Rüffel vom Chef; die neuen Mittelklasse
Im Büro des neuen Generaldirektors bei BMW stand Projektleiter Alexander Baron von Falkenhausen mit gesenktem Kopf. Er musste eine Rüge für sein Handeln einstecken. Im Januar 1968 hatte von Falkenhausen als Projektleiter einer neuen Limousine mit dem Versuchswagen die Teilnehmer der Rallye Monte Carlo begleitet, wobei sein ungewöhnlicher Wagen die Aufmerksamkeit der Pressevertreter erregte, die natürlich über die Zukunftspläne von BMW ausführlich berichteten.
Im Frühjahr 1957 war Dr. Heinrich Richter-Brohm mit dem Titel eines Generaldirektors bei BMW angetreten. Er kam nach München dem Plan, einen BMW-Mittelklassewagen mit 1,3-Liter-Motor und 65 PS zu bauen. Als Chefkonstrukteur wurde dazu Alexander Baron von Falkenhausen eingesetzt. Der Diplom-Ingenieur baute eine zweitürige, viersitzige Stufenheck-Limousine in Pontonform und selbsttragender Karosserie, mit seitlicher Chromleiste, gewölbter einteiliger Frontscheibe – ein Viersitzer mit imposanter Beschleunigung, einer Spitze von 150 km/h, dessen Preis bei 8500 D-Mark liegen sollte.
In der Grundform war der Mittelklasse-BMW ein Ableger des Typs 503. Von Falkenhausen entwickelte dazu einen Vierzylinder-Motor mit 1,3 Liter-Hubraum mit obenliegender Nockenwelle, Leichtmetall-Zylinderkopf und hängenden Ventilen, der 65 PS leistete (und der später bis auf 1,6 Liter und 80 PS vergrößert werden konnte). Die Hinterräder hingen an einer Starrachse, die Vorderräder an doppelten Querlenkern. Die beiden ersten Prototypen wurden getarnt mit Alfa Romeo-Nieren in den Straßenversuch geschickt. Doch 1958 ging es nicht weiter mit der Entwicklung. Es fehlte an Geld. Mit dem Ausscheiden von Richter-Brohm zum 9. Dezember 1959 war auch das Projekt beendet.
Ohne großen Aufwand versuchte der Planungsdirektor Helmut Werner Bönsch ein Jahr später, mit wenig Geld, aber guten Ideen, einen Mittelklassewagen zu schaffen. Als Nachfolger für den Kleinwagen 700 war dabei eine am Heck verlängerte LS-Limousine vorgesehen, die zuerst einen wassergekühlten 800 bis 900 ccm-Motor bekommen sollte. In einer zweiten Stufe hätte der Wagen eine neue Vorderachse bekommen, und der Heckmotor wäre in den Bug gewandert. In der dritten Entwicklungsstufe war vorgesehen, aus demselben Teileprogramm einen fertigungstechnisch einfachen Sechszylinder 1,2 Liter-Motor zu bauen - so, wie 1933 mit dem 303 schon einmal geschehen.