Er wäre eine hervorragende Wahl gewesen. Das meinte auch die überwiegende Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, denen der Slowake Maroš Šefčovič Ende September als designierter EU-Kommissar, zuständig für Verkehr, Transport und Raumfahrt, drei Stunden lang in vier verschiedenen Sprachen Rede und Antwort stand. Wie die „Deutsche Verkehrszeitung“ danach berichtete, waren die meisten Volksvertreter der Meinung, dass „Šefčovič nach eineinhalb Wochen Einarbeitung mehr Sachkenntnis als sein Vorgänger Siim Kallas nach fünf Jahren" bewiesen habe.
Unter ihm hätte der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt mit seinen Mautplänen und damit zur Rückeroberung des Luftraums über bayerischen Stammtischen seine liebe Not gehabt. Hatte doch Maroš Šefčovič bereits beim Hearing wissen lassen, dass eine einseitige Belastung ausländischer Autofahrer auf deutschen Straßen mit ihm nicht zu machen sei und er im Übrigen, wenn überhaupt, dann eine nach Kilometern und nicht nach Zeit gestaffelte Maut bevorzuge.
Bei der Österreicherin Claudia Schmidt, Verkehrssprecherin der ÖVP im Europäischen Parlament und ausgewiesene Gegnerin deutscher Mautpläne stieß der Slowake damit auf offene Ohren: „Šefčovič hat klar zu verstehen gegeben wie absurd es ist, dass man sich bei einer Autofahrt durch die EU die Windschutzscheibe mit immer neuen Vignetten und Pickerln vollpflastern muss." Der Austria Presse Agentur diktierte Frau Schmidt ins Notizbuch: „Der neue Kommissar wirkt engagiert und kennt das System, ich hoffe er behält seinen Elan bei. Er hat die realistische Chance einen einheitlichen europäischen Verkehrsraum bis 2020 zu schaffen. Dazu gehört auch, dass Barrieren eingerissen werden. Wenn mit Deutschland ein weiteres Land ein zusätzliches Maut-System einführt, dann werden andere Länder nachziehen und wir bewegen uns rückwärts."
Doch jetzt sind die Karten wieder neu gemischt. Nachdem die Slowenin Alenka Bratušek als potenzielle Kommissarin für Energie bei ihrer Vorstellung im europäischen Parlament aufgrund verblüffender Unkenntnis der Materie mit Pauken und Trompeten durchgefallen war, setzte Jean-Claude Juncker, neuer Präsident der EU-Kommission, kurzerhand Maroš Šefčovič an deren Stelle. Für das Verkehrsressort berief er die 50jährige Slowenin Violeta Bulc, eine Dame mit merkwürdigem Hintergrund. Die studierte Elektrotechnikerin und Unternehmerin mit Hang zur Esoterik war einst Mitglied der jugoslawischen Basketball-Nationalmannschaft, betreibt in ihrer Freizeit Taekwondo, hat in dieser Sportart den schwarzen Gürtel und besitzt laut Selbstauskunft die Gabe, über glühende Kohlen laufen zu können. Außerdem ließ sie sich im schottischen Hochland zur Schamanin ausbilden. Ob sie mehr als einen blassen Schimmer von ihrem zukünftigen Arbeitsbereich hat, ist unbekannt.
Es sei „eine Farce", dass eine Person, die in ihrem ganzen Leben noch nie politisch mit Verkehrsthemen befasst gewesen sei, so eine komplexe Materie bis Montag beherrschen solle, ereiferte sich der Chef der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Herbert Reul. Dann nämlich muss sie sich sozusagen als zweite Wahl dem Examen vor dem Europäischen Parlament unterziehen. Man darf gespannt sein, wie das ausgeht.