VW

In Brasilien fährt VW mit Ethanol statt Diesel.

Brasilien gibt mächtig Gas: in zwei Jahren ist das Land Ausrichter der Fußball-WM, und zwei Jahre darauf Gastgeber der Olympischen Spiele. Die südamerikanische Sportnation setzt aber auch in der Automobilindustrie Zeichen. Experten zufolge könnte Brasilien mittelfristig hinter China und den USA zum drittgrößten Markt bei Pkw-Verkäufen aufsteigen und Japan vom derzeitigen Bronze-Rang verdrängen. So sagen Prognosen eine Verdoppelung der Neuzulassungen bis 2020 auf mindestens 6,6 Millionen Fahrzeuge pro Jahr voraus. Damit würden in acht Jahren voraussichtlich rund 42 Millionen Autos in Brasilien unterwegs sein.

Den Weg Brasiliens zum stolzen Autoland hat unter anderem auch Volkswagen geebnet. Der Konzern ist dort seit 59 Jahren präsent, heute mit zehn Marken und sieben Werken. Im vergangenen Jahr hat die südamerikanische Tochter der deutschen Volkswagen AG exakt 828 400 Fahrzeuge (ohne MAN undScania) für den Verkauf in Brasilien und den Export gefertigt. Inzwischen ist jedes vierte Fahrzeug in Brasilien ein VW.

Zum Volltreffer der insgesamt 22 Modelle von Volkswagen do Brasil, darunter die Fox- und Polo-Baureihe sowie der Passat, wurde der Gol. Ähnlich dem Golf in Deutschland ist er im 24 Mal größeren Brasilien souveräner Marktführer in seinem Segment. Gol steht im Portugiesischem für Tor: Wohl auch deshalb hat VW auf der Motor Show in Sao Paulo den brasilianischen Fußball-Jungstar und Torjäger Neymar für die Präsentation der inzwischen sechsten Variante des kompakten Fronttrieblers gewonnen. Der seit 1980 angebotene Gol ist nunmehr 26 Jahren das meistgekaufte Fahrzeug in Brasilien und wurde bisher über sieben Millionen Mal produziert. Wie alle brasilianischen VW-Modelle fährt der Gol mit Ethanol, Benzin oder im Gemisch. „Voraussetzung dafür war, dass wir im Jahr 2003 die Flex Fuel-Technik auf den Markt gebracht haben, mit der 86 Prozent aller 2012 neu zugelassenen Pkw in Brasilien unterwegs sind“, betont Entwicklungschef Dr. Egon Feichter von Volkswagen do Brasil.

Brasilien und das zu 100 Prozent aus Zuckerrohr gewonnene Ethanol sind eine interessante Geschichte, auch mit Blick auf die aktuelle Bio-Kraftstoff-Diskussion in Deutschland. 1973 schob die damalige Regierung aufgrund der Erdölkrise ein „Programa National Alcohol“ an. Kurz darauf entwickelte VW die ersten Motoren dafür. Mit dem Sedan 1300 begann Ende 1979 die Serienproduktion des ersten Ethanol-betriebenen Volkswagens. „Mitte der 80er Jahre waren in Brasilien bis zu 95 Prozent reine Alkohol-Autos unterwegs“, erzählt Dr. Feichter. Ethanol wurde subventioniert, die Fahrzeuge geringer besteuert. Doch Ende der 80er Jahre waren sie nicht mehr wettbewerbsfähig – die Zuckerrohr-Weltmarktpreise stiegen, die Zulassungen gingen gegen Null. Gekauft wurden Pkw, die Benzin tankten. „Diesel ist in Brasilien bis heute für Pkw nicht gestattet, erst für Fahrzeuge ab einer Tonne Zuladung“ fügt Dr. Feichter hinzu.

Danach gab es viele Versuche, Ethanol als Kraftstoff-Alternative wieder salonfähig zu machen. Der Brasilianer stand vor der Wahl: Kaufe ich ein Auto, das Alkohol tankt oder mit Benzin fährt, in etwa vergleichbar mit der Kaufentscheidung in Deutschland: Benziner oder Diesel. Die Situation änderte sich 2003, als VW mit der Flex Fuel-Technik ein Durchbruch gelang. Bei der Entwicklung wurde das Unternehmen Bosch mit ins Boot geholt. „Durch das elektronische Einspritzverfahren konnte der neue Motor wie zwischenzeitlich alle in Brasilien gefertigten Volkswagen Ethanol (E 100), Benzin (E 22) oder einer Mischung aus beiden in jedem Verhältnis verbrennen“, erläutert Dr. Feichter. Im neuen Gol leistet beispielsweise der 1,6-Liter-Motor mit Ethanol betrieben 76 kW/104 PS, fließt Benzin in die Einspritzung, sind es 74 kW/101 PS.

Ein zweiter große Erfolg, so der Gesprächspartner, sei VW mit einer speziellen Aufheizung Ethanol-betankter Fahrzeuge gelungen, damit sie auch bei kälteren Temperaturen, wie sie im Süden des Landes auftreten, problemlos anspringen. Premieren-Fahrzeug war hier der Polo. „Das hat VW in Brasilien einen großen Wettbewerbsvorteil gebracht“, betont Dr. Feichter.

Alkohol oder Benzin – der Brasilianer betankt sein Auto heute meist nach dem Motto: schauen, rechnen, tanken. Die Preise sind regional sehr unterschiedlich, liegen aber angesichts der heimischen Währung (2,62 Real – ein Euro) vergleichsweise weit unter EU-Niveau. Bedenkt man allerdings das Realeinkommen in Brasilien, der Mindestlohn liegt bei umgerechnet 350 Euro, liegt der Benzinpreis deutlich über europäischem Niveau. „Es ist noch gar nicht so lange her, da kostete der Liter Ethanol 99 Centavo, also unter einem Real. Da war die Tank-Entscheidung einfacher“, meint Dr. Feichter. In der 15-Millionen-Metropole Sao Paulo mit ihren rund sieben Millionen zugelassenen Pkw wechseln die Liter-Preise zwischen Etanol und Benzin fast an jeder Straßenecke – von 1,49 Real für Etanol zu 2,58 Real für Benzin bis 1,98 Real zu 2,88 Real. Auf jeden Fall ist Benzin immer deutlich teurer.

Als Faustregel gilt: Liegt der Ethanol-Preis unterhalb von 70 Prozent des Benzinpreises, dann wird reiner Alkohol getankt, weil der Verbrauch bei Ethanol entsprechend höher ist.

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Dezember 27, 2012 um 1:48 am Uhr

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