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Unsere Fahrzeuge sind in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch sicherer geworden – aber vor allem für diejenigen, die sich innerhalb des Autos befinden. Mehr als die Hälfte der 3.991 Unfalltoten im Straßenverkehr des vergangenen Jahres sind Fußgänger, Fahrrad- oder Motorradfahrer gewesen. Und nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl nach Jahren des deutlichen Rückgangs 2011 erstmals wieder kräftig gestiegen: um 9,4 Prozent.
Besonders tragisch – je mehr schöne Tage, desto mehr tödliche Tage: Denn bei günstigen Witterungsbedingungen wird schneller gefahren. Trotz Traktionskontrolle, ESP, ABS oder Allrad kracht es da schneller. Die Statistiker sagen zudem: Je besser das Wetter, desto „mehr ungeschützte Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Zweiradfahrer sind unterwegs“. Und denen nützt die Technik oft herzlos wenig.
Lange Jahre haben die Hersteller sich zu stark auf jene konzentriert, die ihre Ware bezahlt. [foto id=“407154″ size=“small“ position=“right“]Für die Insassen der Fahrzeuge ist darum viel geschehen. Der Anteil hochfester Stähle hat zugenommen, die Modelle sind in Länge und Breite gewachsen und schwerer geworden. Wer schon einmal einen Golf I neben einem Golf VI gesehen hat, der weiß, was das bedeutet: sehr viel mehr Masse trifft auf den Außenstehenden – und besonders dramatisch bei großen Geländewagen, die oft miserable Werte beim Fußgängerschutz aufweisen. Kein Zufall: Denn zwar werden die Kriterien der Fußgängerschutzbewertung, die seit 2009 voll in den Crashtest Euro NCAP integriert ist, in den kommenden sieben Jahren weiter verschärft. Aber bis 2015 sind davon Dickschiffe, schwerer als 2,5 Tonnen ausgenommen.
Doch viele Hersteller haben auch in dieser Klasse inzwischen ihre Verantwortung erkannt – und reagieren auf zwei Arten, um den Überlebensraum ihrer Fahrzeuge auch nach außen auszudehnen: Sie verändern ihre Front, um einen Aufprall abzumildern – und sie rüsten die Modelle technisch auf, damit es erst gar nicht zum Aufprall kommt.
Zunächst zu Strategie eins: Volle fünf Sterne haben in ihrem letzten Euro-NCAP-Crash neue, [foto id=“407155″ size=“small“ position=“right“]aber auch überarbeitete SUV-Modelle wie Audi Q3, der Chevrolet Captiva und Mercedes M-Klasse erhalten. Gute Noten auch beim Fußgängerschutz verdanken die Geländewagen der aktiven Motorhaube. Schon Mitte des vergangenen Jahrzehnts im Citroen C6 eingeführt, funktioniert der Schutzengel für Fußgänger so: Sensoren in der Stoßstange können eine Kollision erkennen. Daraufhin heben sie die Motorhaube des Unfallfahrzeugs um einige Zentimeter an; mittels Feder oder Hydraulik, in jedem Fall aber in Millisekunden. So wird der Kontakt mit Windschutzscheibe, harten Holmen oder hochfesten Chassisteilen und nicht zuletzt das Durchschlagen auf den harten Motorblock verhindert. Gerade gefährliche Kopfverletzungen können so verhindert werden.
Einen Schritt weiter geht jetzt noch Volvo: Deren neues Modell in der unteren Mittelklasse spendiert sogar den Fußgängern einen Airbag. Über Sensoren erkennt das System im V40 das Hindernis vor einem Aufprall, hebt bei einer Kollision die Motorhaube an – und entfaltet blitzschnell einen Luftsack, der die Frontpartie, einen Teil der Windschutzscheibe sowie die A-Säule teilweise abdeckt. Ein zusätzlicher Ausparkassistent warnt im Nahbereich auch vor querenden Radfahrern und Fußgängern.
Wer sich Fußgängerschutz-Technik spart, wird inzwischen bestraft. Bei einem neuen Euro-NCAP-Crashtest des österreichischen ÖAMTC hat der Jeep Compass drei von möglichen fünf Sternen in der Gesamtwertung verloren. ÖAMTC-Cheftechniker Max Lang nennt als Hauptgrund die „Fußgängersicherheit, die bei nur 23 Prozent lag“. Nur drei Sterne hat Lang auch darum kürzlich dem Dacia Duster zuerkannt. Insassen- und Fußgängerschutz müssen aber kein Widerspruch sein, wie auch die Fachleute bei Euro-NCAP selbst sagen: „Eine effektiv entwickelte Motorhaubenstruktur, bei der die Stabilität im Innern erreicht wird, bietet einen guten Fußgängerschutz.“ Folgerichtig erhielt der kompakte Honda Civic trotz der zum Jahresbeginn verschärften Fußgängerschutzregeln fünf Sterne.
Strategie zwei zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer ist für alle Beteiligten die noch bessere: einen Unfall mit Fußgängern erst gar nicht entstehen zu lassen. Dabei helfen Bremsassistenten, die inzwischen auch in den kleineren Klassen Einzug halten. Das weltweit erste Serienfahrzeug mit so einem Notbremsassistenten war 2003 der Toyota Harrier, baugleich mit dem Lexus RX auf dem japanischen Markt. Er besaß bereits ein Pre-crash Safety System. Ein Jahr zuvor hatte Mercedes bereits das Pre-crash-System, allerdings noch ohne Notbremsassistent in der S-Klasse vorgestellt. Im Mittelpunkt stand damals aber vor allem der Schutz der Insassen.
Die Lexus-Limousine LS hat zusätzlich zum Radarsensor auch eine Stereokamera am Rückspiegel und Infrarotprojektoren in den Scheinwerfern, die Fußgänger auch erkennen können, wenn es stockfinster ist. Auch viele andere Premiumhersteller bieten solche Schutzsysteme inzwischen an.
Fußgängererkennung über Videobilder liefern die Nachtsichtsysteme zwar schon heute – aber sie liefern keine Entfernungsinformation. Darum arbeiten etwa Audi und Mercedes an neuartigen Fußgängerschutzsystemen, die schon im kommenden Jahr bei neuen Q7 und der nächsten S-Klasse marktreif sein sollen. Infrarotgeber mit Photomischdetektor (Audi) und Videosensoren plus Stereokamera (Mercedes) sollen dann zusammen mit Super-Sensoren drohende Fußgängerunfälle schon innerhalb von 100 bis 200 Millisekunden erkennen.
Müsste der Fahrer selbst bremsen, dann hätte der Fußgänger im Vergleich auch bei größter Aufmerksamkeit wenig Chancen: Die schnellste menschliche Reaktionszeit liegt bei rund einer halben Sekunde. In dem Fall kann der Passant nur auf einen Fahrer hoffen, der sich beim Kauf auch für die Sterne in der Fußgängersicherheit interessiert hat. Unter de.euroncap.com kann der Kunde sich über die Crashsicherheit vor dem Kauf informieren.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 01.03.2012 aktualisiert am 01.03.2012
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