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Online-Teilehandel
Vielen Kfz-Werkstätten ist der Online-Teilehandel für Selbstschrauber ein Dorn im Auge. Das ist verständlich, denn die Betriebe verlieren dadurch potentiell Kunden. Dass die Profis aber mittlerweile selbst immer häufiger beim vertrauten Feind bestellen, könnte man spöttisch fast Ironie des Schicksals nennen.
Laut einer Untersuchung durch den Verein Freier Ersatzteilemarkt (VREI) und der Strategieberatung 2hm & Associates GmbH ist der Anteil gewerblicher Kunden am Umsatz der Internet-Händler seit 2012 von einem Drittel auf fast die Hälfte angestiegen. Und ein Ende dieses Aufwärts-Trend im sogenannten „B2B“-Geschäft sei nicht absehbar: „Die Zeiten, in denen vorrangig private Autofahrer und Do-it-Yourself Kunden bei den Onlineshops Kfz-Teile einkaufen, scheinen vorbei zu sein“, ist in der Studie zu lesen.
Da denkt der Otto-Normal-Autofahrer doch automatisch an die Predigt seines Händlers an der Ecke: Man müsse Internet-Unternehmen meiden; wegen der Sicherheit der Arbeitsplätze und auch weil sie einfach nicht die Qualität der „wirklichen“ Fachleute liefern können. Aber Anspruch und Wirklichkeit scheinen hier doch weit auseinander zu klaffen. Die Studie jedenfalls sieht in den immer intensiveren Geschäftsbeziehungen von Werkstätten und den Online-Teilehändlern ein klares Signal für die zunehmende Professionalisierung der Shops. Die Portale stellen sich demnach „mit vielfältigen Maßnahmen auf diese zwar anspruchsvolle, aber auch lukrative Käufergruppe ein“. Bestes Beispiel: Derzeit bieten rund drei Viertel der Onlineshops ihren Kunden mengen- und frequenzabhängige Käuferrabatte an. Und dabei handle es sich um ein Instrument, „welches genau wie im klassischen Offline-Handel zur Kundenbindung genutzt wird und ein professionelles Kundenmanagement-System voraussetzt“. Und welcher noch so vorausschauende Privat-Schrauber kauft schon zehn neue Auspuff-Endtöpfe für den Opel Astra oder Nissan Qashqai, ohne zu wissen, ob er sie auch gebrauchen kann.
Ein weiterer Grund für die wachsenden Geschäftsbeziehungen von Werkstätten liegt auf der Hand: der Preis. Und hier hat der Online- gegenüber dem Offline-Handel klar die Nase vorn und die vorhandene Kluft wächst sogar noch an. Der gestiegene Wettbewerb führte laut der Untersuchung im Vergleich zum Jahr 2012 zu einer Erhöhung der Preisdifferenz gegenüber dem Offline-Handel auf 21 Prozent. „Für die Werkstätten bot sich mit dem Online-Bezug von Kfz-Teilen die Chance eine höhere Marge zu erzielen“, schreiben die Experten. Weitere Vorteile seien ein breiteres Angebot im Vergleich zu regionalen Teilehändlern und ein einfacher und bequemer Bestellvorgang.
Und was wird im Online-Teilehandel am häufigsten bestellt? Antwort: Einfache und häufig benötigte Verschleißteile wie Motor-Öle, Bremsscheiben und Bremsbeläge, Scheibenwischer und Zündkerzen. Der Anteil an technisch komplexen Produkten, die hauptsächlich durch Werkstätten eingebaut werden, liegt laut VREI und 2hm & Associates dagegen unter einem Prozent. Und hier zeigt sich dann doch, wer die „wahren Profis“ sind. Denn wenn der Werkstattleiter vor zwei Jahrzehnten Probleme mit einem Bauteil hatte, fuhr er zum lokalen Teilehändler und bekam häufig die erhellende Erklärung. Beipackzettel vom Online-Händler können das nicht.
Das Fazit der Studie: Die Verfasser raten dem traditionellen Kfz-Groß- und Einzelhandel schnellstens über Zukunftsstrategien nachzudenken. Und zwar in der Form, dass sie die dringende Notwendigkeit nach einer Mehr-Kanal-Strategie im Handel realisieren, „um die Herausforderungen durch die Digitalisierung zu bewältigen und dabei zu überleben“. Mit anderen Worten: Passt euch an oder sterbt aus. Vielleicht wäre es aber auch keine schlechte Idee, wenn Werkstätten für eine Bremsscheibe ein paar Euro mehr ausgeben und damit das, was sie von ihren Kunden fordern auch selbst umsetzen: die regionale Wirtschaft unterstützen.
geschrieben von MID veröffentlicht am 11.02.2016 aktualisiert am 16.02.2016
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