Ein kräftiger Motor und ein agiles Fahrwerk kennzeichnen die Sportster-Baureihe von Harley-Davidson. Jüngster Ableger: Die brandneue Roadster XL 1200CX, eine betont fahraktive Variante der flinken "Sporty" mit 1,2-Liter-V2-Motor. Mit ihr lässt Harley-Davidson die eigene Rennhistorie aufleben und möchte gleichzeitig in der Gegenwart wegweisend sein.
Frank Klumpp, Marketing-Direktor Deutschland, zur neuen Roadster: "Das ist kein Scrambler und kein Café Racer, sondern ein Roadster. Damit machen wir nichts nach, sondern setzen einen neuen Trend." Ein zierlicher "peanut"-Tank über dem wuchtigen V2-Motor und zahlreiche Details wie gewichtssparend geschlitzte Hitzeschilder tragen zum athletischen Auftritt des Bikes bei. Am auffälligsten jedoch an Harleys neuer Roadster aber ist ihre im Vergleich zu den übrigen Sportster-Varianten leicht nach vorn geneigte Silhouette, deren Wirkung bei unseren ersten Testfahrten zwischen Marseille und Saint Tropez deutlich zu spüren war.
Die neue Harley-Davidson Roadster ist ein ideales Motorrad für das südfranzösische High Society-Mekka Saint Tropez. Denn wer in der Glitzerwelt am Hafen des Cote d'Azur-Städtchens auffallen will, muss sich schon etwas einfallen lassen. Und genau das hat Harley-Davidson getan: Im Rahmen seiner "Dark Custom"-Submarke setzt Harleys neue Sportster-Variante mit dem Kürzel XL 1200CX und dem klangvollen Namen "Roadster" deutliche Akzente in Sachen Optik und Technik und soll so die Herzen vor allem junger Käufer im Sturm erobern. In den kundigen Augen von Styling-Direktor Brad Richards ist die Roadster schlicht und ergreifend ein "rider's bike" der puren Art: "Das ist eine Fahrmaschine, die Du wirklich aggressiv bewegen kannst." Besonders gefalle Richards an der Roadster, dass sie so direkt an das Nachkriegs-Rennmotorrad 56 XLC KHR erinnere - die gestrippte Version und sportliche Krönung der K-Baureihe, auf der sich 1956 Elvis Presley ablichten ließ. Mit ihrer nach vorne geneigten Silhouette fällt die Roadster innerhalb der mittlerweile 59 Jahre alten Sportster-Baureihe optisch aus der Norm: Sonst hängt der Pilot eher am Lenker seiner Sporty, auf der Roadster hingegen lauert er fahraktiv leicht nach vorn gebeugt aufs nächste Eck. Hintergrund: Das Heck mit hochwertigen Emulsion-Federbeinen samt progressiv gewickelter Federn und stufenlos einstellbarer Federvorspannung ist höhergelegt, die Front mit neuer Cartridge Upside-Down-Gabel liegt tiefer als sonst bei Sportster-Modellen üblich.
Noch bevor der 1,2-Liter-V2 seinen polternden Rhythmus von sich gibt, drängt's den Roadster-Fahrer bei einer ersten Sitzprobe deshalb subjektiv nach vorne. Dieses Gefühl reißt auch beim Fahren nicht ab. Ganz im Gegenteil, denn das Roadster-Fahrwerk macht ebenso Laune wie der 45-Grad-V-Twin mit seinen zwar überschaubaren 49 kW/67 PS Leistung, aber spürbar druckvollen 97 Nm Drehmoment. Eine leistungsreduzierte Variante für die Führerscheinklasse A2 weist 42 PS und 90 Nm auf, die sogar schon bei 2.250/min anliegen - der schaltfaule Motorradnachwuchs darf sich drauf freuen.
Allerdings wird gerade die angepeilt jüngere Zielgruppe am Preis der Harley-Davidson Roadster zu schlucken haben, denn 12.705 Euro sind auch inklusive Überführung beileibe kein Schnäppchen. Immerhin glänzt Harleys jüngste Sportster-Variante dafür unter anderem mit außergewöhnlichen Doppelspeichen-Alufelgen, die exklusiv für die Roadster entworfen wurden und dank ihres geringen Gewichts zur Agilität der Maschine beitragen. Gleiches gilt für die neue Cartridge-Upsidedown-Gabel mit 43 Millimeter Tauchrohrdurchmesser und wuchtigen Gabelbrücken, die beim scharfen Anbremsen spürbar Stabilität bringen. Dabei greifen effektive Bremsen zu, die bei Bedarf von serienmäßigem ABS im Zaum gehalten werden. Am Heck kommen erstmals bei einer Harley-Davidson Sportster hochwertige Emulsion-Federbeine mit stufenlos einstellbarer Federvorspannung zum Einsatz. Die sich daraus ergebenden leicht erhöhten Federwege sind einer der Gründe für die erhöhte Schräglagenfreiheit der relativ kurvenhungrigen, neuen Sporty.
Die mittig montierten Fußrasten sind größer gewachsenen Roadster-Piloten beim Ampelstopp erst mal im Weg. Nach überschaubarer Eingewöhnung jedoch verlegt man sich freiwillig darauf, die Füße vor den Rasten abzustellen. Diese kündigen stets mit lautem Kratzen das Ende der relativ großzügigen Schräglagenfreiheit an. Bis dahin ist die Roadster unproblematisch zu handhaben. Weil die Fußrasten klappbar und somit flexibel sind, geschieht selbst dies sanft und frei von Schrecken. Somit taugt die Roadster im Rahmen ihrer Leistung und Schubkraft für einigermaßen beherztes Kurvenfahren. Und dank der völlig neuen Doppelsitzbank sogar für komfortable Mittelstrecken-Fahrten. Noch mehr allerdings taugt sie als eines von mittlerweile sieben Modellen der Harley-Submarke "Dark Custom" zum Individualisieren, das Harley-Davidson seiner Kundschaft traditionell besonders leicht macht: Der entsprechende, 800-seitige Katalog hält jede Menge Zubehör bereit. Daran besteht zweifellos Bedarf, denn laut Frank Klumpp werden 92 Prozent jeder Neu-Harley innerhalb der ersten sechs Monate individualisiert. Und dass es überhaupt Bedarf an der neuen Roadster XL 1200CX gibt, steht nach der ersten Cote d'Azur-Testfahrt trotz des stolzen Preises ebenso außer Frage.
Zurück zur Übersicht