Zu den mit Spannung erwarteten Premieren der IAA in der kommenden Woche gehört der Bentley Bentayga, das erste SUV in 96 Jahren Marken-Geschichte. Leistungskraft und Komfort setzen neue Maßstäbe in diesem Fahrzeugsegment, verspricht der Hersteller. Wie das geht, erfuhr unser Autor Axel F. Busse in einer exklusiven Vorab-Präsentation im englischen Crewe.
Von Schlamm verkrustet sah man bisher noch keinen Bentley durch unwegsames Gelände holpern. Die feinen Limousinen und Coupés aus dem mittelenglischen Crewe repräsentieren bislang die gehobene Art der Fortbewegung, gern auch mal im 300 km/h-Tempo. Mit der Beschränkung auf glatt gewalzte Asphalt-Pisten ist endgültig Schluss, wenn im Januar die Auslieferung des Modells Bentayga in Europa beginnt. Und auch mit der Alleinstellung des Range Rovers, der bislang praktisch konkurrenzlos die Wünsche wohlsituierter Kundschaft nach höchstem Komfort und robuster Geländetauglichkeit befriedigen durfte.
Die Latte hat der Chef von Bentley Motors, Wolfgang Dürheimer, ohne Not selbst enorm hoch gelegt. Der Bentayga solle „nicht nur das schnellste und teuerste, sondern auch das exklusivste und luxuriöseste Fahrzeug seiner Art“ werden. Für gut zwei Dutzend einheimische Kunden war diese Ankündigung des ehemaligen Porsche- und Audi-Managers bereits so überzeugend, dass sie zum Abschluss eines noblen Dinner-Abends gleich einen Kaufvertrag unterzeichneten. Die 25 Exemplare der „First Edition“, die von weltweit 500 für Deutschland vorgesehen waren, sind nun bereits ausverkauft.
Nicht einer dieser betuchten Kunden hat das Auto bisher gefahren. Sie wissen von ihrer Erwerbung nicht viel mehr als dass es sich um ein Sports Utility Vehicle handelt und dass es einen Zwölfzylindermotor hat; dem einzigen, der gegenwärtig weltweit zu haben ist, nachdem Audi seinen Q7 mit V12-Diesel eingestellt hat. Nach Verstreichen einer Respektsfrist von einem Jahr werden die Bentayga-Interessenten für kleinere Motoren bedient. Ein Otto- und ein Dieselmotor mit jeweils acht Zylindern stehen auf der Agenda, eine Hybridversion ist ebenfalls in der Pipeline.
Schon seit Jahresbeginn brausen Testingenieure immer wieder durch die abgelegensten Gebiete auf dem Globus, um die Zuverlässigkeit des Luvus-SUV auf Herzen und Nieren zu prüfen. Die Dünen in 50 Grad heißen Wüstengegenden musste der Bentayga dabei ebenso erklimmen, wie bei 40 Grad Forst die nördlichsten Zipfel Skandinaviens durchqueren. Oberstes Ziel laut Projektleiter Peter Guest: „Keine Kompromisse. Bei den Offroad-Fähigkeiten ebenso wenig wie beim Fahrkomfort auf der Straße.“
Bentley ist in der Vergangenheit nicht gerade durch sparsam dimensionierte Karosserien aufgefallen. Doch nimmt man den unmittelbaren Wettbewerber zum Maßstab, erstaunt das geschmeidige und zurückhaltende Design des fünftürigen Aufbaus. War die 2012 in Genf gezeigte Studie „# Exp 9“ noch ein Respekt gebietender Gelände-Gigant, kommt der Bentayga fast schon bescheiden und grazil daher. Das vergleichsweise flache Greenhouse mündet in ein elegantes Heck, das eine ungewöhnlich schräg stehende Scheibe begrenzt. Wer sich an diesem Fahrzeugteil an einen Audi Q7 erinnert fühlt, hat zumindest keinen Sehfehler. Die Konzern-Verwandtschaft wird durchaus nicht verleugnet, auch wenn es nur Details sind. Den sehr eleganten rahmenlosen Innenspiegel hat man so ähnlich schon im VW Passat gesehen.
Die selbstverständlich elektrisch öffnende Klappe gibt einen im Normalzustand 430 Liter großen Kofferraum frei. Ein herausziehbarer Ladeboden soll einen nach unten schwenkbaren Klappenteil überflüssig machen. Die faltbare Abdeckung gab bei der ersten Besichtigung noch nicht das erhabene Einrastgeräusch von sich, das von einem Fahrzeug dieser Preisklasse erwartet wird, doch darf man wohl darauf vertrauen, dass sich einige der mehr als 1000 Ingenieure, die mit dem Projekt Bentayga befasst sind, bis zur IAA dieses Problems angenommen haben.
Am vorderen Ende des auf mächtigen 22 Zoll-Rädern schwebenden Fünftürers wird Vertrautes und Originelles sichtbar. Das „Vier-Augen-Gesicht“, das der Continental GT als erster Bentley der VW-Zeitrechnung prägte, ist dort neu interpretiert, wobei das außen liegende, ringförmige Tagfahrlicht eine Zusatzfunktion...
Paul
September 9, 2015 um 4:08 pm UhrWenn da mal nicht wieder der gute alte Touareg darunter steckt?
Ein Volkswagen in einem schönen Kleid, zum Schnäppchenpreis.
Aber wo sonst sollen Millionäre ihr Geld ausgeben???