Hybrid für alle – Demokratisierung per Druckluft und Niederspannung

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Eigentlich ist der Hybridantrieb für Stadtautos die perfekte Antriebsart. Der Stop-and-Go-Verkehr in der City sorgt über die Bremskraftrückgewinnung für ständigen Stromnachschub, der Elektromotor ermöglicht einen flotten Start an der Ampel und das kurzzeitige emissionsfreie Fahren dürfte nicht nur beim Passieren von Krankenhäusern gut ankommen. Allerdings treibt die Technik den Preis hoch – und das ist Gift in einem Segment, wo der Kunde zuerst auf die Kosten schaut. Doch neue Hybridsysteme für Kleinwagen, Mini-SUV und Co. könnten das Problem bald lösen.

Zum Beispiel mit dem Verzicht auf einen der wichtigsten Kostentreiber – den teuren Akku. Dieser nämlich fällt bei dem vom französischen PSA-Konzern (Peugeot und Citroen) und dem deutschen Zulieferer Bosch entwickelten Air-Hybrid weg. Und wird durch einen Drucklufttank ersetzt. Ansonsten bleibt es bei dem von batteriegebundenen Hybridsystemen bekannten Prinzip: Statt des Elektrogenerators beim Batterie-Hybrid ist hier eine Hydraulikpumpe  mit der Antriebsachse verbunden und leitet beim Tritt auf das Bremspedal ein Hydrauliköl in einen Druckspeicher. Dadurch wird im Speicher Gas unter hohen Druck gesetzt. Bei Bedarf kann die so gespeicherte Bremsenergie dann wieder für den Vortrieb eingesetzt werden: Das Gas dehnt sich aus, das Hydrauliköl treibt die Pumpe an, die nun als Motor dient und die Antriebsräder in Bewegung setzt.

Der Luftpumpen-Antrieb ist natürlich nicht so leistungsfähig wie die Elektromotoren in konventionellen Hybridsystemen, für das kurzzeitige emissionslose Fahren im Stadtverkehr reicht er aber doch. Zwar nicht über längere Strecken am Stück, doch dafür für viele kleine Teilstücke. Denn der Druckluft-Speicher ist zwar klein, aber auch schon nach zehn Sekunden Bremsen wieder aufgeladen und einsatzfähig. Bei rund 80 Prozent der Fahrtzeit im Stadtverkehr soll so laut der Entwickler kein Benzin benötigt und kein Abgas ausgestoßen werden. Einziges Problem: Bislang befindet sich die Technik noch im Prototypen-Stadium. Erste Fahrzeuge fahren zwar schon, eine Großserieneinführung ist aber frühestens in drei Jahren möglich. Und dann wohl auch nur, wenn neben Citroen und Peugeot auch andere Marken in den Luft-Hybridantrieb einsteigen. Bislang ist von Interesse bei der Konkurrenz aber nichts bekannt.

Vielleicht auch, weil sie eine andere Technik vorzieht: den 48-V-Hybridantrieb. Dort setzt die Kostenbremse an der Systemspannung an. Konventionelle Hybriden nämlich arbeiten mit bis zu 400 Volt, was aufwändige und teure Schutzvorrichtungen nötig macht, um tödliche Stromschläge bei Unfällen oder Fehlfunktionen zu verhindern. 48 Volt hingegen sind vergleichsweise harmlos, so dass auch Kfz-Mechaniker für die Wartung von Kundenfahrzeugen keine Spezialausbildung benötigen. Natürlich führt der Verzicht auf Spannung auch zu einem Verlust an Leistung. Rein elektrisches Gleiten dürfte mit dem 48-V-Hybrid daher zunächst nicht möglich sein, dafür aber elektrisch unterstütztes Anfahren und Beschleunigen. Zulieferer Schaeffler rechnet mit Verbrauchseinsparungen von bis zu 17 Prozent, wenn der Antrieb intelligent mit anderen Spritspartechniken etwa dem sogenannten „Segeln“ ergänzt wird. Dabei wird der Antriebsstrang komplett von den Achsen abgekoppelt, um etwa beim Ausrollen an der Ampel Reibungsverluste zu vermeiden.

Die 48-Volt-Hybridsysteme, an denen auch Bosch und Delphi arbeiten, könnten innerhalb der kommenden fünf Jahre in Serie gehen. Neben den Kostenvorteilen bei Herstellung und Betrieb könnten sie auch das Kapazitätsproblem des bestehenden 12-Volt-Bordnetzes lösen, das immer mehr elektrische Verbraucher im Auto versorgen muss und so langsam an seine Grenzen stößt. „Manche Systeme lassen sich zudem erst mit der höheren Spannung sinnvoll elektrifizieren, zum Beispiel Klimaanlagen, aktive Fahrwerkregelungen, leistungsfähige Heizsysteme oder ein elektrischer Turbolader“, erklärt Richard Schöttle, bei Bosch für das Thema Bordnetz zuständig.

Ob und wann sich die neuen Hybridsysteme durchsetzen, hängt allerdings auch stark von der Entwicklung der Verbrauchsnormen ab. Die EU hat die Ziele bis 2020 zwar bereits bekannt gegeben, für Unsicherheit sorgt aber noch der geplant neue weltweite Test zur Ermittlung des Normverbrauchs. Sollte er die Hybridisierung auch in den kleinen und preisgünstigen Klassen belohnen, dürften bald auch die meisten Stadtautos mit entsprechender Technik ausgerüstet werden.

Bis dahin hat der Kunde in Deutschland die Wahl zwischen genau zwei Hybrid-Modellen. Das erfolgreichste Modell ist der Toyota Yaris, der eine etwas abgespeckte Form der aufwendigen Prius-Technik nutzt, und mit 16.950 Euro rund 5.000 Euro teurer ist der Einstiegsbenziner. Weniger häufig zu sehen ist der Honda Jazz, der auf das von der Marke entwickelte Mildhybridsystem setzt und 19.200 Euro kostet.

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