Kolumne: Die Entdeckung der Langsamkeit

Wer jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit im Stau steht, macht sich schon mal Gedanken darüber, warum denn wieder alles steht. Ist es wieder ein Unfall, die neue Baustelle, Personen auf der Fahrbahn oder einfach nur jemand, der nicht wagt, mit seinem Smart einen Lkw in der Baustelle zu überholen und dennoch auf der linken Spur bleibt. Wer das jeden Morgen mitmacht, weiß, dass an dem abgewandelten Spruch „Vor Gott und in einem Stau sind alle Menschen gleich“ etwas dran ist.

Doch so ein Stau hat auch etwas Beruhigendes. Bei völligem Stillstand kann man schnell mal die Tageszeitung studieren, die ersten Mails lesen oder mit dem mitfahrenden Nachwuchs spielen. Baustellen gewinnen im Stau einen völlig neuen visuellen Reiz. Nicht, weil der nette baltische Bauarbeiter seinen trainierten Bierbauch zwei Meter neben uns in die Sonne hält. Sondern weil so auch der tägliche, na gut, wöchentliche Fortschritt solch einer Baustelle live mit verfolgt werden kann. Streckenabschnitte, an denen normalerweise vorbei gesaust wird, werden auf Besonderheiten hin untersucht. Dann kommen Fragen auf wie: „Wie ist es möglich, dass hier Pflanzen wachsen und in meinem Garten geht immer alles sofort ein?“ oder „Dieses Graffiti an der Schallschutzwand ist ja richtig hübsch. Wer das wohl war?“.

Interessant ist auch, wer am Ende wohl die schnellere Fahrspur gewählt hat. Ist es der gestresste Familienvater, der sich durch ständige Spurwechsel einen Vorteil erhofft? Oder ist es die junge Studentin, welche sich zwischen den dicken Brummis auf der rechten Spur ihren Lidstrich nachzieht? Die meisten kommen wohl zu dem Schluss, dass es eigentlich völlig egal ist, es sich aber auf der rechten Spur viel entspannter fahren lässt, da die Lkw-Fahrer – so sehr man auch über sie herziehen mag – einen besseren Überblick haben und konstanter fahren. Und mit dem Ende des Staus – wie an jedem Morgen – schützt das schlechte Kurzzeitgedächtnis vor einer neuen Streckenfindung für den Folgetag. Soll heißen, das automobile Schlangestehen wird einfach vergessen. Am nächsten Morgen heißt es dann nämlich wieder: Augen auf, ersten Gang rein und ab in den Stau!

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