Könige der Landstraße #5

Honda Civic Type R – Der kleine Godzilla

Honda Civic Type R VTEC Turbo GT. Bilder

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Mit der aktuellen Evolutionsstufe des Honda ist mehr als ein Klassensprung vollzogen: 320 PS werden seit 2018 durch einen aufgeladenen 2,0-Liter-VTEC-Motor erzeugt. Zeitgleich ist der Civic Type R GT zum gigantischen Fünftürer mit 1380 Kilogramm Lebendgewicht und neuen Superkräften geworden.

Der kleine Godzilla im Fahrbericht

Als Honda 1997 erstmals einen Civic mit dem sportlichen Zusatz „Type R“ versah, ging der Kelch an Europa gekonnt vorbei. Nur als Rechtslenker erhältlich, bot der erste Civic Type R (EK9) ein 1090 Kilogramm leichtes Kompaktchassis mit einem 185 PS starken 1,6-Liter-VTEC-Motor. Da waren die Slalom-Parcours und Trackdays nicht weit. Die aktuelle Variante ist knapp 300 Kilogramm schwerer und trägt einen Superheldenanzug.

Ob ihm das Fett gut steht, liegt im Auge des Betrachters. Für den Käuferkreis konservativ gestylter Kompaktwagen ist er viel zu extrem, für die jungen Star-Wars-Fans mit seinem Kaufpreis von 37 590 Euro der unerreichbare Flug zum Todesstern. Bei dem, was der Type R zu bieten hat, ist der Preis aber durchaus angemessen, zumal die Ausstattung "Base Grade" genug bietet. Nur die Sonderfarbe "Championship White" schlägt mit zusätzlichen 590 Euro zu Buche.

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Am Aussehen spalten sich die Geister und Windströmungen

Hondas Rechnung, ein außergewöhnliches Design zu entwickeln, das mehr als Mittel zu Zweck ist, geht auf. Das opulente Aerodynamikpaket bestehend aus Frontspoilerlippe, Bremsenkühlung, Seitenschwellern und Heckspoiler- und -diffuser setzt dem japanischen Kompaktwagen nicht nur optisch zu. Der auf Größe einer Subaru Impreza Limousine gewachsene Civic Type R GT zeigt sich damit bei hohen Geschwindigkeiten stabil wie eh und je.

Lord Helmchen, das Darth-Vader-Pendant aus der Star-Wars-Parodie „Spaceballs“, würde im Type R GT etwas anderes als „wahnsinnige Geschwindigkeit“ kaum zulassen. Knapp 7,44 Minuten vergingen auf der Nürburgring Nordschleife, bis ein der Serienversion entsprechendes Entwicklungsmodell ins Ziel fuhr (Porsche brüstet sich dieser Tage mit 7,42 Minuten für den 600 PS starken Taycan). Für die Kompaktklasse mit Frontantrieb also ein reiner Wahnsinn. So mag man den Rekordfahrer als tollkühnen Helden ansehen – bis man den Type R GT selbst fährt. Denn das, was das Auto mitbringt, ist perfekt gelenkte Kraft.

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Möglich macht das ein Konzept, das für den Motorsport eigentlich Unsinn ist

Ein 4,56 Meter langer Fünftürer mit Frontantrieb wird mit 400 Newtonmetern aus einem 2,0-Liter-VTEC-Turbomotor befeuert. In 5,6 Sekunden ist der Sprint von null auf 100 Kilometer pro Stunde absolviert. Zielsicher reitet der Samurai im Kampfanzug der Marke 272 km/h entgegen.

Bei einigen Marken würde hier die Querdynamik in den Hintergrund rücken, die Leistung als ausreichendes Verkaufsargument herhalten. Bei einer Gewichtsverteilung von 62:38 eine eigentlich logische Konsequenz, denn von Ausgeglichenheit kann auf dem Papier schon mal nicht die Rede sein. Dabei war der Vorgänger sogar noch um drei Prozent Front-lastiger.

Die Gewichtsverteilung macht dem Type R GT nicht wirklich etwas aus

Durch ein schrägverzahntes Sperrdifferential werden die Antriebsmomente an der Vorderachse geregelt, die Hinterachse zeigt sich in schnellen Kehren kompromissbereit und rutscht - wenn nötig – kurz mit. In Kombination mit einem präzise abgestimmten Fahrwerk macht das durchaus Laune.

Selbst bei Geschwindigkeiten jenseits von 150 km/h klebt der Type R wie angenagelt auf dem Teer. Bodenwellen werden trotz 20-Zöllern mit einem Hauch von Gummi vom Fahrwerk souverän geschluckt. Ins Leere greifen die vorderen Pneus nur selten. Hinten herrscht volle Spurtreue. Selbst die Höchstgeschwindigkeit von 272 km/h spult der Darth Vader unter den Kompakten wie in eine Schiene eingeklinkt ab. Wer ihn nicht gefahren hat, glaubt es nicht.

Hinzu kommt das Erleben des Motors und des Sechs-Gang-Schaltgetriebes mit Zwischengas-Funktion. Der Mono-Scroll-Turbolader des 2,0-Liter-Benziners wird über die variable Ventilsteuerung (VTEC) und variable Steuerzeiten (Dual VTC) unterstützt. Sobald die magische Marke von 2000 Umdrehungen in der Minute (U/min) überschritten ist, wütet der Kompaktwagen los. Über das gesamte Drehzahlband bis zum Klimax bei 6500 U/min gibt es kein Halten.

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Interessant bis exzentrisch

Da die Gänge von Hand eingelegt werden und das Zwischengas im R-Modus zum beherzten Herunterschalten animiert, ist der Type R GT ein Garant für Spaß. Die präzise Lenkung macht den 320-PS-Civic zum Präzisionsinstrument. Auch die Bremsen packen bissig zu, ohne den Fahrer direkt mit dem ABS in Berührung kommen zu lassen. Da versteht man auch, wie der Rekord auf dem Nürburgring zustande kam.

Weitere Qualitäten, die ein schneller Kompakter mitbringen muss, finden sich direkt hinter den Türen. Denn Kompromissmodelle wie der Type R leben als Alltagsrenner auch von ihrem All-Inclusive-Paket. Attribute wie „aufgeräumt“, „klar“ oder „benutzerfreundlich“ wollen zum Civic Type R GT nicht passen. Interessant und exzentrisch ist der Innenraum gestaltet. Die moderne Federführung der Designer wirkt sich aber glücklicherweise nicht auf die üppigen Platzverhältnisse aus.

Fahrer und Beifahrer nehmen in Sportsitzen Platz

Seitenhalt und Komfort im engen Rahmen gelingt durch die Polsterung. Die Ergonomie und der Langstreckenkomfort lassen aber zu wünschen übrig. Ganz im Gegensatz zum Kofferraum, der sich mit 420 Litern zwischen Kompaktwagen und Kombi einreiht. Das Umklappen der Rücksitzbank bietet mit dann 760 Litern Volumen leider wenig Mehrwert.

So profitiert der Civic einerseits von dem Andersdenken der Japaner, das sich in exklusiven Tasten, Schaltern und Bedienelementen zeigt. Andererseits erinnern die Lenkradtasten an einen Premium-Waschautomaten. Da ist man als Europäer, der die immer gleichen Symbole und Tasten gewohnt ist, schnell aus der Routine gerissen. Auch der 7-Zoll-Honda-Connect-Touchscreen hält Überraschungen bereit, die das Leben kompliziert gestalten.

Wichtige Funktionen, die man auch mit Kurzwahltasten hätte lösen können, finden sich nur im Menü. So ist ein Umdenken bei dem ansonsten schön gestalteten Infotainmentsystem mit Sprachsteuerung gefordert. Abstriche gegenüber starken Konkurrenten wie dem VW Golf R leistet sich der Honda in den Dienstwagen-Disziplinen Komfort, Bedienung und Geräuschisolation.

Fazit

Der Civic Type R GT hat seinen Vorgänger auf der eigenen Achse souverrän überholt. Der intern als FK8 bezeichnete Kompakte begeistert durch die gelungene Mischung aus Präzision, Ruhe und Schnelligkeit. Manöver, die Fahrern von Autos à la BMW M140i und VW Golf R die Schweißperlen auf die Stirn treiben, gelingen im aktuellen Type R ohne Aufregung und mit höherem Gripniveau. In der Kompaktklasse mit Frontantrieb selbst ist der FK8 ein Meister, der gar Sportcoupés höherer Klassen das Fürchten lehrt. Auch die Verkaufszahlen könnten gigantisch sein, wenn Godzilla ein bisschen mehr wie King Kong aussehen würde.

Daten Honda Civic Type R GT (FK8)

Länge x Breite x Höhe (m) 4,56 x 1,88 x 1,43
Radstand (m) 2,7
Motor R4-Benziner, 1996 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung 320 PS (235 kW) bei 6500 U/min
Max. Drehmoment 400 Nm bei 2500 U/min
Höchstgeschwindigkeit 272 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h 5,6 Sek.
Testverbrauch 12,5 Liter
gesch. Realverbrauch 9,5 Liter
Leergewicht / Zuladung min. 1380 kg / max. 380 kg
Kofferraumvolumen 420–760 Liter
Basispreis 37 590 Euro

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