Le-Mans-Countdown, Teil 14: „Final countdown“

Die Uhr tickt, vom Start zum 24-Stunden-Rennen in Le Mans trennen Fans und Fahrer nur noch wenige 24 Stunden. In seinem „Final countdown“, dem 14. und letzten Teil seiner Kolumnen-Reihe, lässt Tom Kristensen die Tage vor dem großen Rennen Revue passieren, ehe er am 12. Juni um 15 Uhr mit seinen Teamkollegen Allan McNish und Dindo Capello im Audi R15 TDI mit Startnummer 7 auf den 13,629 Kilometer langen Kurs geht.

„Es ist so weit: Am Sonntagnachmittag treffe ich mich mit meinen Teamkollegen Dindo und Allan in Paris, von wo wir gemeinsam nach Le Mans weiterreisen werden. Wir werden die ganze Woche über gemeinsam zur Strecke und zurückfahren. Das stärkt den Teamgeist, allerdings würde Dindo die Strecke ohne uns wohl auch nicht finden …

Spaß beiseite: Teil 14 meines Le-Mans-Countdowns ist nun also der ‚Final countdown’. Die Zahl 14 passt ganz gut, denn ich fahre in diesem Jahr zum 14. Mal die 24 Stunden von Le Mans. 14 lässt sich durch meine Lieblingszahl 7 teilen. Und Allan, Dindo und ich haben in diesem Jahr die Startnummer ‚7’ auf unserem Audi R15 TDI. Wenn das kein gutes Omen ist!

Von Leuten, die noch nie in Le Mans waren, werde ich immer wieder gefragt, was wir dort eigentlich eine ganze Woche machen. Das Rennen beginnt schließlich erst am Samstag. Eines vorweg: Langweilig wird es in Le Mans keinem. Wir haben jeden Tag ein volles Programm. Und mit jedem Tag baut sich mehr Spannung auf, bis am Samstag um punkt 15 Uhr der Start des Rennens erfolgt.

Wenn ich in Le Mans ankomme, merke ich sofort die spezielle Atmosphäre und den Mythos um diese französische Stadt. Wir Audi-Fahrer wohnen übrigens traditionell im Hotel Concordia in der Innenstadt.

Der erste wichtige Programmpunkt ist die Technische Abnahme am Montag. Wobei die Bezeichnung ‚Technische Abnahme’ nur einen Teil dessen beschreibt, was dort stattfindet. Auch unsere persönliches Equipment wird überprüft: der Helm, die Handschuhe, die Overalls. Natürlich müssen wir auch unsere Lizenzen vorzeigen. Und es handelt sich auch um eine Teampräsentation. Es sind immer unheimlich viele Fans, Journalisten und Fotografen dort. Das heißt: viele Autogramme, Fotos, Interviews und Vorstellung aller Fahrerteams auf der Bühne.

Unsere ‚Freunde’ von Peugeot sind bereits am Sonntag bei der Technischen Abnahme. Weil ein Teil unserer Le-Mans-Mannschaft direkt vom DTM-Rennen auf dem EuroSpeedway Lausitz kommt, hat Audi einen der letzten Slots am Montag erhalten.

Vor dem Abendessen werde ich dann noch eine komplette Runde mit dem Mountainbike auf der Rennstrecke drehen – gerne in Begleitung einiger Teamkollegen und Techniker.

Den Dienstag nutzen wir dazu, unsere Schlafcontainer im Fahrerlager zu beziehen, einzurichten und unsere Ausrüstung vorzubereiten, vor allem die Helme. Um 11 Uhr gibt es die offizielle Fahrerbesprechung, um 17 Uhr eine Autogrammstunde in der Boxengasse. Danach geht’s zum zweiten Mal mit dem Mountainbike über die 13,629 Kilometer lange Rennstrecke – wie am Montag.

Während der Le-Mans-Woche gibt es für die Fans ganz viele Gelegenheiten, ganz nahe an uns Fahrer heranzukommen. Das gilt auch für die Journalisten. Audi organisiert in der Team & Media Hospitality im Fahrerlager, übrigens die Red-Bull-Energy-Station aus der Formel 1, von Dienstag bis Donnerstag jeden Tag ein ‚Meet the team’, bei dem wir den Medien Rede und Antwort stehen. Und natürlich gibt es auch darüber hinaus eine Menge Interview-Termine.

Der Mittwoch beginnt für uns Fahrer mit einem späten Frühstück in der Team-Hospitality, dem um 11 Uhr das erste Technischen Meeting folgt. Dabei erfahren wir, welches Programm für die Trainingssitzungen vorgesehen ist, zum Beispiel in Bezug auf Reifen, Aerodynamik und Stoßdämpfereinstellungen. Auch der Wetterbericht für die nächsten Tage ist in diesen Sitzungen immer ein Thema.

Bei Audi ist es üblich, die Arbeit auf die drei Fahrzeuge zu verteilen, um möglichst viele Daten und Know-how für das Rennen zu haben. Die Startpositionen sind für uns nur nebensächlich. Zudem müssen alle drei Fahrer bei Dunkelheit mindestens drei Runden fahren, um sich für das Rennen zu qualifizieren.

Am Mittwoch stehen insgesamt sechs Stunden auf der Strecke zur Verfügung, am Donnerstag vier. Macht insgesamt zehn Stunden. Das klingt viel, ist es aber nicht, denn in Le Mans gibt es während des Jahres ja keine Testgelegenheiten (siehe letzter Countdown).

Die Pausen zwischen den Trainingssitzungen sind für uns mit weiteren Technischen Meetings teamintern gefüllt. Zwischendurch bleibt höchstens noch Zeit für einen schnellen Teller Pasta oder Yoghurt mit Banane.

Mittwochabend und Donnerstagabend wird jeweils bis Mitternacht trainiert. Auch danach finden noch kurze Technische Meetings statt, sodass wir nie vor 1.30 Uhr ins Bett kommen – und das mit Adrenalin im Blut, was nicht optimal ist … Deshalb kommen wir am Donnerstag und am Freitag auch erst etwas später zur Rennstrecke.

Am Freitagvormittag wird im Bus von Audi Sport die Strategie für das Rennen besprochen. Um 12 Uhr schaue ich traditionell am größten dänischen Campingplatz vorbei, wo sich halb Dänemark trifft. Um 14 Uhr beginnt die offizielle Audi-Pressekonferenz in der [foto id=“302851″ size=“small“ position=“right“]Audi Racing Arena, zu der in der Regel rund 300 Journalisten erscheinen. Von dort geht es mit einem Shuttlebus direkt zur Fahrerparade in der Innenstadt von Le Mans, bei der wir mit historischen Fahrzeugen unterwegs sind und die wie ein Festival vor Tausenden begeisterter Zuschauer stattfindet. Bei dieser Parade spürt man hautnah, wie groß die Begeisterung und Leidenschaft der Fans für dieses legendäre Rennen ist. Der Freitag klingt dann mit einem gemeinsamen Abendessen aller Fahrer aus. Anschließend gehen wir möglichst früh schlafen, denn das Warm-up beginnt am Samstag bereits um 9 Uhr.

Von da an jagt ein Termin den anderen ehe um 15 Uhr vor über 200.000 Zuschauern rund um die Strecke endlich der Start des Rennens erfolgt. 24 Stunden später wissen wir, wer die 78. Auflage der 24 Stunden von Le Mans gewonnen hat, und ob wir am Abend in der Audi Racing Arena einen Grund für eine große Party haben – so wie zuletzt 2008, als bis in die frühen Morgenstunden gefeiert wurde. Und wer am Montag auf der Titelseite aller bedeutenden Tageszeitungen der Welt zu finden ist.

Ich hoffe, ich konnte in den letzten Wochen ein paar interessante Hintergründe zu den 24 Stunden von Le Mans vermitteln und würde mich über viele fest gedrückte Daumen sehr freuen. Wenn Sie ein iPhone, ein iPad oder einen iPod touch haben, erhalten Sie während der Le-Mans-Woche übrigens alle aktuellen Informationen über die kostenlose App ‚Audi Sport’.“

Ihr Tom Kristensen

PS: Ohne Audi keine Gaudi!

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