Steve McQueen
Steve McQueen wuchs in sehr einfachen Verhältnissen unterhalb der Armutsgrenze auf. Er war ein Straßenkind. Mit Autos hatte der Blondschopf zunächst nichts am Hut: Motorräder waren seine Leidenschaft. Schon bald fuhr er erfolgreich Rennen. Das prägte sein späteres Leben. „Steve McQueen besaß eine außergewöhnliche Sammlung von Motorrädern“, weiß Ickx. Der Rennsport ließ den Schauspieler fortan nicht mehr los. So kam es zum legendären 12-Stunden-Rennen in Sebring. McQueen gewann vor etablierten Profis wie Mario Andretti mit einem Vorsprung von 23 Sekunden. „Bei so einem Rennen sind 23 Sekunden nichts. Es zeigte aber, dass Steve außergewöhnlich talentiert war, Autos am Limit zu bewegen“, lobt Jacky Ickx.
So war es keine Überraschung, dass McQueen wenig Probleme hatte, einen Porsche 917 im Grenzbereich zu kontrollieren. Dieses Auto galt damals als schnell, innovativ und schwer zu beherrschen. Jacky Ickx erinnert sich: „Ich testete mit Mercedes auf der Nordschleife. Auf der Südschleife erprobte Porsche unter Aufsicht von Ferdinand Piëch den 917. Am Steuer saß Kurt Ahrens. Er gehörte damals zu den stärksten Fahrern. Die Ingenieure fragten, ob ich Lust hätte, ein paar Runden mit dem 917 zu drehen – heute wäre so etwas undenkbar. Natürlich nahm ich dieses außergewöhnliche Angebot an.“ Eine gehörige Portion Respekt für das Auto und die Fähigkeiten des Braunschweigers Kurt Ahrens, diesen Boliden zu kontrollieren, konnte Jacky nach seinen zwölf Testrunden attestieren. „Kurt hat geschwitzt, als er aus dem Wagen stieg. Ich war klitschnass.“
Das Duell zwischen Piëchs Porsche 917 und Ferrari stand im Focus des Films „Le Mans“. Mehr als 60 Prozent der Handlung sind Rennszenen. Dialoge? Wenig. Darum war der Streifen seinerzeit mäßig erfolgreich. „Heute ist er ein Mythos, denn Steve McQueen hat es geschafft, einen kompromisslos an der Realität orientierten Film zu produzieren“, sagt Jacky Ickx mit einem schelmischen Grinsen. Der Belgier war einer von vielen Profis, die bei den wochenlangen Dreharbeiten im Cockpit saßen. „Steve war ein Perfektionist“, wirft der ehemalige Rennfahrer einen Blick auf die Arbeit mit der Hollywood-Legende. Oft mussten Szenen immer wieder neu gedreht werden. „Manchmal fuhren wir den ganzen Tag, immer wieder die gleichen Streckenabschnitte. Noch häufiger mussten wir einfach nur warten, weil der Kurs – entgegen des Drehbuchs – abgetrocknet war. Die zuvor aufgetragene Nässe war verdunstet“, erzählt Ickx und fügt grinsend an: „Professionelle Rennfahrer warten eben nicht gerne.“
Er erinnert sich aber gerne an die Arbeit mit McQueen. Er sei ein ganz normaler Mensch ohne Allüren gewesen. „Wir unterhielten uns wie normale Menschen auf Augenhöhe“, bestätigt der 71-jährige Belgier eine überraschende Begegnung mit dem Hollywood-Star auf einer französischen Landstraße. „Wir kamen uns unverhofft entgegen, grüßten und hielten spontan an“, fängt Ickx an zu erzählen. „Zu dieser Zeit fuhr ich einen Porsche Targa. Es war das gleiche Modell, mit dem McQueen an diesem Tag unterwegs war, und wir tauschten uns mehr als 20 Minuten aus, fachsimpelten über Technik, Details und den Heck-Scheibenwischer meines Porsche. Wir fragten uns, ob dieses Bauteil wohl auch an McQueens Porsche passen würde. Bis heute erinnere ich mich genau an das Bild: Da stand er an seinem Auto – Lederjacke, die typische Sonnenbrille, die unverkennbaren Gesichtszüge. Er war ein offener Mensch.“
Heute sind es Porsche und Audi, die um den prestigeträchtigen Titel fahren. Im vergangenen Jahr holten die Zuffenhausener einen Doppelsieg. Die Expertenmeinungen variieren, wie es wohl 2016 ausgehen wird. Sicher ist: Jacky Ickx wird an den Ort seiner größten Erfolge zurückkehren, um zu sehen, ob Audi die Revanche auf dem Circuit de la Sarthe in Le Mans gelingt.
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