Le Mans 2012: Die Hybrid-Herausforderung

Wenn demnächst 44 Rennfahrzeuge in vier Klassen zum ersten Mal im fliegenden Start über die Start- und Ziellinie in Le Mans jagen, wird der Langstreckenklassiker einmal rund um die Uhr wieder Motorsport– und Technikgeschichte schreiben. Die 80. Ausgabe des 24-Stunden-Rennens steht im Zeichen des großen Duells zwichen den Werkteams von Toyota und Audi. Denn beide Wettbewerber werden mit jeweils zwei Hybrid-Fahrzeugen das Rennen bestreiten.

„Win on Sunday, sell on monday“ heißt ein altes Sprichwort aus dem amerikanischen Motorsport: Am Sonntag gewinnen und am Montag Serienautos verkaufen. Diese Regel haben sowohl Audi wie Toyota verinnerlicht. Nachdem die Ingolstädter ab 2006 auf ihre TDI-Technik auch in Le Mans eingesetzt haben, erhielten die Dieseldirekteinspritzung in den Premiumautos quasi den Ritterschlag. Toyota als Pionier der Hybridtechnik sieht den Imagetransfer genauso. Wenn sich der TS030 mit dem doppelten Antrieb in Le [foto id=“410021″ size=“small“ position=“left“]Mans bewährt, beflügelt das die Akzeptanz und die Nachfrage der Serienautos mit Hybridantrieb. Da inzwischen auch Audi Fahrzeuge mit der „Kraft der zwei Herzen“ anbietet, wollen sich die Ingolstädter dem Wettbewerb 2012 auch mit zwei Hybridautos stellen.

Sinn des Hybridantriebs ist es bekanntlich, mehr von der im Kraftstoff gebundenen chemischen Energie in Bewegungsenergie umzusetzen, was mit den herkömmlichen Antrieben nicht möglich ist. Beim Langstreckenrennen bietet sich mit der Hybridtechnik die Chance, beispielsweise eine Runde länger mit einer Tankfüllung zu fahren. Bei den Sportprototypen der Klasse LMP 1, in der Toyota und Audi antreten, ist der Tank auf 80 Liter Volumen begrenzt. Eingesparte Tankstopps addieren sich in den 24 Stunden zu mehreren Minuten. Und die können am Ende für die Entscheidung das Zünglein an der Waage bringen. 2011 trennten den siegreichen Audi vom zweitplatzierten Peugeot am Ende 13 Sekunden. Angesichts von etwa 4 835 Kilometer Renndistanz ist [foto id=“410022″ size=“small“ position=“right“]das weniger als ein Kilometer.

Für den Renneinsatz mussten die Techniker bei Toyota und Audi ihre Hybridantriebe in einem wesentlichen Punkt zur Serie verändern. Zur Speicherung der beim Bremsen zurückgewonnen Energie kommt aus Gewichtsgründen keine Batterieeinheit in Frage. Zumal im Rennen die einzelnen Brems- und Beschleunigungsvorgänge viel extremer als im Straßenverkehr ausfallen und vor allem schneller aufeinander folgen. Toyota setzt auf ein System, das mit Kondensatoren arbeitet. Es sitzt für die optimale Gewichtsbalance des Rennwagens auf der Höhe des Beifahrerplatzes, den das Reglement für Le-Mans-Fahrzeuge immer noch festschreibt. Audi vertraut dagegen auf ein System, das mit einem Schwungrad arbeitet. Beide Lösungen erlauben die schnelle Aufnahme extremer Bremskräfte und die rasche Abgabe an den Elektromotor, der den Verbrenner beim Beschleunigen unterstützt.

Bei den Verbrennungsmotoren schlagen Bayern und Japaner wieder ganz unterschiedliche Wege ein. Toyota setzt beim TS030 auf einen V8-Benzinmotor mit 3,4 Litern Hubraum. Audi vertraut beim „R 18 e-tron“ auf den 2011 siegreichen V6-Diesel-Dierekteinspritzer mit 3,7 Litern Hubraum. Beide Hersteller [foto id=“410023″ size=“small“ position=“left“]hüten die präzisen Leistungsdiagramm als strenges Geheimnis, können in beiden Fällen aber mit Leistungsangaben von „über 275 kW/510 PS erklärtermaßen leben.

Die Frage nach dem optimalen Einsatz des zusätzlichen Elektroantriebs hat bislang nur Audi zweifelsfrei beantwortet. Der R 18 e-tron nutzt den elektrischen Antrieb für die Vorderachse. Damit verfügen die Ingolstäder über einen Allradantrieb, der auf das Konzept des Quattro-Pioniers zugeschnitten ist. Toyota hat sich dagegen bislang beide Optionen offengelassen, einmal mit dem Elektromotor den Hinterantrieb zu unterstützen oder auch einen zusätzlichen Vorderradantrieb zu betreiben. Beide Systeme befinden sich in der Erprobung.

Sowohl Toyota als auch Audi wollen jeweils zwei Hybrid-Fahrzeuge in Le Mans an den Start bringen. Audi wird jedoch ganz auf Nummer sicher gehen und noch zwei herkömmliche R 18 einsetzen. Dabei handelt es sich um das Siegerfahrzeug von 2011.

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