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Da ist er wieder, plötzlich und unvorhersehbar: der Schmierfilm auf den Schienen. Gegen das herbstliche Schreckgespenst der deutschen Bahn scheint kein Kraut gewachsen zu sein. Jedes Jahr sucht die seifige Mischung aus Laub, Nässe und Schmutzpartikeln die Fahrtwege der Bahn heim, bringt Züge ins Stocken und sorgt fleißig für Verspätungen. Und obwohl das natürliche Phänomen mit alljährlicher Routine auftaucht, wird die Bahn immer wieder davon überrascht.
Bahnfahrer hingegen nicht. Müde und schulterzuckend stehen sie an den Bahnsteigen und leben mit den Verspätungen. Sie kennen den vermeintlichen Überraschungsgast längst. Er kündigt sich durch die bunt gefärbten Blätter an den Bäumen an. Fallen die Blätter zu Boden, weiß der routinierte Zugreisende, dass sie sich als bald mit anderen Elementen zu einem schmierigen Belag vereinen und das jährlich wiederkehrende Verspätungsspiel erneut einsetzt. Die Bahnfahrer wissen auch, dass sie dann lieber Schuhe mit mehr Profil als bisher tragen, um nicht auf Fußwegen auszurutschen. Andere stehen früher auf, um pünktlich am Bahnhof zu sein, und wieder andere entwickeln eine etwas andere Lauftechnik für einen weiterhin sicheren Gang. Aber sie alle reagieren irgendwie, so wie die Pflichtbewussten, die vor der Haustüre das Laub zusammenkehren und so die Rutschgefahr für sich und andere mindern.
Doch davon scheint das große Unternehmen in der Transport- und Personenbeförderungsbranche nichts annehmen zu wollen, sondern ignoriert schlicht die Jahreszeiten und konterkariert damit den eigenen alten Werbeslogan: „Alle reden vom Wetter. Wir nicht.“ Im Herbst 1966 warb die Deutsche Bundesbahn damit – damals als es noch kaum Verspätungen gab und anscheinend auch keinen Schmierfilm.
geschrieben von auto.de/(kosi/mid) veröffentlicht am 05.11.2010 aktualisiert am 05.11.2010
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