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GMC
General Motors (GM) hat auf einem Workshop im Testzentrum Dudenhofen neue Sicherheitssysteme vorgestellt, die entscheidend zur Unfallvermeidung beitragen können.
Der Vorteil der auf Funknetzen basierenden Technik: Sie ist bereits ausgereift und verfügbar und entsprechend günstig. Einer Serienreife in absehbarer Zeit für Fahrzeuge aller Preisklassen ist deshalb durchaus realistisch. Vehicle to Vehicle-Communication (Fahrzeug zu Fahrzeug-Kommunikation) heißt das Zauberwort.
Teure Sensoren, die auf Radar- oder Infrarot-Technik basieren, fallen so weg. BEI V2V „sprechen“ die Fahrzeuge über Wireless-LAN-Funknetze miteinander und tauschen permanent Informationen zum Status aus. Ein GPS-Empfänger bestimmt punktgenau die Position des Fahrzeuges, ein Mikroprozessor in jedem Auto koordiniert den Datenfluss. Federführend berät Professor Horst Wieker von der Hochschule für Wirtschaft und Technik des Saarlandes GM. Er gilt im Bereich der Telekommunikation als Spezialist. Wieker ist vom Erfolg der V2V-Technik überzeugt, weil sie bereits entwickelt und erschwinglich ist.
Fast die Hälfte aller Unfälle entstehen durch Fahrfehler. Vorfahrtsvergehen, zu schnelles Fahren, Abbiegefehler, dichtes Auffahren oder ein Fahrbahnwechsel ohne Beachtung des Toten Winkels führen zu zahllosen Unfällen, die mit Hilfe der neuen Technik vermieden oder zumindest abgemildert werden könnten. GM stellte mit Forschungsfahrzeugen sieben Szenarien in der Praxis nach, die an der Wirksamkeit der V2V-Kommunikation keinen Zweifel lassen. Jetzt ist die Politik gefordert, eine schnelle Umsetzung zur Serienreife zu ermöglichen. Auch eine finanzielle Förderung – wie zum Beispiel bei den Russpartikelfiltern für Dieselfahrzeuge – wäre hier sicher eine sinnvolle Maßnahme. Die Hersteller kooperieren bereits beispielhaft miteinander, auch wenn einige Abweichler ihr eigenes Süppchen kochen. Zahlreiche Initiativen – teilweise auch von der EU, vom Bund oder von den Ländern gefördert – können helfen, die Etablierung der Technik voran zu treiben.
Anhand einer Reihe praktischer Anwendungen machten die Experten von GM die Vorteile der neuen Technologie „erfahrbar“. So entschärft die Warnung vor einem Fahrzeug im toten Winkel die Gefahr, beim Spurwechsel einen anderen Verkehrsteilnehmer zu übersehen. Gleich mehrere Funktionen helfen, Auffahrunfälle zu vermeiden, wie sie tagtäglich durch schlechte Sicht, unübersichtlichen Straßenverlauf oder eine kurze Unachtsamkeit des Fahrers entstehen: Das System warnt vor einem auf der Straße stehenden Fahrzeug, noch bevor es der nachfolgende Fahrer beispielsweise hinter einer Kurve sehen kann, oder meldet ein Auto, das eine Notbremsung macht, an den nachfolgenden Verkehr. Registriert ein Auto, dass der Hintermann aufzufahren droht, warnt es mit blinkenden Rücklichtern und in dem anderen Wagen wird eine entsprechende Meldung ausgegeben. Dem Fahrer im herannahenden Auto bleibt so genügend Zeit für ein Brems- oder Ausweichmanöver. Je nach Situation erfolgen die Warnungen des Systems optisch, akustisch oder haptisch durch Vibrationen im Fahrersitz.
Was nach Bevormundung des Autofahrers klingt, ist eine sinnvolle Hilfe, wenn man selbst am Steuer sitzt. Die Darstellung der möglichen Szenarien ist je nach Ausstattung des Fahrzeuges unterschiedlich. GM hatte als Testwagen einen Cadillac STS, einen Opel Signum, einen Chevrolet Epica und einen Saab 9-3 Kombi ausgewählt. Während die Anzeigen bei Fahrzeugen mit Display eben dort dargestellt werden, wurde beim Chevrolet ein kleines Display in Verbindung mit LEDs oben im Lenkrad realisiert. Auch das funktioniert problemlos. Eine Integration der Informationen in ein Head Up-Display wäre ebenfalls denkbar.
Ein echter Eingriff ins Fahrgeschehen findet nur dann statt, wenn an einer Kreuzung ein Unfall droht. Dann bremst das mit V2V ausgestattete Fahrzeug kurz, aber heftig an, um den Fahrer zu warnen. Das macht Sinn, denn selbst wenn der Fahrer dann immer noch nicht bremst, so sinkt doch die Aufprallgeschwindigkeit im Fall eines Unfalls. Ansonsten sind die optischen oder akustischen Hinweise nicht weiter störend, sie schärfen einfach nur die Aufmerksamkeit.
Grundvoraussetzung für ein Funktionieren von V2V ist eine ausreichende Durchdringung des Verkehrs mit Fahrzeugen, die über die Technik verfügen. Fünf bis zehn Prozent sind notwendig, damit sich der Informationsfluss positiv auswirkt. Zusätzlich ist eine Auswertung und Verarbeitung der Daten durch beispielsweise Verkehrsleitzentralen möglich. Dazu müssten flächendeckend Empfänger am Rand der Straßen angebracht werden. So sorgt V2V-Kommunikation nicht nur für mehr Verkehrssicherheit, sondern auch für weniger Staus auf den Straßen. Profitieren davon würden alle Autofahrer.
Die Datenmenge, die dabei über die Wireless-LAN-Funknetze übertragen wird, ist erheblich. Es fließen mit Hilfe der gängigen Sensoren Informationen über ABS, ESP, ASR, Quer- und Längsbeschleunigung, Lenkwinkelgeschwindigkeit, oder Licht- und Scheibenwischertätigkeit von Fahrzeug zu Fahrzeug. Die Reichweite dabei beträgt zwar nur 300 Meter, aber der Datentransfer zwischen den Autos läuft blitzschnell. So weiß der Fahrer bereits weit bevor er in eine Nebelwand fährt, dass sie da ist. Weil mehrere Lenker weiter vorn den Scheibenwischer aktivieren oder die Nebelscheinwerfer einschalten, ist das Szenario irgendwann klar für den Mikroprozessor. Er reagiert entsprechend und warnt die Fahrer im nachfolgenden Verkehr.
Was nach Science Fiction klingt, erwies sich im GM-Workshop als erstaunlich realitätsnah. Manchmal wirken Innovationen im Fahrzeug etwas fragwürdig oder überflüssig, V2V aber ist eine extrem sinnvolle Neuerung. Jetzt müssen Hersteller, Politik und Behörden an einem Strang ziehen. Weniger Tote und Verletzte sind ein gutes Argument. Günstiger ist derzeit eine Erhöhung der Verkehrssicherheit jedenfalls nicht machbar.
(ar/sb)
geschrieben von veröffentlicht am 26.02.2007 aktualisiert am 26.02.2007
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