Ihre persönliche Autoberatung
0800 - 40 30 182
Die Saison ist eröffnet
„Du fährst ‘ne Yamaha? Welche denn?“ dürfte eine gewöhnliche Frage unter Motorradfahrern lauten. Kommt die Sprache hingegen auf die US-Kultmarke Harley-Davidson passiert es nicht selten, dass die zweite Frage einfach unterbleibt. Es scheint so, als ob damit bereits alles gesagt sei. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Sicher, es gibt „nur“ fünf Motoren, aber die Vielfalt der Modelle sucht ihresgleichen.
Und die unterscheiden sich nicht unerheblich – selbst bei gleichem Motor. Ein Beispiel ist die Softail-Baureihe, deren Spannbreite vom puristischen Old-Fashioned-Chopper über den sportlichen Tourer bis hin zur dick bereiften Roadster reicht.
Zugegeben, es ist nicht ganz einfach, den Überblick zu behalten. Das liegt nicht nur an verwirrenden internen Typenkürzeln wie FLSB, FXFB, FXDRS, FLFBS, FLRTK, FLHTK oder FLHXES. Auch die Modellnamen klingen oft ähnlich. Da gibt es die Street Bob und die Street Rod, die Fat Bob und die Fat Boy oder die Street Glide und die Sport Glide (die meist so gut wie nichts miteinander zu tun haben).
Doch natürlich gibt es auch ein wenig Ordnung im Typendschungel der Motorräder aus Milwaukee. Die unter dem Begriff Softail versammelten elf Modelle (davon zwei in zwei Motorenausführungen) haben zum Beispiel als Gemeinsamkeit die Optik eines Starrahmens mit einem versteckten Zentralfederbein gemein (daher der Name). Ansonsten wird hier so gut wie jeder Geschmack bedient.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Harley-Davidson
Und sie verkörpert genau das, was man sich gemeinhin unter dem Markennamen vorstellt – einen puristischen Chopper. Der relativ zierliche Auftritt täuscht optisch über die immerhin knapp 300 Kilogramm Fahrgewicht hinweg. Der Fahrer oder die Fahrerin nimmt 68 Zentimeter über dem Asphalt auf einem Solositz Platz und reckt die Arme zum gemäßigt hohen Ape-Hanger-Lenker noch oben.
Dabei ist die Haltung des Oberkörpers erstaunlich entspannt und lässt sich die Street Bob mit dem schmalen 19-Zoll-Vorderrad durchaus flott durchs Kurvengeläuf manövrieren. Der kleinere der beiden Milwaukee-Eight nach ihrer Ventilzahl genannten V-Twins liefert aus 1746 Kubikzentimetern Hubraum 87 PS (64 kW), aber vor allem 145 Newtonmeter Drehmoment bei 3000 Umdrehungen in der Minute. Willig hängt der V2 mit dem betörenden Bollern am Gas, das Getriebe wechselt die Gänge mit einem lauten Klacken präzise.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Harley-Davidson
Dennoch: Wer sich für eine Street Bob interessiert, sollte darauf achten, ob er mit der Ergonomie in der unteren Körperhälfte zurechtkommt. Die niedrige Sitzposition kann in Kombination mit den serienmäßig mittig angebrachten Fußrasten etwas „kneifen“. Da hilft nur eine Vorverlegung der Rasten, für die im Rahmen noch zwei weitere Aufnahmepunkte Richtung Vorderrad vorgesehen sind. Die wollen dann aber extra bezahlt werden. Ansonsten bleibt es bei 14.495 Euro für das authentische Harley- und Chopper-Gefühl. Probleme mit der Ergonomie scheinen außerdem die Ausnahme zu sein: Die Street Bob ist in Deutschland der Bestseller im gesamten Modellprogramm.
Am anderen Ende der Softail-Skala steht ebenfalls als klassische Vertreterin der Kultmarke die Heritage Classic 114. Sie erinnert mit ihrer großen Frontscheibe, den Trittbrettern und dem ausladenden vorderen Kotflügel (der Begriff Schutzblech greift hier im wahrsten Sinne des Wortes zu kurz) ein wenig an die aus vielen amerikanischen Filmen bekannten Polizeimotorräder. Oder an Elvis Presley, der sich in den 50er- und 60er-Jahren gerne auf einer Duo-Glide ablichten ließ. Nicht nur bei dieser Harley ist der zweite Tankverschluss zwar stylisch, aber (mittlerweile) nur Attrappe.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Harley-Davidson
Die Heritage mimt mit serienmäßigen Koffern LED-Nebelscheinwerfern und Tempomat den Reisedampfer unter den Softails und schiebt mit dem 1868 Kubikzentimeter großen Milwaukee-Eight-114-Motor mächtig vorwärts. Der V-Twin bringt es auf heute zwar beinahe schon bescheiden klingende 94 PS (69 kW), wirft aber ein maximales Drehmoment von 155 Newtonmetern bei 3000 Umdrehungen in der Minute ebenso in die Waagschale wie bei Kurvenfahrten ihr Gewicht von 330 Kilogramm. Das stemmt sich erfolgreich gegen Aufstellbemühungen beim Geschwindigkeitsabbau in Schräglage.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Harley-Davidson
Ein gegenüber dem Basismodell um zwei Grad reduzierter Lenkkopfwinkel und die kleine Lampenmaske gehören zur „S“(port)-Attitüde in der Typenbezeichnung. Die Low Rider S lässt sich leicht dirigieren und lenkt über das schmale 19-Zoll-Vorderrad spielerisch ein, zeigt aber bei Verzögerungen mit der erfreulich früh ansprechenden Bremse in Schräglage ein spürbares Aufstellmoment.
Auch wenn der flache Lenker auf dem vier Zoll hohen Riser nicht ganz so weit in die Luft ragt wie bei der Street Bob fordert auch diese Harley mit ihrem tief positioniertem Solositz und den mittig angeordneten Fußrasten in Sachen Ergonomie eine gewisse Kompromissbereitschaft. Der Körper muss je nach Größe und Statur im wahrsten Sinne des Wortes spürbar nach vorne gebeugt werden. Weiter nach vorn verlegte Fußrasten sollten auch hier im Zweifelsfall mit ins Kaufkalkül gezogen werden.
Bei Bedarf ist auch ein Sitz für den Sozius erhältlich. Für Tacho und Drehzahlmesser muss der Blick leider von der Straße und weit hinunter auf den Tank gleiten. Hier wäre die Anbringung der Instrumente hinter der Lampenmaske sinnvoller gewesen, die hinten mit einer wenig attraktiven Plastikblende abgeschlossen wird – notfalls auch eine so minimalistische Anzeige wie auf der Lenkerklemme der Street Bob.
Aufstellmomente in Kurven sind der Fat Bob wiederum ebenfalls völlig fremd. Auch sie hat alles, was man von einer Harley erwartet – bis auf den Chopper-Auftritt. Da ist natürlich in erster Linie der betörende Klang des großvolumigen V2, der hier in der Schale einer wuchtigen Roadster steckt. Der Drehzahlmesser mit integriertem Digitaltacho thront einsam mitten auf dem Tank, liegt aber dennoch ausreichend gut im Blickfeld, was man nicht von jeder Harley-Davidson behaupten kann.
Auffälligste Merkmale sind das „fette“ 16-Zoll-Vorderrad (130/90) und der rechteckige Scheinwerfer. Er wird in ähnlicher Form auch die Pan Americana schmücken, steht der Fat Bob aber deutlich besser zu Gesicht als der angekündigten großen Reiseenduro. Der gerade Lenker und der gut gepolsterte, bequeme Sitz sorgen für eine entspannte Haltung. Da der Krümmer des hinteren Zylinders erst einmal nach vorne geführt wird, wird’s im Stand auch am rechten Unterschenkel nicht so schnell warm wie beispielsweise bei der Low Rider.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Harley-Davidson
Die Fat Bob profitiert von ihrer annähernd gleichmäßigen Radlastverteilung. Ihr Gewicht von 306 Kilogramm fällt beim Fahren nicht auf auch nicht wenn sie bereitwillig in Schräglage fällt. Die Fußrastenschleifer haben da durchaus ihre Berechtigung. Dennoch fordert der dicke Vorderradreifen etwas Eingewöhnung. Er verlangt bei Richtungswechseln einen gewissen Input. Das gilt insbesondere für das Herausbeschleunigen aus Kurven, denn sonst kann der Radius rasch etwas weiter ausfallen als beabsichtigt. Verlassen kann sich der Fat-Bob-Fahrer aber auf eine äußerst sanft regelnde Traktionskontrolle, die äußerst selten einen Adrenalinstoß wert ist.
Zwischen 2000 Umdrehungen in der Minute und 3000 U/min. liefert der 114er-Motor (es gibt die Fat Bob auch mit dem etwas kleineren 107er-Antrieb) ausreichend Drehmoment, und beim Beschleunigen müssen es auch nicht mehr als 4000 Touren sein. Auf der Landstraße empfiehlt sich trotzdem der fünfte Gang, um oberhalb von 100 km/h und 2800 U/min. noch eine beruhigende Reserve vorzuhalten. Die Unterschenkel kommen leicht mit dem Luftfilterkasten (rechts) und dem Zündverteiler (links) in Berührung, doch das spürt man nach ein paar Kilometern nicht mehr.
Copyright: Auto-Medienportal.Net
Ein wenig wie die goldene Mitte unseres Quintetts tritt die Sport Glide 107 auf. Anders als bei Street Bob oder Low Rider könnten hier die Fußrasten plötzlich sogar gerne noch eine halbe Stiefellänge weiter hinten liegen, um den leicht sportlichen Anspruch zu unterstreichen. Unterm Strich geht die Beinhaltung aber in Ordnung. Das breite Windschild vor dem Lenker entlastet den Oberkörper bis zu den Schultern, Koffer und Geschwindigkeitsregelanlage sind Serie. Die auch hinten früh ansprechende Bremse unterstützt den etwas dynamischeren Umgang mit der Sport Glide.
Gleichwohl handelt es sich um die einzige Softail mit nur einem Auspuff, dessen Klang uns subjektiv sogar noch einen Hauch knurriger vorkommt. Die Leistung fällt entsprechend etwas geringer aus (84 PS statt 87 PS). Das hat aber auf das Drehmoment und die Endgeschwindigkeit keinen Einfluss, so dass der Fahrspaß in vollem Umfang erhalten bleibt. Das harmonische Gesamtpaket macht die Sport Glide nicht umsonst zur zweitbeliebtesten Harley-Davidson überhaupt.
Ab Mai soll die erfolgreichste Baureihe der über 115 Jahre alten Marke aus Milwaukee nochmals Zuwachs bekommen. Angekündigt ist eine Softail Standard im Stil der Street Bob, aber – nomen est omen – für spürbare 1100 Euro weniger.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Harley-Davidson
Motor | 45-Grad-V2, 1745 ccm, luft-/flüssigkeitsgekühlt |
Leistung | 64 kW / 87 PS bei 5020 U/min (62 kW / 84 PS bei 5450 U/min) |
Max. Drehmoment | 145 Nm bei 3000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 190 km/h |
Beschleunigung 0-100 km/h | k.A. |
Getriebe | sechs Gänge |
Antrieb | Zahnriemen |
Tankinhalt | 13,2 / 18,9 Liter |
Sitzhöhe | 680 mm |
Gewicht | 297 / 317 kg (fahrbereit) |
Normverbrauch | 5,5 / 5,3 l/100 km |
CO2-Emissionen | 128 / 125 g/km |
Bereifung | 100/90 B19 (v.) / 150/80 B16 (h.) 130/70 B18 (v.) / 180/70 /B16 (h.) |
Preis | 14.495 / 17.995 Euro (zzgl. NK) |
Motor | 45-Grad-V2, 1868 ccm, luft-/flüssigkeitsgekühlt |
Leistung | 69 kW / 94 PS bei 5020 U/min (62 kW / 84 PS bei 1745 ccm) |
Max. Drehmoment | 155 Nm bei 3000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 190 / 190 / 175 km/h |
Beschleunigung 0-100 km/h | k.A. |
Getriebe | sechs Gänge |
Antrieb | Zahnriemen |
Tankinhalt | 18,9 / 13,2 / 18,9 Liter |
Sitzhöhe | 690 / 710 / 680 mm |
Gewicht | 308 / 306 / 330 kg (fahrbereit) |
Normverbrauch | 5,6 / 5,4 / 5,6 l/100 km |
CO2-Emissionen | 129 / 126 / 129 g/km |
Bereifung | 100/90 B19 (v.), 180/70 B16 (h.) 150/80 B16 (v.), 180/70 /B16 (h.) 130/90 B16 (v.), 150/80 B16 (h.) |
Preis | 19.795 / 19.795 / 23.995 Euro (zzgl. NK) |
geschrieben von AMP.net/jri veröffentlicht am 09.03.2020 aktualisiert am 09.03.2020
Auf auto.de finden Sie täglich aktuelle Nachrichten rund ums Auto. All das gibt es auch als Newsletter - bequem per E-Mail direkt in Ihr Postfach. Sie können den täglichen Überblick zu den aktuellen Nachrichten kostenlos abonnieren und sind so immer sofort informiert.