Lamborghini

Interview zum Fünfzigsten: Stephan Winkelmann über Lamborghini

Stephan Winkelmann (49) kam schon im Alter von einem Jahr nach Rom und wuchs dort heran. Als gelernter Italiener hat seine Automobilkarriere viel mit Italien zu tun – als Fiat- und Alfa-Chef in Deutschland und seit sieben Jahren als President und CEO bei der Audi-Tochter Automobili Lamborghini Holding S.p.A, einer Tochtergesellschaft der Audi AG. Dennoch überrascht die Antwort auf unsere erste Frage, wann er zum letzten Mal einen Lamborghini-Trecker gefahren habe: „Noch nie“.

Welches Fahrzeug bewegen Sie als Dienstwagen?

„Einen Gallardo Superleggera und einen Audi RS4.

Welches ist ihr liebstes Fahrzeug aus dem Konzern, außer Lamborghini?

„Immer der letzte Dienstwagen, den ich fahre.“[foto id=“450746″ size=“small“ position=“right“]

Was war bisher Ihr ungewöhnlichstes (emotionalstes) Erlebnis beim Fahren eines Lamborghini?

„Da gibt es viele emotionale Momente und schöne Geschichten zu berichten. Am stärksten von diesen Erinnerungen sind die Testfahrten mit geheimen Vorserienfahrzeugen, die wir mit unserem Managementteam auf Rennstrecken durchführen.“

Welcher Lamborghini ist Ihr Lieblingsmodell und in welcher Farbkombination?

„Immer das neuste Modell. Bei den Farben habe ich eine ganz persönliche Vorliebe für alle sogenannten Nichtfarben. Also außen schwarz, weiß, grau oder dunkelblau. Innen gefällt mir schwarz, beige oder cognacbraun.“

Welches ist Ihre Lieblingsstrecke mit einem Lamborghini?

„Immer die, die mich am schönsten nach Hause führt.“

Mit LM002 und Espada haben Sie eine wunderbare Historie. Beide Modelle waren ihrer Zeit deutlich voraus. Mit den Studien Estoque (Trend Viersitzer Coupes / Shootingbreaks) und Urus (Trend SUVs) haben Sie bereits bewiesen, dass die Tradition gepflegt werden könnte: Wie sind die aktuellen Chancen für eine Markteinführung dieser Fahrzeuge?

„Wenn wir über eine dritte Modellreihe sprechen, dann wäre dies sicher am ehesten ein SUV wie der Urus. Der passt zur Historie und zur Marke, und das SUV-Segment verspricht das prozentual weltweit größte Wachstum.“

Welche Assistenzsysteme wären für einen Lamborghini passend?

„Alle, die das Fahrerlebnis eines extremen Supersportwagens nicht zu sehr beeinflussen.“

Was tun Sie zur Pflege der Markenhistorie?

„Im Jahr 2013 feiert Lamborghini sein 50. Firmenjubiläum. Wir werden dabei die gesamte Markenwelt unseres Hauses feiern. Dazu gehören nicht nur Gegenwart und Zukunft, sondern wie bei jeder traditionsreichen Marke auch Klassik und Historie. Unsere Aktivitäten dazu teilen sich in drei Bereiche auf: Wir bieten zum einen in unserem Museum den Besuchern aus aller Welt besondere Markenerlebnisse. Zum anderen sind wir mit unseren automobilen Ikonen auf den wichtigsten Classic Car Rallyes vertreten.

Last but not least sind weltbekannte Veranstaltungen für Autoenthusiasten wie der Concourse d´Elegance in Pebble Beach in Kalifornien oder die Schloss Bensberg Classic zentrale Schauplätze, um unsere Traditionsmarke erlebbar zu machen.“

Wie ist das prozentuale Verhältnis von offenen zu geschlossenen Gallardos und Aventador?[foto id=“450747″ size=“small“ position=“right“]

„Beim Gallardo sind ein Drittel aller verkauften Autos offen und zwei Drittel geschlossen. Was unser neuestes Modell angeht, den Lamborghini Aventador, so ist der Roadster noch nicht auf dem Markt. Die Auslieferungen werden ab der zweiten Jahreshälfte 2013 beginnen. Meine persönliche Erwartung an die Aufteilung des Absatzes der Aventador Baureihe ist, das 40 Prozent offen und 60 Prozent geschlossen sein werden, zu Beginn vielleicht sogar 50:50.“

Welches sind aktuell die beliebtesten Farben?

„Bei beiden aktuellen Modellreihen schwarz oder weiß. Beim Aventador auch das orange, welches bei der weltweiten Pressevorstellung des Wagens Verwendung fand. Und beim Gallardo wird auch rot immer beliebter wegen des Bezugs zum Supertrofeo, der schnellsten Markenpokal-Rennserie der Welt.“

Gibt es bereits Vorbestellungen für den Sesto Elemento?

„Ja.“

Soll er eine Strassenzulassung bekommen?

„Nein, er ist nicht für die Straße homologiert, in einzelnen Ländern könnte aber durchaus eine Einzelabnahme möglich sein.“

Wäre ein Lamborghini mit Dieselmotor, E-Antrieb oder als Hybrid denkbar?

„In Zukunft ist sicherlich auch ein Hybrid denkbar, besonders bei einer möglichen dritten Baureihe. Zum Diesel: Ein Motor muss in einem Lamborghini weltweit verkaufbar sein, das wäre ein Diesel nicht. Ein Elektroantrieb ist aktuell nicht vorgesehen.“

Lamborghini haben traditionell großvolumige Zwölf-Zylinder-Saugmotoren. Was halten Sie vom Trend der Aufladung und intelligentem Downsizing, auch unter dem Gesichtspunkt der Gewichtsreduzierung?

„Wir glauben, dass es auch heute noch genügend Chancen gibt, Saugmotoren zu optimieren. Aktuell haben wir keine Aufladung vorgesehen, aber wir beobachten und prüfen alle Trends und Möglichkeiten sehr genau.“

17. Bei der Carbon-Forschungskooperation mit der University of Washington in Seattle: Wo sehen Sie weiteres Leichtbau-Potential für die Modelle? Welche Chancen haben zum Beispiel Carbon-Felgen?

„Potenzial ist sicher vorhanden, allerdings stellt sich stets die Frage nach Kosten-Nutzen-Relationen. Carbon-Felgen sind für uns zur Zeit kein Thema wegen der Sicherheit, die Splittergefahr ist einfach zu groß im normalen Straßenverkehr.“

Was sind Ihre wichtigsten drei Märkte?[foto id=“450748″ size=“small“ position=“right“]

„USA, China und UK, in dieser Reihenfolge.“

Welche Rolle spielt Brasilien?

„Derzeit eher eine untergeordnete für Lamborghini. Hier gibt es zwei Themen im Markt: Zum einen exorbitant hohe Luxus-Steuern. Und zum zweiten die angespannte Sicherheitslage auf den Straßen und in der Öffentlichkeit. Wir verkaufen zwei Drittel unserer Fahrzeuge in Brasilien in Sao Paulo, der Wirtschaftsmetropole des Landes.

Wie unterscheiden sich die Kunden in den BRIC-Ländern?

„Mit bereits 20 autorisierten Händlern ist China für uns der größte Markt unter den BRIC-Staaten. Dann käme vom Potential her schon Brasilien, welches aber aufgrund der genannten Gründe noch innere Hindernisse zu bewältigen hat. Auf Platz drei hat auch Indien großes Potential, aber hier bremst immer noch eine schwierige Infrastruktur mit zu wenigen guten Straßen. Russland ist als Markt für uns relativ klein, aber die Russen als Kunden sehr wichtig. Nur kaufen sie meist außerhalb Russlands, oft in UK und in Südfrankreich, wo sie meist noch einen Wohnsitz haben. Darüber hinaus sind die langen und strengen Winter kein ideales Umfeld für unsere Autos, obwohl der Lamborghini-Allradantrieb auch auf Schnee hervorragende Traktion bietet.“

Ferruccio Lamborghini hat begonnen, Sportwagen zu bauen, weil er mit seinem Ferrari unzufrieden war. Wie ist die Beziehung zu den Kollegen und Nachbarn von Ferrari heute?

„Wir haben eine sehr kollegiale Beziehung zueinander, aber auch eine sehr wettbewerbsorientierte, und das ist im Sinne des Erfinders.“

Wieviel Mitarbeiter beschäftigen Sie derzeit am Stammsitz

„Wir haben derzeit fast 1000 Mitarbeiter, 95 Prozent davon sind Italiener, die restlichen kommen aus vielen Ländern dieser Welt, das ist Teil unserer Präsenz auf allen wichtigen Ländern dieser Welt.“

Welche Projekte haben Sie mit den Kollegen von Ducati begonnen?

„Aktuell noch keine. Jede dieser beiden Marken hat eine sehr starke DNA, einen erfolgreichen Charakter. Aber sag niemals nie.“

Welche Aktivitäten planen Sie zum 50-jährigen Jubiläum der Marke in 2013?

„Die Planungen umfassen dutzende von Einzelaktivitäten auf der ganzen Welt. Dabei sind natürlich unsere über 120 Händler weltweit integral eingebunden. Einer der Höhepunkte wird sicherlich die „Grand Tour 50 Jahre Lamborghini“ vom 7. bis 11. Mai 2013, die sich fast durch die gesamte Halbinsel Italiens ziehen und das größte jemals veranstaltete Lamborghini-Treffen überhaupt darstellen wird, zu dem Hunderte von Kunden sowie Händler aus aller Welt zum Startpunkt nach Mailand, der Stadt des Designs und Zentrum der italienischen Mode-welt, anreisen werden. Die gesamte Strecke von über 1.200 km durch Italien wird ein einziger Schauplatz für Hunderte von Lamborghini sein – von den unvergesslichen GT-Klassikern bis hin zu den futuristisch anmutenden aktuellen Supersportwagen, die aus allen Teilen der Welt zusammenkommen, um eine Parade durch die schönsten Städte Italiens zu formen.

Von Mailand wird der „Giro Lamborghini“ am 8. Mai nach Forte dei Marmi aufbrechen, einem sehr exklusiven Ort an der tyrrhenischen Küste. Am Donnerstag, 9. Mai 2013, geht die Reise weiter in Richtung Rom, wo am Abend die Einfahrt vor historischer Kulisse ins antike Stadtzentrum erfolgt. Am Freitag, den 10. Mai, ist das Reiseziel Bologna, die Hauptstadt unserer Region Emilia Romagna. Am Samstag, den 11. Mai, steht die Schlussfeier auf dem Programm: In einer Parade starten die Autos in Bologna, um zum historischen Lamborghini Firmensitz in Sant‘Agata Bolognese zu fahren. Dort eingetroffen haben die Teilnehmer die Möglichkeit, die Fertigungsanlagen und das historische Museum zu besichtigen und hautnah einen unvergesslichen Tag in der Welt von Lamborghini zu erleben.

Höhepunkt bildet ein Galadinner mitten in den Produktionshallen als krönender Abschluss diese emotionsgeladenen und spektakulären Events. Bei jeder Stadtetappe haben zahlreiche Fans die Gelegenheit, die Fahrzeuge zu bewundern.“

Eine eigens eingerichtete Website (www.lamborghini50.com) soll Kunden und Lamborghini-Fans bis Ende 2013 mit kontinuierlichen Updates und News zu den Feierlichkeiten informieren.

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