeigten. Ob Georges Pompidou, Valéry Giscard d’Estaing oder Francois Mitterand, sie alle ließen sich bei offiziellen Anlässen im SM – von den Fans „Sa Majesté“ genannt – über die Avenue des Champs-Élysées chauffieren. Ein Auto, dessen Produktion zeitgleich zur DS 1975 eingestellt worden war, das mit seinem Glanz aber eher profane Limousinen der oberen Mittelklasse wie Peugeot 604 und 605, Renault 30 und 25 oder Citroen CX [foto id=“418767″ size=“small“ position=“left“]und XM weit überstrahlte. Gleichwohl waren die Modelle der drei Marken fortan paritätisch im Hof des Élysée-Palasts vertreten.

Erst unter der Ägide von Jacques Chirac fanden die Franzosen zu einer neuen Vision von Oberklasse. Renault Vel Satis, Citroen C6 und Peugeot 607 waren die Botschafter eines Aufbruchs zurück zu den alten Zeiten der 1930er Jahre, als fast alle wirklich prestigeträchtigen Autos Kinder der Grande Nation waren. Kommerziell konnte die französische Oberklasse des 21. Jahrhunderts nicht an die Vergangenheit anknüpfen, aber sie brachte immerhin neue staatstragende Landaulets hervor. Zuerst den Peugeot 607 Paladine als Maß der Dinge in Mode und Couture für die Präsidenten Chirac und Sarkozy. Jetzt die Rückkehr der Göttin in Form des DS5 Hybrid4, mit einem Dieselhybridantrieb, der wie ein Aufbruchssignal wirken soll bei der Amtseinführung von Francoise Hollande.

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