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Es ist viel von Gerechtigkeit zu hören, zumal im Schlafwagenabteil des Bundestagswahlkampfs. Angefangen hatte es mit Ulla Schmidts Dienstwagen-Affäre, die ja im Vergleich zu längst vergessenen Skandalen lächerlich gewesen sein mag. Wir erinnern uns an den damaligen Umweltminister Jürgen Trittin, der zusammen mit seiner Kollegin Künast nach Südamerika per Linie geflogen war und einen Challenger-Jet leer nachfliegen lassen wollte, um in Südamerika „beweglicher“ zu sein. Und heute wollen uns dieser Herr und seine Partei vorschreiben, dass wir jeden Tag doch gefälligst ein paar Gramm CO2 weniger emittieren sollen, um das Klima zu retten.
Heuchelei ist allenthalben angesagt, wenn Politiker Politik machen. Darf die Kanzlerin ein Geburtstagsessen für Deutsche-Bank-Chef Ackermann und ein paar Freunde organisieren und vom Steuerzahler bezahlen lassen? „Kleines Karo“ nannte diese Diskussion der Bundesfinanzminister Steinbrück – und Recht hat er. Die Frage ist nur, warum er und sein Ministerium die Finanzämter aber anhalten, Bewirtungskosten im Umfeld von Geburtstagen von Unternehmern von vornherein als „privat veranlasst“ und deshalb nicht absetzbar zu deklarieren. Ja, selbst einem kleinen Selbständigen, zum Beispiel einem freien Journalisten, der an seinem Geburtstag einen Informanten zum Essen einlädt und die Bewirtung absetzen will, wird unterstellt, dass dies ein privates Essen gewesen sei.
Ein Finanzbeamter kann sich einfach nicht vorstellen, dass man an seinem Geburtstag oder einem Wochenende arbeitet. Aber bei einem Geburtstagsessen bei Frau Merkel kommt nicht einmal der Finanzminister darauf, dass dies ein privater Anlass gewesen sein könnte. Die Frage, ob Herr Ackermann diesen Abend als „geldwerten Vorteil“ in seiner Steuererklärung angegeben hat, wollen wir gar nicht erst stellen. Das beweist wieder einmal, dass Politiker für selbstverständlich in Anspruch nehmen, was sie ihren Bürgern verweigern. Oft hat man den Eindruck, dass sie einfach keine Ahnung davon haben, welche Auswirkungen ihre Gesetze und Regelungen beim einzelnen Bürger haben. Oder aber sie stehen auf dem Standpunkt, dass sie mehr Rechte haben als ihre Untertanen. Siehe Spesenpauschale für Bundestagsabgeordnete und penible Aufzeichnungs- und Belegpflicht für normale Steuerzahler.
Das Gleiche gilt für die Nutzung des Dienstwagens privat auf einer Urlaubsreise. Wer eine Geschäftsreise mit privaten Dingen verbindet, von dem verlangt der Fiskus, dass er die ganze Reise privat zu bezahlen hat. Überall tun sich gigantische Gerechtigkeitslücken auf, wenn Politiker ihre Privilegien schützen.
Da machte dieser Tage der baden-württembergische Ministerpräsident Öttinger den durchaus vernünftigen Vorschlag, die Steuern für den Kauf von Jahreswagen zu senken. Der Vorteil für Werksangehörige, einen Neuwagen mit Rabatt zu kaufen, war bis Mitte der 90er-Jahre völlig selbstverständlich und steuerfrei. Weil die Gier des Staates keine Gnade und schon gar keine Grenzen kennt, muss der Rabatt in Bezug zum Listenpreis seit ein paar Jahren als geldwerter Vorteil versteuert werden.
Die Politik hält für gerecht, was eigentlich schreiend ungerecht ist. Denn ein normaler Autokäufer kann so viel Rabatt herausschlagen, wie er will: Versteuern muss er den Erfolg seines Verhandlungsgeschicks nicht. Nur der Mitarbeiter einer Autofirma wird zur Kasse gebeten. Kein Wunder also, dass die Autoverkäufe an Mitarbeiter drastisch eingebrochen sind. Diese Ungleichbehandlung hat der Finanzminister bis in diese Tage mit einem Eifer verteidigt, der jeder Logik Hohn spricht. Von Gerechtigkeit ganz zu schweigen.
Dieser bornierten Sichtweise aufs Fußvolk der Steuerzahler hat jetzt vergangenen Mittwoch der Bundesfinanzhof für alle überraschend Einhalt geboten. Wie so oft in den letzten Jahren mussten einmal mehr Richter die Arroganz der Macht in ihre Schranken weisen. Ein Mitarbeiter einer Autofirma hatte ein Neufahrzeug mit einem ausgewiesenen Listenpreis von 17 917 Euro zu einem Preis von 15 032 Euro gekauft. Das Finanzamt errechnete den steuerpflichtigen Arbeitgeberrabatt auf Grundlage der unverbindlichen Listenpreise. Das ist ungerecht, sagte der Bundesfinanzhof dazu. Denn wenn andere Autokäufer den gleichen Rabatt bekommen könnten, ohne Mitarbeiter zu sein, dann dürfe auch dem Mitarbeiter dieser Rabatt steuerlich nicht angelastet werden.
Weil Peer Steinbrück in seinem Elfenbeinturm steuerlicher Unersättlichkeit vom Urteil überrascht wurde, stellte das Finanzministerium eine Überprüfung des Urteils in Aussicht. Wahrscheinlich, so ist zu erwarten, wird der Finanzminister darauf lediglich mit einem sogenannten „Nichtanwendungserlass“ antworten. Das bedeutet, dass das Urteil dann nur auf diesen einen Fall angewandt werden darf. Wer in der gleichen Lage ist, muss dann weiter alles versteuern oder selbst klagen. Ein weiterer Beweis dafür, wie respektlos unsere Politiker gegenüber Urteilen unserer Gerichte sind.
Wirklich skandalös gipfelt dieser Ausdruck von Arroganz der Macht, wenn der CDU-Europa-Abgeordnete Hans-Gert Pöttering und andere Politiker dazu aufrufen, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Europavertrag von Lissabon nicht umzusetzen. Man kann es nicht glauben, was da von hochrangigen Politikern artikuliert wird.
Das Bundesverfassungsgericht und seine Urteile zu verunglimpfen und abzulehnen, beschädigt die Wurzeln unseres Rechtsstaates. Pöttering und viele seiner Kollegen aus CDU, SPD und FDP sagen: Wenn das Urteil unseres obersten Verfassungsorgans gelten solle, dann sei dies ein „politischer und rechtlicher Irrweg“. Damit rufen diese Politiker glasklar zum Bruch der bundesdeutschen Verfassung auf. Ein echter Skandal.
geschrieben von (PS-Automobilreport/Hans-U. Wiersch) veröffentlicht am 01.09.2009 aktualisiert am 01.09.2009
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