Kfz-Versicherungen kalkulieren mit Telematik-Risiko

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Einer weiß immer Bescheid: die Telematik. Selbst wer allein am Steuer eines Autos sitzt, hat immer einen Begleiter dabei, der erkennt, ob der Fahrer sich bei der Fahrt an die Verkehrsregeln gehalten hat: Die Computerbox im Fahrzeug weiß schon heute, wie viele Personen im Wagen unterwegs sind. Das Airbagsystem registriert, ob der Fahrer Gas gibt oder bremst. Ähnliche Daten erfasst die ABS-Bremshilfe. Stabilitätsprogramme wie ESP messen das Tempo an jedem Rad. Je nach Modell gibt es bis zu rund 80 Steuerungssysteme, die Daten erfassen und speichern können. Künftig fließen noch mehr Informationen aus dem Auto. „Telematik“ heißt das Stichwort, mit dem Autoversicherer ins Spiel kommen.

Eine kleine Box sammelt dabei viele Daten zum Fahrverhalten. Mit der Telematik können Versicherungen für jede Strecke einen Punktwert errechnen. Vorsichtiges Fahren honoriert der Versicherer mit einem Preisnachlass. Dieses System nennt sich „Pay-as-you-drive-Tarif“. Der Preis richtet sich somit nicht mehr nach der Zahl der Unfälle mit einem Autotyp, sondern nach dem Verhalten des Fahrers.

Nach Darstellung von Stiftung Warentest können Versicherungen mit der Telematik das Risiko für jeden Kunden individuell kalkulieren. Wer vorsichtig fährt, zahlt weniger. Voll-bremsungen kosten. In Deutschland steckt die Technik noch in den Kinderschuhen, doch die Sparkassen Direktversicherung (S-Direkt) hat einen Pilotversuch mit 1000 Kunden gestartet. In den USA, Großbritannien und in Italien ist die Telematik-Technik bereits verbreitet.

Ab Oktober 2015 muss laut Vorgabe der Europäischen Union (EU) ohnehin jedes neues Auto mit einem sogenannten E-Call-System ausgestattet sein. Sie wählt bei einem Unfall automatisch über das Handynetz den Notruf 112. Die EU schätzt laut Stiftung Warentest, dass mit E-Call jährlich EU-weit 2 500 Menschenleben gerettet werden können.

Bringt sicheres Fahren bei der Versicherung wirklich Preisvorteile? Wer bei der S-Direkt bei den Fahrten über 80 Punkte erhält, bekommt nächstes Jahr fünf Prozent Rabatt. Nachzahlen muss niemand, wenn er unter diese Marke rutscht.

Vorteile könnte die Datensammlung vor allem für Fahranfänger bringen, die oft extrem hohe Beiträge zahlen. Für gestandene Fahrer halten sich die möglichen Vorteile nach Ansicht von Stiftung Warentest allerdings in Grenzen. Bei 30 Prozent Ersparnis kämen knapp 100 bis gut 150 Euro zusammen. Allerdings kostet der Telematiktarif der S-Direkt 71,40 Euro Aufpreis pro Jahr.

Die Möglichkeiten der Datensammlung und Auswertung werfen nach Ansicht von Experten aber auch viele Fragen auf. Beispielsweise nach einem Unfall vor Gericht. Ein Autofahrer nimmt an einer Rechts-vor-Links-Kreuzung einer Fahrerin die Vorfahrt und behauptet, sie trage eine Teilschuld, da sie zu schnell gefahren sei. Doch das kann er nicht beweisen. Würde das Gericht die Daten aus dem Auto der Frau anfordern, wäre ihr Tempoverstoß beweisbar und sie bekäme zumindest eine Mitschuld. Dann ergäbe sich für die Fahrerin nach Darstellung von Stiftung Warentest aber eine paradoxe Situation. Ihr Grundrecht zu schweigen, um sich nicht selbst zu belasten, würde ausgehöhlt. Ihr Auto würde sie verraten.

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