Audi

Jedes Gramm zählt vom Motor bis zum Kabelbaum: Leichtbau am Beispiel Audi

Neckarsulm – Vorsprung durch Technik kommt nicht von ungefähr. Bei Audis Techniktag im Leichtbau-Zentrum am Standort Neckarsulm ist deshalb auch alles wie gehabt: „Kameras und Handys bitte abgeben“, sagt Audi-Sprecher Michael Crusius. „Fotografieren ist verboten!“

Eigenes Zentrum mit Technikum

Wir sind im Technikum. 50 Spezialisten beschäftigen sich hier intensiv mit faserverstärkten Kunststoffen, entwickeln und erproben Fertigungs- und Verbindungsverfahren. Das Technikum ist Teil des aus 180 Mitarbeitern bestehenden Zentrums, das sein Leiter Lutz-Eike Elend die „Speerspitze des Unternehmens in Sachen Leichtbau“ nennt. Dieser Ansatz sei das Selbstverständnis jedes Entwicklers, deutet Elend auch uns gegenüber an. „Es ist eine Geisteshaltung“, fügt [foto id=“348268″ size=“small“ position=“left“]Gesamtfahrzeug-Entwickler Ralph Schünemann mit Blick auf die notwendige Umkehr der Gewichtsspirale hinzu, Motto „Jedes Gramm zählt“. Laut Schünemanns Karosserie-Kollege Martin Schromm bezieht Leichtbau „vom Motor bis zum Kabelbaum“ über die Karosserie hinaus sämtliche Technikfelder ein.

Durchbruch mit Aluminium-Space-Frame

Als Durchbruch verweisen die Audi-Fachleute gern auf ihren integrierten Ansatz und den ersten A8, der 1994 erschien. „Mit ihm haben wir nicht nur unsere Audi-Space-Frame-Bauweise auf Aluminium-Basis entwickelt und in die Serie eingeführt, sondern auch alle Schritte, die zur Produktion notwendig sind“, betont Steffen Müller aus dem Audi-Expertenteam, dass Leichtbau für die Marke mit den vier Ringen „nicht nur Werkstoffkunde, sondern die volle Kompetenz in der Prozesstechnik, der Entwicklung neuer Verbindungstechnologien und in der Absicherung von Service- und Reperaturmöglichkeiten“ sei. Als „Schlüssel zur Umsetzung“ erachtet Müller dabei vor allem die Fügetechnologien für Werkstoffe, „die sonst vielleicht gar nicht miteinander können“.

Vom TT über A6, A7 und A8 bis zum R8

Seit dem ersten Aluminium-A8 hat Audi nach eigenen Angaben etwa 600 000 Autos mit der leichteren Space-Frame-Karosserie produziert. In der aktuellen Modellpalette vertreten demnach die Luxuslimousine A8 und der Hochleistungssportwagen R8 dieses Prinzip bereits in reinster Form. Der Kompaktsportler TT entsteht aus Aluminium [foto id=“348269″ size=“small“ position=“left“]und Stahl. Der A7 Sportback und die gerade vorgestellte A6-Neuauflage fahren zwar noch mit Stahlkarosserien, aber auch schon mit hohem Aluminium-Anteil vor.

Leichtere Autos beschleunigen und bremsen besser

Die zweite TT-Generation, rechnen die Neckarsulmer vor, bringt bis zu 90 Kilo weniger auf die Waage. Beim neuen A6 sollen es je nach Version bis zu 80 Kilo sein; die Business-Limousine zeigt sich abhängig von der Motorisierung, beim Spritkonsum bis über 20 Prozent genügsamer. „Und Leichtbau hat an diesem Fortschritt etwa ein Fünftel Anteil“, verringern generell 100 Kilo Gewichtsersparnis den Verbrauch um 0,3 bis 0,5 Liter pro 100 Kilometer. Leichte Autos sind genauso sicher, haben Vorteile beim Komfort und bei der Sportlichkeit. Als weitere Faustregel in diesem Zusammenhang gilt: Ein 1200-Kilo-Auto erreicht beim stehenden Start die Tempo-100-Marke sechs Meter früher als ein 100 Kilo schwereres; es beschleunigt zudem besser – und der Bremsweg ist umgekehrt kürzer.

Lesen Sie weiter auf Seite 2: Für Kohlefaser hochautomatisierte Prozesse; Nächster Schritt ist Multimaterial-Space-Frame; Richtiger Weg für Bau von Fahrzeugen in Großserie; Nicht nur starr auf einen Werkstoff fixiert

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Für Kohlefaser hochautomatisierte Prozesse

Für faserverstärkte Kohlenstoffe entwickelt Audi hochautomatisierte wirtschaftliche Herstellungsprozesse, ohne dass man sich auf eine spezifische Faser festlegt. Diese Entwicklung will Audi jetzt mit der Voith GmbH als neuem Partner noch mehr vorantreiben und sich früh bereits seriennah mit neuen innovativen Hightech-Materialien befassen; auch die [foto id=“348271″ size=“small“ position=“left“]beiden deutschen Premiumkonkurrenten BMW und Mercedes sind bereits entsprechende Kooperationen eingegangen. Carbonfaser-verstärkte Kunststoffe setzt Audi etwa bereits im Kotflügel des neuen RS3 sowie am Heckdeckel und in den Seitenteilen des R8 Spyder ein.

Nächster Schritt ist Multimaterial-Space-Frame

„Jetzt entwickeln wir alles noch einen großen Schritt weiter“, beschreibt Claus Haverkamp den Multimaterial-Space-Frame, der Komponenten aus Aluminium, Stahl und eben kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen, den sogenannten CFK (für Carbon-Faserverstärkte Kunststoffe), miteinander kombiniert. „Weiterhin in Space-Frame-Bauweise“, betont der Werkstoff-Mann, „aber mit neuen Verbindungstechniken.“ Schon in der ersten Phase gehe man von Reduzierungspotenzialen von mindestens zehn Prozent gegenüber dem heutigen Stand aus. 

Richtiger Weg für Bau von Fahrzeugen in Großserie

Das Space-Frame-Prinzip weise jedem Werkstoff und jedem Bauteil seine spezielle Aufgabe zu, gebe dadurch den Entwicklern viel höhere Freiheitsgrade als die traditionelle Schalenbauweise in Blech. In Neckarsulm ist man davon überzeugt, dass der Multimaterial-Space- Frame als Mischbauweise der richtige Weg für den Bau von Fahrzeugen in großer Serie ist. „Er liegt im Gewicht ebenso günstig oder besser als eine vergleichbare CFK-Karosserie“, heißt es etwa [foto id=“348272″ size=“small“ position=“left“]zur Begründung, „und bietet im Vergleich zu ihr große Vorteile, nicht zuletzt in der energetischen Gesamtbilanz und bei den niedrigeren Kosten.“

Nicht nur starr auf einen Werkstoff fixiert

Für die Audi-Leichtbauer ist klar, dass man sich nicht starr auf einen einzigen Werkstoff fixieren darf, sondern intelligent und flexibel mit den verschiedensten Materialien umgehen muss. „Das richtige Material am richtigen Ort für die optimale Funktion“, lautet deshalb auch für Leichtbau-Chef Elend die Devise.

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