Die Reifenwelt ist eine Scheibe, breit, schwarz und rund. Doch wie die Mutter Erde könnte auch der Reifen der Zukunft zu einer Kugel werden, wenn Goodyear Recht behält. Der amerikanische Reifenhersteller zeigt auf dem Genfer Automobilsalon (Publikumstage vom 3. bis 13. März) eine solche Kugel, die nicht nur für Vortrieb, Seitenführung und Bremsleistung steht, sondern zusätzlich mit seinem Auto kommuniziert und den Kontakt zu anderen Autos hält.
Zu der aktuellen Terminologie von Car2car-Kommunikation will Goodyear nun auch noch eine Tire2car- oder sogar Tire2X-Kommunikation einrichten.
Motiviert fühlt sich der Reifenhersteller von der brandheißen Diskussion zum autonomen Fahren. „Dazu braucht es einen ganz anderen Reifen als heute“, meint Jürgen Titz, zuständig bei Goodyear für die Regionen Deutschland, Österreich und Schweiz, und führt uns zu einer Kugel mit einer Oberfläche, die die sonst übliche Bezeichnung „Profil“ nicht verdient. Einem Profil sieht man an, dass Ingenieurswissen dahintersteckt. Doch die Kugeloberfläche mit ihren Rillen und tieferen Stellen wirkt undurchdacht, sogar chaotisch.
Das ist heutzutage oft der Hinweis auf Bionik, auf Fähigkeiten und Formen, die der Natur abgeschaut wurden. In der Tat hat beim Kugel-Reifen die Natur nachgeholfen, berichtet Titz und zeigt auf einen Schwamm. Nun könnte man auf die Idee kommen, ein solcher Reifen mit Schwamm müsse bei Regen schwerer werden, weil tatsächlich zwischen den erhabenen Teilen eine schwammartige Struktur durchscheint, die Wasser ebenso effektiv aufnehmen soll wie die Drainagerillen bei herkömmlichen Reifen. Doch das Wasser verschwindet aus dem „Schwamm“. Sowie die Aufstandsfläche weiterdreht, wird die Fliehkraft tätig.
Das klingt plausibel. Um so ein Profil zur gewünschten Leistungsfähigkeit zu bringen, geben sich die Goodyear-Menschen noch viel Zeit. Sie sprechen über einen Reifen, der 2025 beim autonomen Fahren eine entscheidend wichtige Funktion übernehmen könnte. Dafür reicht es nicht, ein neues Profil zu entwickeln. Auch der kugelförmige Reifen selbst bringt das autonome Fahren nicht weiter.
Vorankommen soll das autonom fahrende Auto mit dem, was innen im Reifen geschieht. Sensoren messen dort alle Parameter, die der Reifen wissen muss, um genau das Richtige zu tun. Er soll mit dem Auto gemeinsam festlegen, wie der Wunsch des Fahrers oder des Roboters, der ihn ersetzt, auf die Straße gebracht werden kann.
Zur Sensorik kommt ein Elektromotor, der ein starkes magnetisches Feld erzeugt. Die Reifen sind mit der Karosserie nicht mehr durch Lenker verbunden. Deren Aufgabe und auch die der Lenkung übernimmt nun der Reifen. Auch auf Federung kann ein solches System verzichten, denn auch dafür fühlt sich das Magnetfeld im Reifen verantwortlich. Und für den Komfort spielen die bisher ausschlaggebenden ungefederten Massen keine Rolle mehr. Natürlich kann ein solch autonom fahrendes Auto zusätzlich zum Fahren in allen Lebenslagen auch noch auf der Stelle wenden oder quer in eine Parklücke rollen.
Ein Traum? Goodyear zeigt in Genf schon einmal einen Reifen, den man als ersten Schritt auf dem Weg betrachten kann: den Konzeptreifen Intelli Grip für frühe Generationen selbstfahrender Fahrzeuge, der mit Sensortechnik die Steuerungssysteme autonomer Fahrzeugen unterstützen soll.
Die Kugel Goodyear Eagle-360 zeigt einmal mehr, was für ein Innovationsschub das autonome Fahren in allen Bereichen der Automobilindustrie ausgelöst hat. Viele ringen mit revolutionären Ideen um ihre Rolle in der Mobilität der Zukunft. Auch Goodyear.
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