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Dies ist die dritte Internationale Automobil-Ausstellung, die sich von ihrem ursprünglichen Zweck absetzt, dem staunenden Besucher Auto-Träume nahezubringen. Begleitende Kongresse hat es in Frankfurt immer gegeben, aber seit 2007 löst sich das tatsächliche Geschehen in den Hallen stärker von dem, was in manchen Medien stattfindet.
Während der Messebesucher sein Vergnügen am Blech findet, mahnen viele die Bereitschaft zum Ausstieg aus dem Auto an. So einfach wollen sich die Autohersteller aber nicht ins Abseits drängen lassen. Viele befassen sich daher mit der Zukunft der Mobilität, zeigen neue Beispiele für Elektromobilität und Verkehrskonzepte. Doch auch das ist nur ein Blick auf eine neue Oberfläche. Darunter gärt es heftig. Automobilunternehmen beschränken sich längst nicht mehr darauf, Autos zu bauen. Mobilitätskonzepte wie „Car2go“ sind auffällige Beispiele dafür, bei denen man allerdings immer noch unterstellen kann, es gehe nur darum, Autos auf einem neuen Weg unters Volk zu bringen. Car2go funktioniert zur Zeit in vier Städten, in Hamburg, in Ulm, im texanischen Austin und im kanadischen Vancouver.
Doch das Bemühen um die Zukunft geht weiter in die Tiefe und in die Breite. Längst werden Bereiche angesprochen, die ein Unternehmen allein und auch eine ganze Branche nicht angehen können. Vernetzung mit anderen wird immer nötiger. Wie weit das geht, verdeutlichte auch Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Präsentation des neuen Mercedes-Benz Forschungsfahrzeug F125, das zwar fahrbereit ist, dessen Umsetzung aber weit in die Zukunft zielt. Zetsche brachte es ganz hart auf den Punkt, als er sagte, die deutsche Energiewende sei ohne Wasserstoff nicht denkbar. Der Wasserstoff sei das beste Speichermedium, um den regenerativ gewonnenen Strom aus Solar- und Windkraft zu speichern, wenn er entsteht.
Das entspricht natürlich dem Wunsch nach Wasserstoff fürs Auto. Aber es hat auch einen ungeheuer strategischen Aspekt. Wasserstoff demokratisiert die Energie, weil er überall gewonnen werden kann und so in die Unabhängigkeit von den Ölproduzenten führt, was uns so manchen Verteilungskrieg ersparen könnte. Wer über Wasserstoff und seine Möglichkeiten spricht, dreht also ein ganz großes Rad und spricht über eine neue Epoche. Was das bedeuten kann, zeigte Ludger Hovestadt, Architekt, Informatiker und Professor an der ETH Zürich, der im „Audi Urban Future Summit“ schon am Montag mit seiner Provokation, er habe nicht verstehen können, dass der Club of Rome für seine „Grenzen des Wachstums“ und Al Gore für seine Klima-Arbeit einen Friedensnobelpreis erhalten konnten. Das sei alles doch nur Panikmache gewesen. Schon bald werde niemand mehr über grüne Ideologien sprechen. Hovestadt rechnete vor, dass man mit einem kleinen Teil der heutigen landwirtschaftlichen Flächen Solarstrom und Gas gewinnen könne, so dass 2030 in der Schweiz fünf Mal so viel Energie erzeugt werden könne, als benötigt werde.
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Audi hat mit seinem „Summit“ ein Weg beschritten, der abseits der üblichen Kongress-Philosophie auf Messen sich nicht in erster Linie nach außen wendet, sondern versuchte, die Außensicht ins Unternehmen zu holen. Der Summit ist Teil eines Prozesses der Ingolstädter, den sie mit eigener Mannschaft betreuen, aber auch mit externer Expertise anreichern. Es geht mal wieder ums Vernetzen, wenn Audi jetzt Sascia Sassen, Professorin für Soziologie an der Columbia University of New York mit der Betreuung eines Forschungsprojekts zur Zukunft der Megametropolen betraut hat. Der Dame kann niemand Abhängigkeit vom Auto vorwerfen. Sie besitzt seit 20 Jahren keines mehr, „aber ich fahre gern einmal mit“.
Soziologen wie Sascia Sassen, Architekten, Volkswirtschaftler, Trendforscher, Entwickler, Stadtplaner, Designer, Journalisten, Werkstoffexperten, Marketingstrategen – Audi hatte viele Disziplinen versammelt, um Vernetzung der Disziplinen zu erreichen. Auch Audi-Chef Rupert Stadler sah – wie später Dieter Zetsche – die Welt an einer Wende. Mit dem Simultaneous Engineering habe man in der Automobilindustrie das Bereichsdenken durchbrochen. Jetzt leite die Vernetzung von Disziplinen und den unterschiedlichsten Institutionen eine neue Breite in der Problembearbeitung ein, nicht nur in der Industrie. Keiner von den vielen Experten konnte beim Summit eine perfekte Idee für die Stadt der Zukunft präsentieren. Aber bei den Randbedingungen waren sie sich doch einig. Jede Stadt braucht ein System, das aber Spielraum lässt. Die Stadt mit einem geschlossenen System wird keine Freunde finden. Ein technisch perfektes Hochhaus als geschlossenes System wird keine Nachbarschaften schaffen und leblos sein. Erstaunlicherweise wurden Fußgängerzonen als Beispiele für geschlossene Systeme genannt, die seien zwar belebt, aber tot. Gesucht wird also ein Miteinander sowohl der Menschen als auch der Vehikel für ihre Mobilität.
So weit so gut: Viele der Experten meinen, Mobilität in der Stadt von Morgen als quasi-öffentlichen Nahverkehr mit Fahrzeugen zu bewältigen, die automatisiert mich dort abholen, wo ich sie hinbestelle und mich dann – vielleicht auch mit anderen – dorthin bringen, wo ich hinwill. Da diese Fahrzeuge mit allem rundum kommunizieren, brauchen sie keine festgelegte Fahrbahn, keine Verkehrsampeln, keine Straßenbeleuchtung. Das regelt alles die Technik mit ihren Sensoren. Das ist eine Vision, wie sie einst der Film „Metropolis“ aufgezeigt hat. Das wird nicht allen gefallen, die auch in der urbanen Mobilität die Individualität wiederfinden wollen.
Der US-Journalist Chris Anderson brachte es beim „Summit“ auf einen Punkt, der zu denken geben kann. Er analysierte einen Satz: „Ich fuhr mit meinem Auto zur Arbeit“. In Zukunft könnte das Ich durch ein Es ersetzt werden, wenn das Fahren automatisiert wird. „Mit meinem Auto“ – An dieser Stelle stellte Anderson in Frage, ob es denn überhaupt noch Besitz an einem Auto geben werde. „Zur Arbeit“ – Heute schon kommt mit der Vernetzung die Arbeit immer mehr zum Arbeitsanbieter. Wird es wohl in Zukunft noch Arbeitsstätten geben, an denen man sich täglich trifft? Wird nicht die Form der Anstellung sich in der Zukunft auch verändern in Richtung Zeitarbeit, wenn Arbeit anliegt?
Solche Perspektiven müssen Automobilhersteller aufschrecken. Wenn das Energieproblem gelöst ist, stellt sich dann doch immer noch die Frage, was sind denn Produkte, die ein Hersteller von Premiumfahrzeugen in der skizzierten Zukunft überhaupt noch an den Mann bringen kann? Was ist denn dann in der Mobilität überhaupt noch Premium, wenn die Bürger einer solchen Megacity in Kabinen durch die Stadt fahren, die ihnen nicht gehören und die sie sich mit anderen teilen müssen? Reicht es dann überhaupt noch, Autos oder andere Fahrzeuge anzubieten, wenn der Verkehr sozialisiert wird? Jan Mücke, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung kann ja in seiner Behörde Vernetzung schon in wesentlichen Bereichen der Zukunftsfragen vernetzen. Er sagte zum Beginn des Summits: „Die Stadt der Zukunft beginnt im Kopf.“ Was anfangs klang wie ein hübscher Allgemeinplatz entpuppte sich am Ende des Summits doch als Aufforderung, den Kopf zu gebrauchen. Die Aufforderung geht an die Bürger ebenso wie an die Stadtplaner und alle Experten, die ihnen helfen können. Wir brauchen die lernende Stadt, in der sich die Bürger wohlfühlen und keine kalten, perfekten Konstruktionen.
Das ist auch die IAA in diesem Jahr. Das hat so gar nichts Oberflächliches vom glatten Blech. Das ist auch mehr als die Illusion, die Elektromobilität können von jetzt auf gleich alle unsere Probleme lösen. Viele von den Elektroautos in den Hallen sind nicht mehr als der Beweis, dass wir könnten, wenn wir wollten. Das ist zwar sympathisch und nimmt denen den Wind aus den Segeln, die immer behaupten, die deutsche Automobilindustrie habe die Zeit verschlafen. Aber die Wende bringen andere Überlegungen und Strategien.
geschrieben von auto.de/(ampnet/Sm) veröffentlicht am 14.09.2011 aktualisiert am 14.09.2011
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