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Jaguar I-Pace
Wollen wir? Zwei Männer im Zenit ihrer Karrieren haben einen Traum: Dr. Rolf Speth, Chef von Jaguar Land Rover und sein damaliger Entwicklungschef, Dr. Wolfgang Ziebarth, wollen das nach dem Stand der Technik optimale Elektroauto bauen, nicht etwa ein vorhandenes Modell elektrifizieren, sondern bei null anfangen, auf dem sprichwörtlichen weißen Blatt Papier. Zwei Ingenieure wollen sich nicht einengen lassen, und irgendwann stimmt auch Konzernchef Tata zu. Und jetzt, erst vier Jahre später steht der Jaguar I-Pace vor seiner Markteinführung im August in Deutschland.
Ein paar grundsätzliche Entscheidungen fallen vor vier Jahren sehr schnell: Die Batterie kommt unter den Fahrzeugboden; das Fahrzeug bekommt an jeder Achse einen eigenen Elektromotor und zwischen den Rädern einen Radstand, wie er bei einer klassischen Fahrzeug-Architektur nicht möglich ist. Zwischen den Rädern liegen fast drei Meter Randstand. Das schafft Länge für einen Innenraum, wie er bei Limousinen in der Fünf-Meter-Plus-Klasse üblich ist. Im Hause Jaguar heißt das: Der I-Pace bietet so viel Innenraum wie die größte Limousine, der Jaguar XJ.
Weil dort kein Verbrennungsmotor nach Einbauvolumen verlangt, kann die Passagierkabine nach vorn rücken. Doch niemand verfiel auf die Idee, dieser Forward-Cabin eine Van-Optik mit flach bis zum Dach ansteigender Front zu verpassen. Es sollte ein auf den ersten Blick als Jaguar erkennbares Fahrzeug werden. Das war für das Design-Team sicher keine leichte Aufgabe. Die sind nicht erst seit dem F-Type gewohnt, mit langen Motorräumen und weit hinten sitzenden Passagier-Kapseln einen sportlichen Anspruch zu formen.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Jaguar Land Rover
Vom F-Type finden sich auch ein paar Elemente beim I-Pace wieder. Doch die wesentlichen Merkmale stecken in der kurzen Motorhaube. Sie zeigt das typische Jaguar-Gesicht mit dem großen Rautengrill und dessen Fortsetzung unter dem Stoßfänger sowie seitliche Lufteinlässe vor den Rädern. Ein solch großer Kühlergrill bei einem Elektroauto? Andere zeigen ihre Hinwendung zur Elektromobilität, gerade, indem sie betont auf Lufteinlässe verzichten. So stellt sich dann beim I-Pace auch heraus, dass der große Grill mit dem Jaguarkopf dicht ist. Die Luft für die Kühlung der Elektrik tritt unter dem Stoßfänger ein. Und die seitlichen Einlässe sorgen dafür, dass die beiden Vorderräder aerodynamisch günstig umströmt werden.
Zusammen mit der Luftmimik vor und auf der spitz zulaufenden Motorhaube und den schmalen Scheinwerfern ensteht so das unverkennbare Jaguar-Gesicht. An der Seite geht es weiter, beginnend mit den fast barock gerundeten Kotflügeln für die 22-Zoll-Räder der First Edition vorn und breiten Schultern hinten, dazwischen eine Wespentaille, gebildet durch die Fensterlinie und den stark ausgeformten Schwellern. Die Fensterfläche zeigt sich aggressiv klein. Die Größe des Heckfensters ist eigentlich nur durch die gute Rückfahrkamera zu entschuldigen. Doch das hochgezogene Heck stärkt den Gesamteindruck von Sturm und Drang.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Jaguar Land Rover
Ziebarth nimmt den Marketingleuten den Wind aus den Segeln, wenn er sagt, der I-Pace sei nicht als SUV geplant worden. Das habe sich alles so ergeben, allein schon durch den „Keller“ für die Batterie, der bereits 150 Millimeter Höhe gebracht habe. Aber nun sei der I-Pace rund 100 Millimeter niedriger als ein Jaguar-SUV wie der E-Pace. Doch es ist gut so. Selten konnten die Marketingexperten mit größerem Recht behaupten, in diesem Fahrzeug stecke das beste von zwei Welten.
Normalerweise führt diese Behauptung bei uns, die wir das öfter hören, zu einem Schmunzeln. Doch dieses Mal war das anders: Der neue Jaguar zeigte seine Sportwagenqualitäten auf dem Autodromo do Algarve beim portugiesischen Portimao, nachdem er zuvor seine Geländewagen-Gene von Land Rover in einem beeindruckend steilen Offroad-Parcour bewiesen hatte. Wasserdicht ist er auch noch, weil wir „eines Tages Land-Rover-Entwickler an dem Wagen haben arbeiten lassen“. Die zulässige Wattiefe vom 500 mm entspricht dem Standard gehobener SUV. „Aber er kann mehr“, gesteht Ziebarth, ohne eine Zahl zu nennen.
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Einen solchen Spagat zwischen den Welten Track und Offroad erleben wir selten, schon gar nicht bei E-Autos. Dabei ergeben sich eine Reihe der Eigenschaften gerade aus der Tatsache, dass in diesem Fall rund eine halbe Tonne Batterie an Bord sind. Dieses Gewicht im „Keller“ zieht den Schwerpunkt nach unten und sorgt mit ihrem Rahmen dafür, dass der I-Pace zum steifsten Jaguar in der Unternehmensgeschichte wurde, was sich im Gelände und auf der Rennstrecke auszahlt. Die Achslastverteilung von 50:50 bringt ein weiteres Plus fürs sportliche Fahrverhalten. Für einen standesgemäßen Vortrieb sorgen die beiden Motoren mit zusammen 400 PS und einem Drehmoment von 696 Newtonmetern (Nm) – genug für einen Sprint von 0 auf 100 km/h in 4,8 Sekunden.
Die 90 Kilowattstunden (kWh) aus 432 Lithiumionen-Hochenergiezellen sollen selbst unter den harten Vorgaben des neuen, mehr an der Praxis orientierten WLTP-Verbrauchsmesszyklus gut sein für 480 Kilometer. Aber nicht beim Jaguar I-Pace. Dann hätten sie ihn langweiliger konzipieren müssen, nicht so unverschämt gutaussehend und herausfordernd sportlich. Auch der Innenraum bremst niemanden ein. Viele E-Autos sind am besonderen Design und am sicht- oder spürbaren Verzicht bei vielen Elementen erkennbar. Nicht so beim I-Pace. Er zeigt auch als Elektroauto das gleiche luxuriöse Ambiente mit erstklassigen Materialien in einer Verarbeitungsqualität, die Jaguar mit „handwerklich“ qualifiziert. Alles sieht aus und fasst sich an, wie man es von der britischen Nobel- und Traditionsmarke erwartet. Dazu gehört inzwischen auch ein virtuelles Cockpit mit gut gestalteten Anzeigen, unendlich vielen Informationen und Einstellmöglichkeiten auf den beiden hochauflösenden Bildschirmen, die nicht mit purer Größe imponieren. Dennoch passt so viel darauf, dass jeder Fahrer seine Zeit braucht, selbst wenn das alles intuitiv sein sollte.
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Egal, dies ist ein Jaguar. Und so einen fasst kaum einer vorsichtig an, nur um mehr Reichweite zu erzielen. Wir jedenfalls nahmen ihn für voll und wollten wissen, ob dieser Jaguar nicht nur optisch zur Familie passt. Wir waren begeistert von dem sanften Anzug und auch bei diesem Elektroauto wieder von dem dramatischen Vortrieb. Nur endet der beim Jaguar nicht – wie bei vielen Elektro-Kollegen – bei 60 km/h. Der Jag zieht durch. Nur die Fahrgeräusche von Reifen und Fahrbahn stören diesen Eindruck von technischer Harmonie, und einmaliger Ruhe. Nur der Fahrbahnbelag bestimmt das Innengeräusch.
Die Quittung für so viel Drang folgt umgehend. Denn der I-Pace berechnet ständig die bei der jeweiligen Fahrweise noch zu erwartende Reichweite. Leider legt er sich dabei gern auf die positive Seite. Bei uns war von den anfangs angezeigten 400 Kilometern schon nach kurzer Autobahnfahrt keine Rede mehr. Sieht so aus, als wären bei flotter Fahrweise rund 300 Kilometer ein Wert für die tägliche Praxis.
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Zum bewussten Gesamterlebnis gehört mehr als nur die Einsicht, dass es manchmal ein bisschen mehr sein darf. Der Auftritt mit Stilelementen, die wir auch schon vom F-Type kennen, der große Innenraum für vier bis fünf Personen, der Kofferraum von 656 Litern, der sich auf 1453 Liter vergrößern lässt, die vielen Staumöglichkeiten, das komplette Infotainment, das große Angebot an Assistenzsystemen, die Möglichkeiten, das Internet an Bord zu holen – das alles verbreitet das Gefühl, in einem ganz normalen SUV zu sitzen, allerdings in einem Jaguar. Das Besondere – der Elektroantrieb – tritt hinter dieser Erfahrung, in einem Premium-SUV zu sitzen, zurück.
Unser Gesamteindruck steht fest: Ein Traum, den sich die beiden erfüllen durften. Doch Träume sind nicht umsonst, wenn aus ihnen Autos entstehen. Die First Edition des ersten Jaguar-SUV ruft Preise auf, wie sie in der Premium-Szene nicht ungewöhnlich sind: über 100 000 Euro, beim Leasing mit einer Anzahlung von 15 000 Euro sollen monatlich 699 Euro fällig werden, vermutlich ohne Mehrwertsteuer, denn der Geschäftsfahrzeug-Anteil dürfte bei 100 Prozent liegen. Es wird auch einen I-Pace S geben, das Einsteigermodell ab 78 800 Euro. Träume kann einem niemand nehmen.
Copyright: Auto-Medienportal.Net/Jaguar Land Rover
Länge x Breite x Höhe (m) | 4,69 x 1,90 (mit Spiegeln 2,14) x 1,57 |
Radstand (mm) | 2,99 |
Motor | Zwei Permanentmagnet-Elektromotoren |
Leistung | 294 kW / 400 PS bei 4250 U/min |
Max. Drehmoment | 696 Nm |
Batterie | 90 kWh, ca. 500 kg, Lithiumionen, 432 Pouch-Zellen, 36 Module, flüssigkeitsgekühlt |
Ladezeit (0 bis 80 Prozent) Gleichstrom | 50kWh |
Beschleunigung 0 auf 100 km/h | 4,8 Sekunde |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h. |
Reichweite (nach WLTP) | 480 km |
Energieverbrauch nach WLTP au 100 km | 21,2 kWh |
CO2-Emissionen | 0 |
Leergewicht | min 2208 kg |
Kofferraumvolumen | 656 Liter, erweiterbar auf 1453 Liter |
Reifengröße (Model S) | 245/50 R 20 105V Sommer |
Basispreis I-Pace S | 78 800 Euro |
geschrieben von AMP.net/Sm veröffentlicht am 04.06.2018 aktualisiert am 06.06.2018
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