IAA 2013: Alles wird gut

Die Spiele der 65. Internationalen Automobilausstellung sind eröffnet. Laut dem Verband der deutschen Autoindustrie (VDA) hatten sich zu den beiden Pressetagen rund 10 500 Journalisten aus der ganzen Welt akkreditiert. Dank der umfangreichen Vorberichterstattung war dann nur wenig wirklich Unbekanntes an Autoneuheiten zu entdecken.

Doch mit überraschenden Standkonzepten, eindrucksvollen Studien und bunten Paradiesvögeln bietet die jüngste IAA noch genügend Attraktionen für einen lohnenswerten Rundgang.[foto id=“482724″ size=“small“ position=“right“]

Trotz schwieriger Wirtschaftslage in Europa und den daraus resultierenden Absatzproblemen für die Autoindustrie herrschte in den Frankfurter Hallen gute Stimmung. Die Bedeutung der Messe brachte am treffendsten BMW-Chef Norbert Reithofer auf den Punkt: „In keinem anderen Land der Welt leistet die Autoindustrie einen vergleichbar großen Beitrag zum allgemeinen Wohlstand wie in Deutschland.“

Bevor überhaupt Fragen aufkommen konnten, wie sehr die Probleme der Welt die Geschäfte der bayerischen Autobauer belasten, konterte Reithofer: „Es gibt keine Probleme, sondern nur Herausforderungen.“ Das mochte im ersten Moment profan anmuten, doch gerade BMW zeigt von allen Herstellern am deutlichsten, dass Herausforderungen mit Schwung und Elan angepackt worden sind.[foto id=“482725″ size=“small“ position=“left“]

Kein anderer Autobauer hat sich so konsequent der Elektromobilität verschrieben und so stehen auch die ersten serienmäßigen Produkte i3 und i8 dort im Fokus. Das hat zu einer echten Weltpremiere für so manchen gestandenen Motorredakteur geführt, der die ersten Testfahrten mit dem kompakten Elektroauto i3 in der Halle auf einem Rundkurs über zwei Ebenen absolvieren durfte.

Das andere Extrem des Autogeschäfts führte unter dem selben Dach die Konzernmarke Rolls Royce vor. Exponate wie ein Silver Wraith in metallischem Pink mit schwarzer Motorhaube oder die Luxuslimousine Phantom in Boywindelblau-Metallic mit schwarz eloxierten Riesenrädern zeigen, dass diese Produkte auf den traditionellen europäischen Märkten keine Rolle mehr spielen und sich an die Oligarchen dieser Welt richten, bei denen Geld keine Rolle spielt, und Stil wie Geschmack Antworten auf Fragen geben, die auf den Straßen Moskaus, Pekings oder Dubais niemand stellt.[foto id=“482726″ size=“small“ position=“right“]

Einen besonderen Tusch hat sich Audi auf der IAA verdient. Das Standkonzept der Ingolstädter zeichnet sich durch eine derart erfrischend Kreativität aus, wie sie selten bis eher gar nicht auf einer großen Automesse zu erleben, nein, zu genießen sind.

Die Gäste wandeln mit vor Staunen gerundeten Augen und offenem Mund durch eine urbane Landschaft, die von der Decke herab sprießt. Audi will die Welt für ihre Produkte und Studien im wahrsten Sinn des Wortes auf den Kopf stellen. Spiegel an Decken und Wänden schaffen eine Illusion von Unendlichkeit und sichern dem IAA-Auftritt das inoffizielle Prädikat: „Ganz großes Theater.“

Während der Rest des VW-Konzerns brav auf riesigen Flächen seine Vielfältigkeit abarbeitet, will sich Mercedes nicht von seiner Tradition mit dem unverhohlenen Bekenntnis zur (Über-)Größe trennen, die mit multimillionen schweren Aufwand die gesamte Festhalle auf dem Messegelände füllt.

Bei der Konzernmarke Smart kultivieren die Schwaben unverändert trutzig einen virtuellen Jugendwahn, wenn auf den Leinwänden und saalhohen Projektionsflächen unglaublich fröhliche Menschen um die Dreißig herumtollen und sich Kissenschlachten liefern, deren Waffenträger bunt schillernde Federn in allen Farben entlassen. Dass diese Menschen die Wirklichkeit von Neuwagenkäufer so verlässlich abbilden wie der Schneemensch Yeti, scheint einer Marketingwelt als Wille und Vorstellung ebenso zu stören, wie der Umstand, dass der Mercedes-Kunden durchschnittlich pro Jahr um real ein Jahr älter wird und inzwischen ein Alter von 53 Jahren erreicht hat.[foto id=“482727″ size=“small“ position=“left“]

Wenn sich auf den zahlreichen Ständen Journalisten mit schmerzenden Füßen zum Kaffee treffen und gegen die Luftqualität und Temperatur in den Hallen mit Litern gekühlten Mineralwassers ankämpfen, kommt automatisch schon früh die Frage auf, welche Studie, beziehungsweise welche Neuheit die Fachleute am meisten beeindruckt.

In diesem Jahr gibt es kaum Einwände, die Coupé-Studie von Volvo zum bemerkenswertesten Exponat zu küren. Proportionen, Linien und Detail des Zweitürers lassen augenblicklich den Wunsch aufkommen: Bitte bauen!

Das Salz in der Suppe bilden in Frankfurt wie auf jeder Automesse die Kleinen, Feinen und Ausgefallenen. Bei Mercedes-Veredler Brabus aus Bottrop setzt nur der Kontostand des potenziellen Kunden die Grenzen, wenn es 800 PS oder gar 850 PS unter der Haube eines Mercedes sein darf. Gleichgültig, ob es sich um eine neue S-Klasse, ein G-Modell oder den CLS Shooting Brake handelt.

Doch das Unternehmen aus dem Ruhrgebiet setzt bereits neue Trends für die Zukunft. Brabus engagiert sich verstärkt im Geschäft der Restaurierung von klassischen Mercedes-Modellen mit höchster Perfektion und Professionalität. Und wenn das Auge zwischen einem neuwertig aufgearbeiteten offenen S 280 3.5 aus den frühen Siebzigern zu einem neuen SL mit mehr PS unter der Haube als bei einem Formel-1-Renner im Heck wechselt, wächst die Erkenntnis, dass früher doch manches besser war.

Veredler Mansori postuliert auf seinem Stand mit Lambos im Komplett-Karbon-Design, dass Geschmack wirklich keine Zielgruppenkompetenz formuliert, wenn nur die Kasse stimmt. Und wenn selbst das prolligste SUV-Monster noch nicht so recht für den letzten Kick sorgt, dann präsentiert der Hersteller auf dem Freigelände vor der Halle noch einen aufgearbeiteten russischen Radpanzer. Und spätestens angesichts dieses Exponats ist dem IAA-Besucher klar: „Alles wird gut!“ 

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