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BMW
Abfall ist in nachhaltigen Zeiten nicht mehr einfach Müll sondern Rohstoff. Das gilt auch in der Autoproduktion. Während man allerdings Blech oder Eisenteile einfach einschmelzen kann, ist ausgerechnet das Recycling von besonders leichten und haltbaren Hightechteilen keine leichte Aufgabe. Die Karosserie des Ende nächsten Jahres startenden Citystromer BMW i3 besteht aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK). Hergestellt wird sie aus vielen Lagen Kohlefaser-Gewebe.
Beim Zuschnitt der Hightech-Textilien aus Kohlenstoff fallen Zuschnittreste an. Bislang wurden diese nicht verwertet, weil der Umgang mit den Fasern zu kompliziert und damit auch zu teuer war. Andererseits ist es jedoch zu schade, das teure Material einfach zu entsorgen, zumal künftig wohl immer mehr Fahrzeuge mit CFK hergestellt werden. BMW hat nun aus dem Abfallmaterial sehr leichte Bauteile entwickelt, die bald in Großserienautos zu finden sein werden.
So ersetzen Carbon-Fasern beispielsweise bei einer Rücksitzbankschale die bisher eingesetzten Glasfasern und reduzieren das Gewicht um ein Viertel auf 1,7 Kilogramm. Noch drastischer ist der Leichtbau bei der speziellen Motorhaube für einen M3, wo der Materialverbund – Kohlefaser, Nomex-Waben, Kunststoff – das Bauteil gegenüber Stahl um fast zwei Drittel auf 7 Kilogramm abspecken lässt.
„Wann das in Serie geht, ist noch nicht absehbar“, sagt Dirk Fleischer aus der BMW Karosserieentwicklung. „Auch haben die Fertigungsverfahren noch zu lange Zykluszeiten – und insgesamt ist das Bauteil deutlich teurer.“ Dennoch dürfte BMW das in den Griff bekommen. Leichtbau ist eine Stellgröße bei der Verbrauchsminderung und keiner, der Kohlefaser-Gewebe verarbeitet, wird es sich erlauben können, verwertbare Zuschnittreste der teuren Hightech-Textilien nicht zu nutzen – auch weil die Faser es in sich hat.
Kohlefaserbauteile sind fast halb so schwer wie welche aus Aluminium, gegenüber Stahl sogar fünf Mal leichter. Sie verformen sich bei Wärme nur gering oder gar nicht und bieten extreme Festigkeit. Ihre Dauerfestigkeit bei dynamischer Belastung ist hervorragend. Die Kohlefaser selbst wird aus der Kunststofffaser Polyacrylnitril (PAN) [foto id=“439568″ size=“small“ position=“right“]gewonnen, die bei Temperaturen bis 1.500 Grad Celsius verkohlt wird. Die Hightech-Faser hat einen Kohlenstoffanteil von 96 bis 98 Gewichtsprozenten und wird zu Gewebe, Vlies, Bänder und Bündel aus Endlosfasern verarbeitet. Trotz hoher Kosten ist CFK bei Automobilingenieuren der Stoff für Leichtbauträume, im Flugzeugbau dagegen Stand der Technik.
Vom klassischen Materialleichtbau spricht Karosserieentwickler Fleischer bei den neuen CFK-Patchwork-Bauteilen Rücksitzbankschale und Motorhaube. „Beim Zuschneiden der Kohlefaser-Gewebe und -Vliese fallen Reste an, die wir wieder aufbereiten, gekürzt zu Vliese aufarbeiten und für das neue Bauteil in Form bringen.“ Die so gewonnenen Sekundär-CFK-Vliese aus mehreren Lagen haben die Bahnbreite des Bauteils und werden als „Prepregs“ verarbeitet, die englische Kurzform für mit Epoxidharz und – härter vorimprägniertes Gewebe.
Was Entwickler Fischer aufzeigt, ist zwar noch nicht industrialisiert, doch Leichtbau vom Feinsten. Im Aufbau der „Patchwork“-Motorhaube besteht die „Unterhaut“ aus mehreren Lagen reinen Sekundär-CFK-Vlies‘, das insgesamt rund 1,2 Millimeter dick ist. Der Kern der Leichtbauteils besteht aus einer dünnen, bienenartigen Wabenkonstruktion aus hitzebeständigen Aramidfasern, die fest in Phenolharz verankert sind („Nomex“-Waben). – Die Waben werden im Schlusstakt der Fertigstellung in der Pressform unter Druck- und Temperatureinwirkung teilweise verpresst. Die Außenhaut besteht aus knapp einem Millimeter Sekundär-CFK-Vlies, das oben auf eine sehr dünne Lage Glasfasergewebe bekommt. Das dient der Schönheit – der Lack haftet so erstklassig und kleinsten Härchen des Kohlefaser-Vlieses wird so das Durchstecken verwehrt.
Die Leichtbau-Motorhaube aus Sekundär-CFK lässt sich mit einer Hand gut heben. Sie bringt lediglich 7 Kilogramm auf die Waage – unlackiert sogar 1 Kilogramm weniger. Das Gegenstück aus Stahl macht es einem schon schwerer: mit 19 Kilogramm heißt es da, beidhändig zupacken.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 16.10.2012 aktualisiert am 16.10.2012
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