Ihre persönliche Autoberatung
0800 - 40 30 182
Immer mehr Autohersteller bieten zum Neuwagen auch gleich noch die Kfz-Versicherung an. Hat dieses Modell Zukunft? Müssen die klassischen Autoversicherer um ihre Kunden fürchten? Dieser und anderen Fragen ging eine Expertenrunde im Rahmen des „Goslar Diskurs“ der Studiengesellschaft für verbrauchergerechtes Versichern im Weltkulturerbe Rammelsberg jetzt erneut nach.
Versicherungswirtschaft und Autobranche schieben sich teilweise gegenseitig den schwarzen Peter für die Entwicklung zu. Einige Versicherungen hätten durch ihr Modell der Werkstattbindung den Stein erst ins Rollen gebracht; es sei genau umgekehrt, kontert die andere Seite. Ebenso verhält es sich mit dem gegenseitigen Vorwurf der Umleitung von Reparaturdiensten durch die Werkstattbindung in den Vertragsklauseln.
Für Michael Kainzbauer von Toyota Financial Services ist die Versicherungspolice ein Baustein zur Kostensicherheit. Der Neuwagenkäufer tendiere immer stärker zu einer Kalkulation der monatlichen Fixkosten seines Fahrzeugs. Dieser Entwicklung komme man mit den Komplettpakten von der Finanzierungs- oder Leasingraten bis zur Kfz-Versicherung und Zusatzgarantien entgegen. „Wir bieten Service aus einer Hand“, brachte es Kainzbauer auf den Punkt. Der Kunde wechsle immer häufiger vom Besitz- zum Nutzdenken, stellte er fest und räumte gleichzeitig ein, dass die von einem Hersteller angebotene Versicherung nicht immer die günstigste sei. Dafür erhalte der Autofahrer aber in der Markenwerkstatt die bestmöglichste Reparaturleistung.
Kainzbauer kann sich auf eine Untersuchung der Gesellschaft für technische Überwachung (GTÜ) stützen. Durch Kostenvoranschläge für die Reparaturen sparten sich die Versicherungen die Ausgaben für einen Gutachter, heißt es. Der Kostenvoranschlag stelle jedoch in vielen Betrieben ein Problem dar, da sie oft kein ausgebildetes Personal hätten, das zum Beispiel verdeckte Schäden erkenne. Bei 100 Kostenvoranschlägen, die vom „Verband der unabhängigen Kfz-Sachverständigen“ (VKS) untersucht wurden, stellten die Werkstätten gut ein Drittel des Reparaturumsatzes gar nicht fest. Außerdem ermitteln sie in aller Regel keine Wertminderung, für die die Versicherung dann auch nicht aufkommen muss. Verbraucherschützer fordern vor allem mehr Transparenz bei den Versicherungen aus dem Autohaus. Nicht nur Thorsten Rudnik vom Vorstand des Bundes der Versicherten beklagt, dass die Verträge durch ihren Paketcharakter oft komplex und einzelne Leistungen nicht auf Anhieb erkennbar seien. Gerade bei Versicherungen seien die Preise nicht allein entscheidend, sondern auch die Konditionen. Und diese seien bei den Herstellern oft schwer auszumachen. Mancher Kunde fühle sich gar „innerlich verpflichtet“, mit dem Neuwagenkauf auch gleich beim gleichen Hersteller die Versicherung abzuschließen. Was er eigentlich unterschrieben hat, merke er dann oftmals erst im Schadenfall.
Auch Dr. Reiner Will, Gesellschafter der Assekurat Assekuranz Rating-Agentur, sieht im Autokauf eine „emotionale Angelegenheit“, bei der man auch über Einiges hinwegsehe. Am Autoverkauf alleine ließe sich heute kaum noch etwas verdienen, insofern seien zusätzliche Ertragsquellen verständlich. Und in diesem Fall passten sie ja wenigstens auch noch zum Produkt.
Der Fachpublizist Uwe Schmidt-Kasparek wirft den Herstellern Kopplungsgeschäfte vor. Wer sich gegen die angebotene Versicherung beim Autokauf entscheide, der müsse im Zweifelsfall mehr Zinsen für seine Raten bezahlen, sagte er. Er fordert auch, die einzelnen Komponenten eines Komplettpakets einzeln aufzulisten, damit der Kunde sich auch tatsächlich orientieren könne.
HUK-Coburg-Vorstandsmitglied Klaus-Jürgen Heitmann gab sich eher gelassen. Man setze auf die freie Wahl des Kunden. Dennoch nehme man die Entwicklung ernst, da sie den Nerv der Zeit treffe, wie er Kainzbauer beipflichtete. Die Werkstattbindung bei seiner Gesellschaft verteidigte er mit dem Hinweis auf ebenfalls eine Serviceleistung sowie nicht zuletzt auch als Maßnahme zur Kosteneindämmung, was allen Versicherten zugutekomme. Dem Vorwurf, man arbeite nicht mit den besten Werkstätten zusammen, wollte Heitmann nicht stehen lassen. Die Hälfte der Betriebe seien autorisierte Vertragswerkstätten. Und mit den jüngst in einem Test durchgefallenen freien Ketten arbeite seine Gesellschaft nicht zusammen, bei denen im Übrigen auch keine Unfallreparaturen, sondern die Inspektionsleistungen geprüft worden seien.
Versicherungen und Verbraucherschützer in der Runde sahen durch das Vorgehen der Autohersteller nicht zuletzt auch eine weitere Festigung der Marktkontrolle mit der Gefahr des Preisdiktats. Die Finanzierung sei bereits weitgehend in ihre Hände übergegangen, nun versuchten sie es auch mit der Versicherung. Früher habe man ein Auto mit einem Schlitz für das Radio gekauft, das man sich dann im freien Handel dazugekauft habe, heute gebe es dies so gut wie nicht mehr, zog Dr. Reiner Will einen überspitzten Vergleich.
Zumindest in einem Punkt waren sich am Ende alle Teilnehmer der Runde einig: Beide Versicherungssysteme werden in Zukunft nebeneinander bestehen. Gleichzeitig werde es eine Marktbereinigung geben. Dies habe bei 89 Kfz-Versicherern mit 302 verschiedenen Tarifen möglicherweise aber auch ihr Gutes, meinte Thorsten Rudnik.
geschrieben von auto.de/(ampnet/jri) veröffentlicht am 29.09.2010 aktualisiert am 29.09.2010
Auf auto.de finden Sie täglich aktuelle Nachrichten rund ums Auto. All das gibt es auch als Newsletter - bequem per E-Mail direkt in Ihr Postfach. Sie können den täglichen Überblick zu den aktuellen Nachrichten kostenlos abonnieren und sind so immer sofort informiert.