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Am vergangenen Wochenende fand die London Brighton Veteran Car Run statt, für Autos noch vor 1904. Es gingen dort sage und schreibe 600 Oldies an den Start. Der Älteste war, wie könnte es auch anders sein, der Daimler Victoria aus dem Jahr 1894. Dieses Fahrzeug ist erst in zweiter Hand, im Gepäck die wunderlichsten Erinnerungen, und Geschichten aus den Anfangsjahren der Mobilität, Erwartungen der Zeit, niedergeschrieben vom Erstbesitzer in den frühen Dreißigern – ein Buch für sich.
Es gab auch Dampfautos mit herrlichen Charakterdarstellern, die solche Vehikel mitbringen, um ans Laufen zu kommen: säckeweise rußfreie oder fast rußfreie Kohle speziell für Kesselbefeuerung und große Mengen Wasser. Man kann sich vorstellen, wie solch ein Gefährt daherkommt. Qualmend zischend und mächtig quält es sich durch Londons Suburbia und erntet von Herzen kommenden Beifall. Überhaupt stehen die Fans der Vorzeitkarawane tief gestapelt am Straßenrand und freuen sich über das Spektakel.
Ich fuhr mit einem Autocar aus den USA, mit französischem Charakter und der war eigenwillig. Die beiden Jahre zuvor war ich mit dem Mercedes Simplex gefahren, und das waren hervorragende Autos, wirkliche Autos, mit einem Motor, der genug Kraft hatte, um auch vier schwere Mitfahrer einigermaßen leichtfüßig über die Hügel zwischen London und der Küste in Richtung Brighton zu bewegen. Selbst die Bremsen hatten [foto id=“389093″ size=“small“ position=“left“]mehr als nur symbolische Wirkung.
Nun, der oder das Autocar, zwei Zylinderchen mit insgesamt knappen 1200 Kubikzentimetern Hubraum, tat sich da freilich ein bisschen schwerer, was nicht überraschte. Dass aber drei Hände notwendig sind, das Auto zu fahren, dann doch. Der Ingenieur von damals war ein Spaßvogel. Links unter dem Lenkrad befindet sich ein Multitask-Hebel der nach vorn geschoben die Kupplung freigibt, Gas muss nach vorn, nicht motorradmäßig nach hinten, gedreht und so ständig in Position gehalten werden, rechts ein Schalthebel, mit einer mit dem Daumen zu betätigenden Entriegelung für den eingelegten Gang. Der Wunschgang wird dann mit einem gewissen Kraftaufwand gesucht und hoffentlich erfolgreich schnell eingerastet. Denn in den, einen wie Minuten erscheinenden Zeiträumen dazwischen fährt das Auto, wohin es will, wenn man nicht das Glück hat, mit einem beherzten und lenktalentierten Beifahrer unterwegs zu sein.
Das Auto spürt jede noch so geringe topographische Unebenheit auf, lange bevor man sie gesehen hat und möchte dann auch primadonnenhaft die Kraft von Männerhänden spüren, die den gelegentlichen Explosiönchen in den Zylindern unter die Funken greifen. Aber alles hat seinen Charme, so eben auch dieses Autocar. Und wir kamen an.
Aber ich dachte doch ab und zu an den Simplex.
geschrieben von auto.de/(ampnet/jm) veröffentlicht am 14.11.2011 aktualisiert am 14.11.2011
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