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Dacia
Manchmal geschehen Wunder. Niemand hätte geglaubt, dass in jenem rumänischen Automobilwerk, dessen Produktionsanlagen Ende der Achtzigerjahre Sinnbild gescheiterter Planwirtschaft geworden waren, schon bald wieder Pkws vom Band rollen würden – und zudem außerordentlich begehrte. Gerade werden bei Dacia in Pitesti Sonderschichten gefahren, um den Nachfrage-Boom in Deutschland zu befriedigen, den die Abwrackprämie auslöste. Täglich verlassen jetzt 1200 Dacia das Werk.
Vor fast fünf Jahren, im Juli 2004, endete mit der Fertigung des Dacia 1300 bei „Uzina de Autotourisme“ im rumänischen Pitesti auch ein Kapitel, das den Rumänen gewissermaßen ihren „Volkswagen“ beschert hatte. Mehr als drei Jahrzehnte lang lief der Lizenzbau des Renault 12 vom Band, fast zwei Millionen Mal. Bezahlen konnten das Auto allerdings nur Besserverdienende.
Dennoch, der Dacia 1300 machte die Rumänen stolz, galt er im Ostblock doch als eines der wenigen „richtigen Autos“. Mehrfach wurde daran gegangen, dem französischen Original mit Detailveränderungen – etwa einem modifizierten Armaturenbrett – ein rumänisches „Flair“ zu verpassen. Die Ergebnisse waren weniger überzeugend.
So recht zu begeistern vermochte den französischen Lizenzgeber vermutlich auch nicht, auf welch ergreifend schlichte Art und Weise in Pitesti Autos zusammengebaut wurden. Als die Rumänen 1978, zehn Jahre nach der Lizenzvereinbarung, die Regie über den Weiterbau eigenständig übernahmen, ging es auch mit der Qualität des Dacia 1300 sichtlich bergab. Sozialistische Mangelwirtschaft forderte im Verein mit unzulänglicher Arbeitsorganisation ihren Tribut. Völlig lahmlegen konnte die Produktion des Dacia-Werkes durchaus auch schon mal gelegentlicher Stromausfall.
Dass Renault nach der politischen Wende in Rumänien an frühere Kontakte anknüpfte und schließlich, 1999, das Automobilwerk in Pitesti erwarb, erweist sich zunehmend als Glücksfall. Nicht nur für Renault, auch für Rumänien. Tochter Dacia geht es gut wie nie zuvor. Zu verdanken ist das der glücklichen Weichenstellung durch Mutter Renault. Pfiffigerweise setzt die Marke Dacia mit ihren Modellen Logan, Sandero, MCV & Co. auf eine Art Volksauto; weltweit erhältlich für beispiellos wenig Geld.
Die rasche Folge, in der die Dacia-Modellpalette mit einem Logan Pick-up und einen Van-Typ erweitert wurde, lässt schlussfolgern, dass Renaults Rechnung aufgeht, auf ein unvergleichlich preiswertes Auto zu setzen, das im Grunde alles hat, was individuelle Mobilität beschert, ohne aber unkomfortabel zu sein oder primitiv ausgestattet.
Der beeindruckende Erfolg der neuen Dacia-Reihe hat andere Aktivitäten der Marke in Rumänien, die – auf der Karosserie des Dacia 1300 aufbauend – noch in alte Zeiten zurückreichten, nach und nach in den Hintergrund gedrängt. Dazu zählten vor allem die bis 2006 gebauten Pick-ups.
Nach der Ende vergangenen Jahres gedrosselten Dacia-Fertigung als Konsequenz spürbar nachlassenden Absatzes (auch in Rumänien selbst) hat das Unternehmen inzwischen wieder allen Grund, die Produktion hochzufahren, nachdem die in Deutschland gezahlte staatliche Abwrackprämie die Begehrlichkeit preiswerter Dacia-Modelle noch einmal steigerte.
Längst haben Wettbewerber erkannt, dass es nicht sie sind, die im untersten Preissegment den Vogel abschießen, sondern Renault-Dacia. Dieser Erkenntnis folgen nun Taten. Doch sie brauchen Zeit, und Dacias Vorsprung ist mittlerweile groß. Weltweit. Denn gebaut wird das „Auto fürs Volk“ längst nicht mehr nur in Pitesti. Erwarten konnte die steile Karriere der Marke Dacia vor zwanzig Jahren wirklich niemand.
(Entnommen aus der aktuellen Ausgabe des Branchen-Informationsdienstes „PS-Automobilreport)
geschrieben von (ar/PS/Wolfram Riedel) veröffentlicht am 06.05.2009 aktualisiert am 06.05.2009
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