Hybrid-Omnibusse im Trend: Top-aktuelle Technik aus Polen

Moderner als die Polizei erlaubt? Der auffällige Omnibus zog im Bonner Straßenverkehr sofort die Aufmerksamkeit eines Streifenwagens auf sich. Dessen Besatzung heftete sich an die Fersen des großen Gelenkbusses und stoppte ihn an einer Haltestelle. Beim Anblick dieses Omnibusses blieb den beiden Polizisten die Spucke weg: „Ist das ein Erlkönig“, fragte ehrfürchtig der eine. Der andere ließ sich eher forsch die Bewandtnis des polnischen Kennzeichens erklären.

Wer hierzulande einen Omnibus besteigt, erwartet von einem Mercedes oder MAN – in jedem Fall von einem hiesigen Bus befördert zu werden. Doch das stimmt schon lange nicht mehr. Zu den beiden deutschen Marken gesellt sich seit Anfang des Jahrtausends der polnische Hersteller Solaris, mittlerweile mit großem Erfolg. Die polnische Marke ist die dritte Bus-Kraft in Deutschland, zwar nach Mercedes-Benz und MAN, aber mit zunehmender Tendenz. Entwickelt und produziert werden die Solaris-Busse in Bolechowo nahe Posen, das Unternehmen hat sich auf den Bau und Vertrieb von Stadtomnibussen spezialisiert. Eine besondere Rolle spielt der Hersteller beim Bau der innovativen Hybridbusse. Die Polen zählen zu den Pionieren dieser elitären Technik und haben bereits mehr als 120 dieser Fahrzeuge verkauft.

Nun setzt Solaris zum nächsten Streich an

Diesmal stellen die Polen einen seriellen Hybridbus mit gleich zwei verschiedenen Speichermedien auf die Räder – eine vergleichbare Technik findet sich weder bei Mercedes-Benz noch bei Volvo, oder einem anderen renommierten Omnibusherstellern. Der große Gelenkbus beschleunigt mit der Kraft der Bremsenergie, die er mit Hilfe der Superkondensatoren auf dem Dach an den großen Elektromotor schickt. In Fußgängerzonen fährt er sogar rein elektrisch und damit völlig emissionsfrei. Dafür zeichnet eine große Batterie verantwortlich, die mit Hilfe des Dieselgenerators oder über Nacht an der Steckdose geladen wird. Dieses Technikpaket stammt übrigens aus Deutschland. Verantwortlich zeichnet der Spezialist Vossloh-Kiepe aus Düsseldorf, in der ÖPNV-Branche ist dieser Hersteller von Elektroantrieben bestens bekannt.

Wie gut der weiß-graue Solaris funktioniert, erleben wir bei ausführlichen Probefahrten. Der 18 Meter lange Gelenkbus mit Spritspartechnik beschleunigt so gut wie jeder Dieselbus, von Leistungsmangel kann [foto id=“418946″ size=“small“ position=“left“]keine Rede sein. Der kapitale Elektromotor schickt seine 1 600 Newtonmeter Drehmoment gleich aus dem Stand an die Räder – die Elektroniker haben die Anfahrleistung etwas limitiert, um allzu stürmische Anfahraktionen abzuschwächen. An roten Ampeln und Haltestellen hat der kleinvolumige Dieselmotor als Stromlieferant Pause, er produziert im Stand weder Abgase noch Lärm.

Bis etwa 15 km/h beschleunigt der große Niederflurbus rein elektrisch, dann startet der Diesel und beliefert den Generator, der den E-Motor antreibt. Der Fahrer und die Fahrgäste merken davon nur wenig. Denn im Hintergrund wird die Kapazität der Superkondensatoren (landläufig auch „Supercaps“ genannt) genutzt und neue elektrische Energie produziert. Die Inverter haben mächtig Arbeit, um den Strom jeweils auf die richtige Spannung zu bringen. Das geschieht genauso beim Bremsen. In der Fußgängerzone fährt der Solaris ohne Dieselverbrenner, für die nächsten drei Kilometer übernimmt die Lithium-Ionen-Batterie die Rolle des Energielieferanten. Dabei ist die Geschwindigkeit konsequent auf 35 km/h limitiert.

Neigt sich die Batteriekapazität dem Ende, warnt der Fahrzeugführungsrechner den Fahrer – der legt den Schalter um, ab jetzt übernimmt wieder der Diesel. Als nächsten Schritt versprechen die Vossloh-Kiepe-Techniker ein stärker integriertes Energiemanagement, das für effizientere Ladungsvorgänge der Batterie sorgt. Auch am Fahrzeuggewicht muss noch gefeilt werden, der Hybridbus mit den zwei Energiespeichern wiegt 2,2 Tonnen mehr als ein vergleichbarer Dieselbus.

Mit seinen Primärtugenden als Omnibus weiß der Solaris zu gefallen. Ein freundlich eleganter Innenraum mit sorgfältiger Verarbeitung für die Fahrgäste, in Sachen Klimatisierung, Federungskomfort und Fahreigenschaften kann sich der polnische Stadtbus mit den Besten seiner Zunft messen. Sein Antrieb benimmt sich durchaus gesittet, nur im Heck werden von den Fahrgästen Nehmerqualitäten verlangt. Die Antriebsgeräusche dringen laut in den Innenraum, hier besteht noch Handlungsbedarf.

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