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Les-Saintes-Maries-de-la-Mer – Der Mistral! Wer ihn nur vom Hörensagen kennt, kann höchstens ahnen, welche Kraft in ihm steckt. Wer ihn erlebt, bekommt so etwas wie Ehrfurcht vor ihm. Vor allem, wenn er sich über mehr oder weniger ebenem Terrain austoben kann und es kaum ein Hindernis gibt, Bergketten etwa oder wenigstens Hügel, die sich ihm in den Weg stellen. Wir sind im Süden Frankreichs, wo die Rhone sich in zwei Mündungsarmen in ihr riesiges Delta ergießt. In der Camargue.
Ein herrlicher Sonnentag. Wenn nur er nicht wäre! Schon auf dem Weg von Marseille erst Richtung Norden nach Lambesc und dann westwärts über Eyguiéres weiter nach Arles kündigt er sich an. Er beugt Bäume, reißt Schilder aus ihrer betonierten Verankerung und droht Autos, die höher bauen und so besonders seitenwindempfindlich sind, umzukippen. Der Mistral ist, wenn er bläst, Herrscher der Provence.
Er weht direkt aus Nordwest. Zuerst noch sanft, dann immer heftiger. Typisch sind der wolkenlose, dunkelblaue Himmel, die gute Fernsicht, nachts ein beeindruckender Sternenhimmel – und die Temperaturen fallen erheblich ab. Der Grund: Polarluft strömt in den Mittelmeer-Raum ein. [foto id=“516610″ size=“small“ position=“right“]Durch die von Alpen und Pyrenäen gebildete Kanalisierung entsteht eine Art Düseneffekt, der dem Mistral Geschwindigkeiten bis zu 75 Kilometern pro Stunde erlaubt, in Spitzen sollen es sogar über 135 sein.
Wir erreichen Arles. An den Anlegern auf der Rhone schaukeln die Boote gefährlich hin und her. Spätestens hier weitet sich das Land. Und die Camargue, das Flachgebiet, das fast vollständig zu Arles gehört und die Stadt damit zur größten Flächengemeinde des Landes macht, beginnt. Der Fluss teilt sich an dieser Stelle in die Grande und die Petit Rhône. Wir folgen dem kleineren Nebenarm hinunter bis zur Mündung ins Mittelmeer. Bei der Stadt der heiligen Marien. Les-Saintes-Maries-de-la-Mer, dem Hauptort der Camargue im Département Bouches-du-Rhone.
Trotz Mistral ist das rund 20 Kilometer südöstlich von Aigues-Mortes gelegene und gerade mal gut 2000 Einwohner zählende Seebad belebt. Die Saison hat begonnen. Hotels, Restaurants und Läden haben geöffnet. Auf dem zentralen Platz unweit der am Strand entlang führenden Promenade versuchen sich einige ältere Männer beim französischen Nationalspiel Boule – wenn der Mistral dem Lauf ihrer Kugeln einmal nicht einen Strich durch die Rechnung macht, wenigstens für einen Moment. Noch immer ragt der Turm der Kirche, einst zum Schutz vor Einfällen der Seeräuber trutzig befestigt, über die Dächer von Les-Saintes-Maries hinaus. Im Gotteshaus werden die Reliquien der zwei Heiligen Maria Jakobäa und Maria Salome aufbewahrt. Jahr für Jahr, am 24./25. Mai, pilgern wie zuletzt wieder Tausende von Gitanes nicht selten von weither dorthin. Zu ihrer Pèlerinage-Prozession. Huldigung für schwarze Sara als Patronin Es seien die Bohèmiens, die Roms, die Roma und Sinti, die, begleitet von Heerscharen Schaulustiger und Touristen, in der Krypta der Église Notre-Dame-de-la-Mer ihrer Patronin huldigten, der schwarzen Sara. Sie feierten den [foto id=“516611″ size=“small“ position=“left“]Tag der heidnisch-christlichen Heiligen, lesen wir in einem Führer, mit klerikalem und folkloristischem Pomp, mit Kunst und Kitsch, Glaube und Aberglaube, mit Erzbischof und Rummelplatz. Hier kommt man wohl dem Geheimnis des kleinen Ortes auf die Spur. Einem Geheimnis, von dem die Einheimischen sagen, dass es weitaus älter ist als die liebenswürdige Geschichte der Marien, deren Dienerin Sara der Legende nach war. Aber, so heißt es, sie war eigentlich lange vor den Marien da. Ihre Verehrung füge sich vielleicht auch deshalb problemlos in den christlichen Kult ein.
Wir quartieren uns in der Auberge Cavaliere ein. Die putzigen Cabannes des Hotels an der Straße nach Arles erinnern trotz ihrer gestreckten Form ein wenig an die Trulli genannten Zipfelmützen-Rundhütten im apulischen Alberobello. Der Mistral lässt nicht locker. Auch am nächsten Tag nicht, an dem wir die Gegend erkunden. Die Oberflächen der vielen Stehgewässer kräuselt er zu wogenden kleinen Wellen. Die Camargue soll das größte Flussdelta Europas sein. Der meist aus Schwemmland bestehende Boden schafft günstige Bedingungen zur landwirtschaftlichen Nutzung. Aus dem Meerwasser wird Salz gewonnen.
Das ganze Gebiet steht unter Landschafts-, Teile wie der Flachsee Ètang de Vaccarés samt südlichem Streifen am Meer sogar unter Naturschutz. Tapfer stemmen sich selbst kleine Flamingo-Kolonien dem unvermindert heftig übers Land ziehenden Wind entgegen – auf einem Bein stehend, den Kopf auf dem langen Hals im Gefieder versteckt. Vereinzelt tauchen Gruppen weißer Pferde auf, einer Art, die nur hier vorkommen soll. Auch Stiere sieht man immer wieder. Sie bieten dem Menschen anders, als in Spanien, größtenteils in unblutigen Kämpfen die Stirn. Und selbst der Mistral scheint den schwarzen Muskelbergen nichts anhaben zu können. Denn wenn ausnahmesweise sie dieses Mal losstürmen, ist sehr wahrscheinlich noch mehr als nur Ehrfurcht geboten.
Die dünn besiedelte Camargue im Westen der Provence im Süden Frankreichs besteht aus dem gut 900 Quadratkilometer großen Delta zwischen beiden Mündungsarmen der Rhone und der Mittelmeer-Küste. Sie stellt eine außergewöhnliche Sumpf- und Seenlandschaft dar. Das Klima ist mediterran. Im Spätsommer drohen in bestimmten Gebieten Mücken-Plagen. Beste Reisezeiten sind Frühjahr und Herbst. Wir waren im Auberge Cavaliere (vier Sterne, 83 Zimmer, originelle Cabanne-Häuschen, von Wasser umgeben, www.aubergecavaliere.com) am Ortsausgang von Les-Saintes-Maries-de-la-Mer untergebracht.
Die regionale Küche ist provencalisch und kräuterreich ausgerichtet. An der Küste werden oft Fisch und Meeresfrüchte serviert. Eine Spezialität ist das Stierfleisch Taureau. Auch gute Weine gibt es aus der Camargue. Besuche im Musèe Camargais am Mas du Pont de Rousty an der Straße von Arles nach Les-Saintes-Maries und in der Beobachtungsstation La Capellière am Ostufer des Étang de Vaccarès lohnen. Information: Atout France, Zeppelinallee 37, 60325 Frankfurt/Main, www.atout-france.fr.
Es zieht sich: Von Mulhouse/Basel an der deutsch-schweizisch-französischen Grenze sind es mit dem Auto bis nach Les-Saintes-Maries-de-la-Mer noch rund 700 Kilometer. Die Strecke führt über Lyon, Valence, Montélimar, Nimes und Arles. Auf den gebührenpflichtigen Autobahnen Frankreichs darf 130 gefahren werden, auf Schnellstraßen 110, auf Landstraßen 90, in Ortschaften 50. Die Promillegrenze liegt bei 0,5. Wer mit dem Flieger anreisen will: Vom Flughafen Marseille ist es gut eine Autostunde bis Les-Saintes-Maries-de-la-Mer. /Fotos: Koch
geschrieben von auto.de/Reise/Günther Koch/KoCom veröffentlicht am 23.06.2014 aktualisiert am 23.06.2014
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