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Alfetta GT
Mit der Alfetta GT wollte der Hersteller ursprünglich den Abstand zum Erzkonkurrenten Ferrari verkürzen. Am Ende blieb es bei dem Versuch. Allerdings sind gut erhaltene Alfetta GT heute ebenso selten, wie die Konkurrenz aus Maranello.
Es war irgendwann Ende der 80er Jahre auf dem Schulhof. Kurz vor dem lang ersehnten Ereignis der Führerscheinprüfung kam die Diskussion nach dem zukünftigen fahrbaren Untersatz auf. Und während das Groß der meist nur mit Taschen- und Konfirmationsgeld bestückten Halbstarken von Golf GTI und Opel Kadetten schwadronierte, gab es einen, der schon damals getroffen war, von der Sehnsucht nach italienischem Flair, von Bella Machina und von der Individualität italienischer Automobile. Klar, dass sein Traumauto vor diesem Hintergrund nicht irgendein profaner Fiat war. Nein, Alfa’s großes Sportcoupe, die Alfetta GT, hatte es ihm angetan. So sehr, dass man sich wenig später im Studium mehr auf den Hinterhöfen der Alfa-Händler herumtrieb, als im Hörsaal. Immer auf der Suche nach einem halbwegs gut erhaltenem Exemplar des Italo-Edelrenners.
Denn bereits zu Beginn der 90er Jahre trat das Problem der Alfetta GT offen zu Tage: Der Rost. Umfangreiche Korrosionsschäden führten an dem von Giugaro gestylten Viersitzer nicht selten noch während der Erstbesitzerphase zum rasanten Abstieg vom schicken Szene-Flitzer zum billigen Verbrauchswagen. Bevorzugter Standort: die hinterletzte Reihe beim Alfa Händler, wahlweise der Fähnchenhändler an der Ausfallstraße. Nur wenige Exemplare haben diesen Niedergang überlebt. Rostfrei und original lassen sie dank Youngtimer Hausse heute die Kassen klingeln. Grund genug für so manchen „Kurpfuscher“ der Alfetta GT mit reichlich Spachtel und einer Verkauflackierung die letzte Ehre zu erweisen und ihn so aufgehübscht in die virtuellen Verkaufsräume zu schicken. Damit Sie die italienische Sehnsucht nicht ungefiltert übermannt, steht Auto Classic Ihnen mit Rat und Tat zur Seite und bewahrt sie vor teuren Fehlkäufen, denn, soviel sei bereits verraten, eine Totalrestauration ist bei der Alfetta GT derzeit noch unwirtschaftlich.
Design hin oder her, hässlich wird selbst eine Schönheit wie die Alfetta GT (Das „V“ für Veloce stand ab 1976 erst dem 122 PS Starken Topmodell zu), wenn er Löcher hat. So platt kann man das Problem des Alfa herunterbrechen und meist ist es noch viel schlimmer, als es auf den ersten Blick scheint. Darum nicht von der markanten Optik blenden lassen und ab ins Souterrain des Alfa, wo es im gesamten Vorderwagen vor potentiellen Rostnestern nur so wimmelt. Das ab 1974 als Bertone Nachfolger gebaute Coupe ruht im Prinzip auf einer verkürzten Basis des Alfa 6 und teilt neben dem Transaxle Prinzip mit diesem vor allem die verschachtelte Bauweise des Vorderwagens. Nahezu alle Ecken und Kanten sind von dem Gilb betroffen, meist kaschiert mit Reparaturblechen und Prestolit.
Erste Adresse; die vorderen Radhäuser, wo eine fehlerhaft konstruierte Radhausschale aus Blech Feuchtigkeit und Gilb solange speichert, bis diese sich entweder am Kotflügel oder an der A-Säule den Weg ins Freie suchen. Den gleichen Speichereffekt hat auch ein im Radhaus angebrachtes Verstärkungsblech. Zwischen ihm und dem Motorraum seitigen Radkasten liegt ein Spalt, bei dem der Rost quasi am ersten Tag nach Auslieferung einzog. Daneben bietet die Alfetta GT natürlich alle Klassiker der Rost-Klaviatur. Von vergammelten Scheibenrahmen, zerbröselnden Kotflügelaufnahmen (Achtung: diese sind geschweißt, nicht geschraubt), zermaterten Front- und Heckschürzen bis hin zu weggefauelten Schwellerendspitzen ist je nach Alter und Erhaltungszustand immer etwas dabei. Rostfrei ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kaum eine Alfetta GT, auch nicht die nach dem Facelift 1982 ausgelieferten Modelle, die zusätzlich noch an und unter den damals schwer angesagten Spoilersätzen gammeln. Das die oftmals rasante Fahrweise und die spätere Bastelfreude der Dritt-und Viertbesitzer die Karosseriesubstanz nicht wirklich verbesserte, sei nur am Rande erwähnt und soll den Interessenten neben all dem Rost auch für Vorschäden und merkwürdige Blechumbauten sensibilisieren.
Das das Treiben der Vorbesitzer oftmals nicht nur der Karosserie geschadet hat, macht sich bei vielen Alfetta GT nach dem Öffnen der nicht selten im Türschachtbereich durchgefauelten Türen bemerkbar. Radioumbauten jeglicher Art, inklusive Mega Boxenlöcher und Elektrik nach Gutsherren Art schaffen Platz für neue ebay Bewertungspunkte, denn als Neuteil ist im Innenraum fast nichts mehr erhältlich. Dazu kommt, dass die gerade bei den ersten Modellen häufig verwendeten Stoffsitzbezüge in der Regel völlig verschlissen sind oder die späteren Recaros der TopVersion GTV 6 ihren Weg in ein anderes Fahrzeug gefunden haben. Mangels Elektronik gibt es wesentlich vom Armaturenbrett Entwarnung. Bis auf den zeitweise ausfallenden Tacho (häufig ist der mechanische Geber hinüber) bereitet die Instrumentierung keine Probleme. Und auch die Elektrik gilt, soweit sie noch original ist, als standfest. Langsame elektrische Fensterheber sind ebenso normal, wie Rückleuchten im Discolook aufgrund korrodierter Masseverbindungen. Bei Langstehern lohnt auch ein Blick in den Sicherungskasten (unterhalb des Lenkrads), wo durch eine undichte Frontscheibendichtung eindringende Feuchtigkeit oftmals Nährboden für eine Blumenkohlzucht vom Feinsten ist.
In der Regel ist in Sachen Fahrwerk und Bremsen eine Komplettsanierung angesagt. 30 Jahre alte Stoßdämpfer und Fahrwerksbuchsen sorgen spätestens bei der ersten dynamischen Passfahrt für erhebliches Magengrummeln. Das gleiche gilt für die Bremsanlage mit ihren vier Scheibenbremsen. An der Hinterachse platzierte Alfa die se mittig am Getriebe, was zwar eine Reduzierung der ungefederten Massen mit sich brachte, dafür aber auch einen erhöhten Wartungs- und Reparaturaufwand. Und selbst wenn Scheiben und Beläge noch gut sind, kann immer noch der Bremssattel mit Undichtigkeiten einem die Bilanz verhageln. Vorne ist die Anlage hingegen unproblematisch. An der De Dion Hinterachse gibt es darüber hinaus nur wenig Defekte zu beklagen. Ertönen bei der Probefahrt schlagende Geräusche beim Lastwechsel sind häufig defekte Getriebehalter schuld, deren Erneuerung allerdings auch vom Laien machbar ist. Abschließend sollte man sicherstellen, dass etwaig verbaute
Sportfahrwerke in die die Papiere eingetragen sind, denn ansonsten gibt es beim TÜV die Rote Karte.
Das beste zum Schluß. Einen Alfa kauft man sich vor allem wegen dem Motor. Vier- und Sechszylinder wurden im GTV verbaut und beide machen eigentlich kaum Ärger. Die im GT der ersten Serie verbauten klassischen Vierzylinder Doppelnockenwellenmotoren (1,6, 1,8 und 2,0 Liter) wollen mit Gefühl gestartet und warm gefahren werden, regelmäßig frisches Öl haben und danken derlei Zuwendungen mit hohen Laufleistungen und ordentlicher Laufkultur. Läuft das Aggregat dagegen schon im Stand, wie der berühmte Sack Muscheln, ist mit ziemlicher Sicherheit der Flansch am Ansaugkrümmer defekt und der Motor zieht Falschluft. Da die maximal 130 PS des 2,0 Liter den schnellen Alfisti oft nicht ausreichten, findet sich im GTV auch bisweilen klassisches Motortuning wieder. Andere Nockenwellen oder Fächerkrümmer schaden im Prinzip nicht, nur sollte belegbar sein was und mit welchen Teilen gemacht wurde. Der ab Herbst 1980 erhältliche 2,5 Liter V6 mit 158 PS und einer Bosch L-Jetronic war dagegen seltener Gegenstand der Tuningbranche. Zwar ist der Alfa auch mit diesem Motor keineswegs auf den Spuren von Ferrari, doch der Alumotor macht aus dem GTV ein 218 km/h schnelle Reisecoupe mit guten Alltagseigenschaften. Vorausgesetzt die Pflege stimmt, (alle 60.000 Kilometer Zahnriemenwechsel, alle 15.000 Kilometer Ölwechsel mit 6,5 Litern) ist er gut für mehr als 200.000 Kilometer. Probleme bereitet allenfalls der hydraulische Spanner des Zahnriemens, der bisweilen leckt und den Schmierstoff im Riemenkasten zirkulieren lässt, sowie die (meist bereits ersetzten) Zylinderkopfdichtungen, deren Gummiabdichtungen nach all den Jahren in der Regel defekt sind. Spitz gelaufene Nockenwellen und defekte Bauteile der Einspritzanlage (besonders Langsteher) sind zwar nicht die Regel, lassen die Restaurationskosten aber in die Höhe schnellen.
Das gilt auch für das ausschließlich verbaute Fünfgang-Getriebe. Es ist schlicht unterdimensioniert und verschleißt seine Synchronringe schneller, als der Alfisti schalten kann. Undichtigkeiten zwischen den Gehäusehälften sowie eine anfällige und teure Zweischeibenkupplung (V6) lassen einen gefühlvollen Umgang mit der Kraftübertragung ratsam erscheinen. Läuft der Alfa bereits im Stand fühlbar unwuchtig kann die auch mit den defekten Hardyscheiben der „schnellen Welle“ im Mitteltunnel zusammenhängen. Die zweigeteilte Antriebswelle dreht mit Motordrehzahl und ist mit insgesamt drei Gummielementen entkoppelt. Reißen diese ein, ist es mit der Laufruhe vorbei und im schlimmsten Fall schert die Welle ab. Normal hingegen ist dagegen das labberige Schaltgefühl. Die langen Wege und die unexakte Führung brauchen bei der Gangwahl viel Geduld. Läßt sich der Gang kaum noch finden, ist die Führungsbuchse des Gestänges ausgeschlagen.
Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir keiner, so muss das Motto der Alfisti wohl lauten, denn vom Hersteller gibt es kaum Unterstützung in Sachen Ersatzteilversorgung. Alles, was man auf technischer Seite benötigt, kann aber relativ problemlos im Internet bestellt werden. Bei den Zier- und vor allem Karosserieteilen wird es schwieriger, denn die Vorräte an neuen Originalteilen sind aufgebraucht und Nachfertigungen werden aufgrund der geringen Nachfrage nur selten angestoßen. Ein komplettes Auto ist also für ein zeitnahes Fahrerlebnis eine unabdingbare Vorraussetzung. Kompromisse kann (und muss) man in jedem Fall im Innenraum eingehen, wo der Zahn der Zeit rund dreißig Jahre nach Produktionsende sichtbar an dem ehedem nicht besonders hochwertigen Material genagt. Wer hier auf den Kauf von Neuteilen spekuliert wird ebenfalls enttäuscht, den Alfa kann nahezu nichts mehr liefern.
Kupplungskit – Umrüstkit auf Einscheibenkupplung incl. Schwungscheibe | 800 Euro + MwSt |
Frontscheibe grün | 420 Euro + MwSt |
Zahnriemen | 40 Euro + MwSt |
Ventildeckeldichtungen | 70 Euro + MwSt |
2 x Keilriemen der Nebenantriebe | 30 Euro + MwSt |
Zahnriemenspanner – Umrüstkit auf mechanischen Spanner | 170 Euro + MwSt |
Auspuffendtopf incl.Aufhängungsringe | 173 Euro + MwSt |
Bremsscheiben hinten (2 Stück) | 80 Euro + MwSt |
Bremsbeläge hinten (ATE Bremse) | 40 Euro + MwSt |
Bremsbeläge hinten (nicht ATE Bremse) | 55 Euro + MwSt |
Als Erfüllung der italienischen Sehnsüchte von einst taugt die Alfetta GT auch noch heute. Fahrspaß, Sound und Design verleihen dem großen Coupe noch immer einen ganz speziellen Reiz. Doch, der verfliegt schnell, wenn man sich auf einen runtergerockten Billigheimer oder einen Blender einlässt. Die Ersatzteilesituation und die Reparaturkosten können dann das Projekt schnell ähnlich trostlos aussehen lassen, wie den italienischen Staatshaushalt. Wer hingegen bereit ist, rund eine fünfstellige Summe zu investieren findet gut erhaltene oder bereits teilrestaurierte Modelle aller Baujahre, bei denen auch künftig noch ein (wenn auch langsamer) Wertzuwachs zu erwarten sein wird.
Unvollständige und verrostete Billigautos kursieren für rund 3.000 bis 6.000 Euro im Netz. Ordentliche Zustände bekommt man für rund 8.-10.000 Euro und wirklich gute Autos, eventuell sogar Sondermodelle wie den Grand Prix, liegen mittlerweile darüber. Ein Niveau, was vermutlich auch in den nächsten Jahren weiter moderat anziehen dürfte, vor allem dann, wenn Alfa es nicht gelingt die Sehnsüchte der Fans nach echter italienischer Automobilfaszination wieder zu befriedigen.
Modell |
Alfetta GTV Serie I | Alfetta GTV 6 |
Karosserie: | 3-türiges Coupe, selbst tragend |
|
Motor (Benziner): | 4-Zyl.-Reihe, Viertakt, Wasserkühlung | 6-Zyl.V Motor-Viertakt, Wasserkühlung |
Hubraum (ccm): | 1.948 | 2.492 |
Leistung (PS): | 108 – 131 | 158 (150 PS mit G-Kat) |
Getriebe: | Fünfgang- Mittelschaltung, voll synchronisiert |
|
Antrieb: | Frontmotor, Heckantrieb, Trans Axle Bauweise |
|
Fahrwerk vorn: | oppelte Dreieckslenker, Drehstabfederrung, Teleskopstoßdämpfer | |
Fahrwerk hinten: | DeDion Hinterachse mit Watt Gestänge, Teleskopstoßdämpfer | |
Radstand (mm): | 2,400 | |
Spurweite vorn/hinten (mm): | 1.360/1.360 | |
Reifen: | 195/60/HR15 | |
Bremsen vorne/hinten: | Scheiben/Scheiben (hinten innenliegend) hydraulisch | |
Beschleunigung 0–100 km/h (Sek.): | 9,7 | 8,2 |
Vmax (km/h): | 194,6 | 218 |
Länge/Breite/Höhe (mm): | 4.190×1.664×1.330 | LxBxH (mm) |
Gewicht leer (kg): | 1.140 | 1.250 |
Verbrauch (l/100 km): | 13,2 | 13,6 |
Bauzeit: | 1974-80 | 1981-1986 |
Stückzahl: | gesamt alle GTV: 97.404, davon GTV 2.0 ca. 4.000 | 22.318 |
geschrieben von Sven Jürisch veröffentlicht am 07.11.2014 aktualisiert am 10.07.2020
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