Kommentar: EU-Straßenkampf: “Wie Du mir – so ich Dir!“

Eine deutsche Autobahn im Brandenburgischen. Baustelle! Engstelle. Schilder hatten dazu aufgefordert, das Tempo auf 120, dann auf 100 und schließlich auf 80 km/h zu drosseln.

Doch regelmäßig erleben lässt sich das: Während offensichtlich alle Motorisierten, die den Bauabschnitt passieren, das Tempolimit annähernd einhalten, rauschen an ihnen deutlich schnellere Pkws vorbei – in aller Regel mit polnischem Kennzeichen. Solche mit deutschem Kennzeichen bleiben eher die Ausnahme. Bei polnischen Pkw-Lenkern scheint das Ignorieren von Tempolimits zum Standard-Repertoire ihrer Fahrkünste zu gehören.

Sie können offensichtlich davon ausgehen, dass ihnen die zähe EU-Amtsbürokratie hinreichend garantiert, in Deutschland weder aufgestellte Blitzer noch nachfolgende Geldbußen befürchten zu müssen. Anders lässt sich die auffällige Ignoranz gegenüber Tempolimits nicht erklären. Dabei war schon vor drei Jahren auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar die Rede davon, dass ein EU-Beschluss zur Vollstreckung von Bußgeldbescheiden im Ausland noch 2007 umgesetzt werde. Damals machte das Bekenntnis die Runde, dass „allein in den neuen Bundesländern in den vergangenen Jahren mehr als 100.000 Geschwindigkeitsübertretungen durch Fahrer mit ausländischen Kennzeichen ohne Sanktion blieben“. Selbst wenn je Fall nur zehn Euro kassiert worden wären, hätte sich eine beachtliche Einnahme ergeben, die etwa der Instandhaltung von Straßen recht gut bekommen wäre.

Inzwischen aber gibt es Anlass, weit Ärgerlicheres befürchten zu müssen. Bahnt sich doch bei Polizeikontrollen von Nachbarländern eine Art Wettbewerb an. Motto: „Wie Du mir – so ich Dir!“ Tschechien beklagt, dass die deutsche Polizei im grenznahen bayerischen Raum zunehmend „erniedrigende“ Drogenkontrollen bei tschechischen Kraftfahrern vornehme. Wissen muss man, dass in Tschechien neuerdings selbst der Besitz größerer Mengen Rauschgift nicht mehr unter Strafe steht. Berichtet wird, dass Autofahrer, die auf Deutscher Seite in eine solche „willkürliche Kontrolle“ gerieten, sogar gezwungen würden, „auf offener Straße in ein Glas zu urinieren“.

Prompt kocht der Ärger darüber hoch. Inzwischen befasst sich auch die Regierung Tschechiens mit dem Thema. Und es werden Stimmen laut, die drastische Gegenmaßnahmen für die richtige Antwort halten; verschärfte Verkehrskontrollen in Tschechien etwa, die sich vor allem deutschen Autofahrern widmen. Als Scherz verkaufte der frühere Ministerpräsident Topolanek seinen Vorschlag, beispielsweise die Fahrer deutscher Nobelkarossen, die regelmäßig als Sextouristen in tschechischen Bordellen absteigen, etwa auf Geschlechtskrankheiten zu untersuchen. Ganz so lustig, wie es klingen mag, ist das nicht.

So gesehen sind Autofahrer aus Nachbarländern, die Tempolimits in Deutschland offenbar noch immer ungestraft ignorieren können, wohl eher das kleinere Übel angesichts der offensichtlich erheblichen „atmosphärischen Spannungen“ beiderseits der Grenzen zwischen Deutschland und Tschechien. Die so oft beschworene EU-Harmonie hat man sich eigentlich anders vorgestellt.

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Gast auto.de

März 4, 2010 um 8:03 pm Uhr

Typisch Deutschland!
Unglaublich peinlicher Aktionismus. Der Umgang mit Drogen war hier in Tschechien schon vor der Gesetzesänderung liberaler. Mir ist nicht aufgefallen, das jetzt mehr Drogen konsumiert werden. Außerdem sollte man mal über die Tatsache nachdenken, das hier in Tschechien sogar eine 0,0 Promille Grenze gilt und Drogen im Straßenverkehr auch nicht zugelassen sind. Verkehrsteilnehmer die sich nicht an Regeln halten, gibt es in Deutschland genauso wie in Tschechien!

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