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Zu Beginn jeder Formel-1-Saison stehen die Teams traditionell vor der größten logistischen Herausforderung des Jahres: Das gesamte Equipment muss an das andere Ende der Welt transportiert werden.
Während für die europäischen Rennen Material und Rennwagen in zahlreichen LKWs verstaut und auf der Straße an die Rennstrecken gebracht werden, bauen die Logistikexperten der Formel 1 für die Überseerennen eine Luftbrücke auf: pro Team werden 30 bis 40 Tonnen Material nach Australien, Malaysia und Bahrain verfrachtet. Der Laie fragt sich, warum so große Mengen zu transportieren sind, wo doch ein Rennwagen aufgetankt maximal 600 kg wiegt.
Die eigentlichen Rennwagen (von denen jedes Team drei mitnimmt, plus ein nicht montiertes Ersatzchassis) sind in der Tat der leichteste Teil der Fracht. Deutlich schwerer als Heckflügel, Frontspoiler, Felgen, Monocoques oder Motoren ist das Equipment, das an der Rennstrecke benötigt wird, um die Rennwagen einsetzen zu können: Die gesamte Ausrüstung des Boxenleitstandes, unzählige Computer, die Telemetrieausrüstung inklusive hoch ausfahrbaren Antennen, Zeitnahme-Monitore, das teaminterne Funk- und Kommunikationssystem, Werkzeug, Flachbildschirme, Stromgeneratoren, die Tankanlagen für das Auftanken der Wagen im Rennen.
Aber auch die teamspezifische Ausstattung der Boxen, die die rohe Garage an der Rennstrecke in einen chirurgisch cleanen OP-Raum verwandelt und deren Reklametafeln eine beeindruckend inszenierte Umgebung im Corporate-Identity-Stil der Sponsoren schafft, sind absolut notwendiges Equipment für jedes F1-Team. Darüber hinaus sind es auch die weniger notwendigen, aber von den Teams und ihren Sponsoren als ebenso wichtig eingestuften Gegenstände wie in den Teamfarben lackierte Stühle, ja sogar Servietten und Getränkebecher, die bei Ferrari zum Beispiel mit dem Springenden Wappenpferd des Firmengründers Enzo Ferrari gebrandet sind. Selbst das geliebte Mineralwasser aus der Heimat karren die Teams ebenso wie Teamkleidung Pressematerialien und Geschenke für Gäste um die Welt.
Die Rennwagen reisen ohne Benzin. Der Treibstoff wird ebenso wie alle anderen leicht entflammbaren Stoffe Wochen vorher per Seefracht auf die Reise geschickt. So kommt in Seecontainern zu den 25 bis 30 Tonnen Luftfracht pro Team noch mal 5 bis 10 Tonnen Seefracht hinzu.
Die Organisation des Transportabenteuers Übersee wird für alle Teams gemanagt von FOM (Formula One Management), der Firma von Formel1–Boss Bernie Ecclestone. Verantwortlicher für die Logistik ist seit Jahren der Brite Allan Wollard, der sich um die gesamten Charter- und Zoll-Angelegenheiten zu kümmern hat. Insgesamt sechs Jumbo-Jets werden für die Fracht der elf Teams gechartert. Vier davon starten aus London, wo die meisten Teams zu Hause sind. Zwei übernehmen in München das Equipment für BWM, Ferrari und Toro Rosso, den in der Schweiz und Italien ansässigen Teams. Die Teams laden ihr Equipment in sogenannte Igloo-Container mit Abmessungen von 3 mal 3 mal 2Meter, in denen das Material verstaut wird. Pro Team rechnet man mit sechs bis acht Transportcontainer. Die Wagen erhalten eine Holzverschalung als Schutz und werden mit speziellen, schmäleren Transportreifen gut verhüllt auf Paletten gestapelt, die die gleiche Höhe wie die Teamigloos besitzen.
Das Material wird in der Regel Montag und Dienstag vor dem Rennen ausgeladen und von der FOM durch den Zoll gebracht. Zusammengepackt wird nach dem Rennen am Sonntag abend. Montag früh wird das Material abgeholt und an Bord der Transportjumbos verfrachtet. Dienstag oder spätestens Mittwoch früh ist je nach Destination das F1-Material wieder zu Hause.
Und das Personal? Die großen Teams reisen mit bis zu 100 Personen zu den Überseerennen. Hierzu gehören Fahrer, Teammanagement, Ingenieure, die Mechaniker und Techniker des Rennteams, Mitarbeiter aus Marketing und Presse sowie Catering-Personal. Und diese werden auf der Reise gerne als Lastminute-Kuriere eingesetzt. Denn in der Regel verpassen einige in letzter Minute gefertigte Fahrzeugteile den FOM-Charter nicht. Dann sieht man Teammitglieder mit zum Teil skurrilen Handgepäckstücken in die Flieger einchecken. Heckflügel-Profile oder Teile der Radaufhängung lassen sich leicht unter den Arm klemmen und entsprechend als Handgepäck deklarieren…
T. Melzer
geschrieben von veröffentlicht am 20.03.2007 aktualisiert am 20.03.2007
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