Heikki Kovalainen: Das Blatt hat sich gewendet

(adrivo.com) Im Interview mit Renault gibt der Finne nicht nur Auskunft über sein sensationellen zweiten Platz im Regen von Fuji

Beim Großen Preis von Japan gelang Heikki Kovalainen zum ersten Mal in seiner Formel 1-Karriere der Sprung aufs Podium – genau 731 Tage (zwei Jahre und einen Tag) nach seiner letzten Podestplatzierung, die er beim vorletzten Lauf der 2005er GP2-Meisterschaft in Bahrain errungen hat.

Mit seinem zweiten Rang ist Heikki erst der zweite Fahrer, der nicht für McLaren oder Ferrari fährt und dem es in dieser Saison trotzdem gelungen ist, die zweite Stufe des Siegertreppchens zu erklimmen. Genau genommen schafften es 2007 neben dem Finnen überhaupt erst drei andere Piloten, die nicht einem dieser beiden Teams angehören, den Sprung aufs Podium: Nick Heidfeld, Alexander Wurz und Mark Webber.

Wie steil die Leistungskurve des 26-Jährigen zur Zeit steigt, verdeutlicht ein anderer Trend noch klarer: Der Grand Prix in Fuji war bereits das siebte Rennen in Folge, in dem Kovalainen in die Punkte fahren konnte – eine Serie, die seit dem Rennen in Silverstone im Juli dieses Jahres anhält. Gleichzeitig war es der elfte Punktgewinn in seiner Formel 1-Debütsaison.

Heikki, beschreib doch einmal Deine Gefühle nach Deinem ersten F1-Podium…
Heikki Kovalainen: Ich freue mich sehr für das Team. Sie verdienen dieses Ergebnis: In den vergangenen zwei Jahren waren sie es gewöhnt, Meisterschaften zu gewinnen. Mit anderen Worten: Die aktuelle Saison war bislang sehr schwer für uns, obwohl alle unglaublich hart gearbeitet haben. Ich bin richtig glücklich für die Jungs. Was mich angeht, hatte ich in dieser Saison auf regelmäßige Podiumsplatzierungen gehofft. Ich denke, dass ich dieses Ergebnis jetzt in einer sehr guten Art und Weise erreicht habe: unter schwierigen Bedingungen und in einem anspruchsvollen Rennen. Ich habe bis zum Schluss gepusht und dann noch den Ferrari von Kimi Raikkönen in einem fairen Kampf geschlagen. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Rennen.

Wie wirst Du feiern?
Heikki Kovalainen: Mit einem Debriefing und einiger Zeit im Fitness-Studio vor Shanghai! Wir fahren am Sonntag schon wieder ein Rennen, also müssen wir aus dem vergangenen Wochenende so viele Rückschlüsse ziehen wie möglich. Auch wenn das etwas langweilig klingt. Aber ich will mich ordentlich vorbereiten, um mir für den bevorstehenden Grand Prix von China die beste Ausgangsposition zu schaffen – und um sicherzugehen, dass wir unter gleichen Bedingungen die selben Vorteile daraus ziehen können.

Die Bedingungen am Sonntag waren entsetzlich. Wie siehst Du das?
Heikki Kovalainen: Es war tatsächlich eines der nassesten Rennen, dass ich je bestritten habe. Ich denke, es war richtig, hinter dem Safety-Car zu starten – wie ich ohnehin der Meinung bin, dass der Grand Prix-Start in Ordnung ging. Es stand zwar sehr viel Wasser auf der Strecke, aber die Bedingungen ließen ein Rennen zu.

Erzähl uns von den letzten Runden gegen Kimi…
Heikki Kovalainen: Ich wusste einfach, dass ich alles geben muss, um ihn hinter mir zu halten. Dennoch kam er immer näher. Auf der Boxentafel konnte ich erkennen, dass der Abstand stetig kleiner wurde. Aber dann blieb er konstant cirka 0,7 bis 0,8 Sekunden hinter mir, woraus ich schlussfolgerte, dass er nicht einfach an mir vorbeifahren kann. Ich hatte mit einer Menge Aquaplaning zu kämpfen, versuchte aber, die trockenste Linie zu finden und keine Fehler zu begehen.

Konntest Du Kimi im Rückspiegel sehen?
Heikki Kovalainen: Nein, die Spiegel waren schon nach der Hälfte der Renndistanz völlig beschlagen.

War das nicht schwierig, Deine Position zu verteidigen, ohne zu wissen, wo sich der Angreifer aufhielt?
Heikki Kovalainen: Ich konnte mich gar nicht aktiv verteidigen. Ich musste einfach mein Rennen fahren und bis zum Schluss pushen. Zurückblickend war das vielleicht sogar besser so, denn ich habe ihn auf diese Weise gezwungen, Risiken einzugehen. Sein Angriff in der letzten Runde kam für mich dennoch völlig überraschend. Aber da ich bereits sehr spät vor Kurve 6 gebremst hatte, war mir klar, dass es für ihn niemals reichen würde. Er verfehlte auch prompt den Scheitelpunkt, so konnte ich ihn am Kurvenausgang wieder kassieren. Und dann hab ich bis Kurve 10 einfach Vollgas gegeben. Danach war ich für den Rest der Runde aus dem Schneider.

Was hat Kimi Dir auf dem Weg zum Podium gesagt?
Heikki Kovalainen: Er sagte nur ‚Gut gemacht!‘ und gratulierte mir zu einem guten Rennen. Dann haben wir über seinen Grand Prix gesprochen. Er war enttäuscht, nicht mehr Punkte eingefahren zu haben.

Erstmals standen zwei Finnen auf dem Podium. War das ein besonderer Moment?
Heikki Kovalainen: Es war schön, ja – auch wenn mir dieser Umstand erst im Nachhinein auffiel. Aber es war schon ein stolzer Moment, da oben zu sein. Besonders mit Kimi, weil er einer der Top-Fahrer ist. Ich empfinde ein Menge Respekt für ihn, doch am Sonntag habe ich ihn geschlagen.

Es wird gemunkelt, das sei nicht der einzige Erfolg der Familie Kovalainen an diesem Wochenende gewesen…
Heikki Kovalainen: Das ist tatsächlich eine ziemlich lustige Geschichte: Mein Vater Seppo rief mich nach dem Rennen an und erzählte, dass er das Rennen zusammen mit Kimis Vater in dessen Motorhome geschaut hätte. Beide sind an diesem Wochenende in Jurva ein ‚Finnish Legends‘-Rennen gegeneinander gefahren, und anscheinend hat mein Vater auch Kimis Vater geschlagen – allerdings sind die beiden irgendwo auf Position 14 und 17 gelandet! Aber dennoch eine ziemlich coole Geschichte.

Die Podiums-Platzierung war auch so etwas wie ein verspätetes Geburtstagsgeschenk für Deinen Renningenieur Adam Carter…
Heikki Kovalainen: Ja, es kam nur einen Tag zu spät. Er ist am Samstag 29 geworden, nach all der harten Arbeit in diesem und im vergangenen Jahr, als wir zusammen getestet haben, war es auch für ihn ein großartiges Wochenende. Zwar ist Adam derjenige, den man immer im Fernsehen über den Funk mit mir sprechen hört, aber alle meine Ingenieure haben dieses Jahr zusammen mit den Jungs, die am Fahrzeug arbeiten, und allen in der Fabrik tolle Arbeit geleistet. Niemand hat aufgegeben, und so ist dieses Resultat eine kleine Belohnung für alle.

War das auch für Dich eine kleine Wiedergutmachung?
Heikki Kovalainen: Was mich in dieser Saison am glücklichsten macht: Nach einem schwierigen Auftakt habe ich das Blatt noch gewendet. Zu Beginn unterliefen mir mehrere Fehler, und Einige machten sich bereits Sorgen um mich. Aber ich behielt die Ruhe, arbeitete konzentriert mit dem Team weiter, nahm mir ihre Ratschläge zu Herzen und glaubte fest daran, dass alles gut ausgehen wird. Ich denke, aktuell befinde ich mich fahrerisch wieder im grünen Bereich, die Ergebnisse stimmen, und das ist schon eine große Befriedigung. Ich hoffe, das zeigt einige meiner Stärken. Wenn ich eine realistische Möglichkeit bekomme, auf das Podium zufahren, dann bin ich geistig und physisch stark genug dafür.

Was erwartest Du vom kommenden Wochenende in China?
Heikki Kovalainen: Ich bleibe da ganz realistisch, schließlich ist das heutige Ergebnis auch ein bisschen den Umständen geschuldet. Dennoch glaube ich, dass sich bei trockenen Bedingungen – wie wir sie in Monza oder Spa hatten – das volle Potenzial des Wagens noch nicht gezeigt hat. Wir waren auch am Freitag in Fuji schon gut. Shanghai ist ein ähnlicher Kurs, der ebenfalls nach mittleren Flügeleinstellungen verlangt. Wir können im Trockenen zwar nicht um die Podiumsplätze kämpfen, aber wir brauchen auch keinen Regen, um gute Ergebnisse zu erreichen. Wir können in den letzten zwei Rennen vor dem Mittelfeld und gegen BMW fahren. Und wenn alles gut geht, werden wir unser Potential in den kommenden drei Wochen in gute Ergebnisse umwandeln und dieses Jahr auf einem Hoch beenden.

© adrivo Sportpresse GmbH

UNSERE TOP-ANGEBOTE FÜR SIE

MEHR ERFAHREN AUS DEM BEREICH NEWS

Die Transformation: Mit Kia in Walla Walla

Die Transformation: Mit Kia in Walla Walla

Tesla liefert mehr Reichweite

Tesla liefert mehr Reichweite

Elektrischer Familienfreund zum Sparkurs

Elektrischer Familienfreund zum Sparkurs

zoom_photo