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(motorsport-magazin.com) Wie sehen deine Gefühle aus, wenn du die Reaktion hier im Technology Centre siehst?
Lewis Hamilton: Ich fühle mich recht ähnlich als zu dem Zeitpunkt, an dem ich aus dem Auto gestiegen bin. Ich bin atemlos, ich kann es nicht wirklich glauben, dass hier heute so viele Leute sind, die die [Sieges] Oberteile tragen. Das ist sehr emotional für mich, denn ich habe mit euch seit ein paar Jahren gearbeitet, ich kenne euch seit acht Jahren. Zu wissen, dass ich Teil des Teams bin und dass ich so viele Leute glücklich gemacht habe… ich bin etwas überwältigt.
Was für Kommentare und Reaktionen hast du vom Team hier in Woking bekommen?
Lewis Hamilton: Jeder war so positiv und dankbar. Die Sache ist, wir haben gemeinsam alle Probleme miterlebt, all die Strafen und all die Enttäuschungen und wir sind gemeinsam nach oben gekommen. Das ist das Wichtigste. Ich bin nur sehr stolz, Teil davon zu sein.
Wie bist du empfangen worden, seit du wieder in Großbritannien bist?
Lewis Hamilton: Wir sind gestern angekommen und waren etwas müde. Am Flughafen wurde ich von einigen Leuten bejubelt, die mir einfach nur gratulieren wollten, was großartig war. Ich war dann zuhause, also haben mich nicht viele Leute gesehen – das ist wirklich das erste Mal.
Hattest du Zeit, darüber nachzudenken, wo du gewesen wärst, was du dir gedacht hättest, wenn die letzte Runde anders gelaufen wäre?
Lewis Hamilton: Das habe ich wohl fast die ganzen letzten beiden Runden gemacht, also will ich da nicht mehr darüber nachdenken. Ich denke, während der meisten Rennen finden es die Zuschauer aufreibend und die Fahrer sind recht entspannt, aber diesmal war ich so nervös wie ihr – mir hat das Herz bis in den Hals hinauf geschlagen und ich denke, man hat am Ende gesehen, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte.
Amerika hat vergangene Nacht einen neuen Präsidenten gewählt und ich weiß, dass es dich schon interessiert hat, was da passiert ist. Ich frage einfach, wenn du Barack Obama hättest anrufen können, was hättest du gesagt?
Lewis Hamilton: Ich hätte wohl gesagt: ‚Guten Morgen Mr. President!‘ Ich freue mich sehr. Ich habe versucht, das so nahe wie möglich zu verfolgen und ich habe für beide Kandidaten viel Respekt. Ich bin aber sehr, sehr glücklich und stolz, dass Obama gewonnen hat – das ist toll für die Welt, also Glückwunsch an ihn.
Zum Thema Rassismus. Wir haben von deinem Vater gehört, dass du einige Hindernisse überwunden hast – wie wichtig ist es deiner Meinung nach, dass du diese Hindernisse auch in der Formel 1 überwindest?
Lewis Hamilton: Naja, es ist die Königsklasse des Sports und auch eine Art zu leben. Jeder hat Hindernisse zu überwinden; so lernt man und das formt den Charakter. Nach den ganzen Erfahrungen, die ich hatte, habe ich nichts zu bedauern. Wir haben voriges Jahr die Weltmeisterschaft um einen Punkt verloren, aber das bedauere ich nicht; das war Teil des Lernprozesses.
Das hört sich so an, als ob du nicht als der erste farbige Champion der Formel 1 gesehen werden willst; du scheinst einfach nur stolz auf deine Erfolge, so wie es jeder andere Fahrer wäre…
Lewis Hamilton: Absolut. Ich habe immer gesagt, dass ich nie an eine Strecke gekommen bin und meinte, ich wäre dort der einzige [Farbige]. Wir sind einfach nur stolz, das erreicht zu haben, was wir uns von Beginn an vorgenommen haben. Ich war sechs Jahre alt, als ich mir gesagt habe, dass dies etwas sei, was ich tun will und daran erinnere ich mich. Mein Dad war derjenige, der immer weiter und weiter gemacht hat und mir die Möglichkeit gegeben hat.
Du bist nun unbestritten ein Vorbild – welche Inspiration willst du für junge Menschen sein, vor allem für junge farbige Menschen?
Lewis Hamilton: Ich sitze nicht hier und sage mir, dass ich eine Inspiration für diese Generation oder jene Gruppe sein will. Das tolle ist, dass sich Türen zu allen Gruppen öffnen – jeder kann da mitmachen. Ich will ein so positives Vorbild sein wie möglich, denn ich glaube nicht, dass es davon so viele gibt. Ich weiß, als ich aufgewachsen bin, gab es nicht so viele, zu denen man aufsehen konnte und es gab da nicht immer Leute, die eine gute Botschaft verbreitet haben. Ich denke, ich wurde gut erzogen, vertrete gute Werte und an die will ich mich einfach halten.
Du bist nun ein Nationalheld. Sehen wir dich zurück nach Großbritannien ziehen?
Lewis Hamilton: Ich bin glücklich, wo ich bin. Ich habe ein ausbalanciertes Leben und habe nicht das Gefühl, dass sich etwas ändern muss. Hoffentlich kann ich mit dem Boss reden und wir bekommen etwas mehr Urlaub.
Es war zu lesen, dass du der erste Milliardär im Sport werden könntest – wie fühlt sich das an?
Lewis Hamilton: Naja, was kann man mit einer Milliarde Pfund machen?
McLaren kaufen…
Lewis Hamilton: Ich freue mich sehr, dass ich für McLaren fahre und sie haben das coolste Auto, das ich will, also warum dafür zahlen, wenn ich es auch so besitzen kann?
Wie fühlst du dich dieses Jahr im Vergleich zum Ende des vorigen Jahres?
Lewis Hamilton: Am Ende des vorigen Jahres war ich sehr müde und es hat mich viel Energie gekostet, meinen Kopf oben zu halten und der Welt zu zeigen, dass ich stark genug bin, um dieses Jahr zurückzukommen. Ich hatte dennoch weiter die Unterstützung aller, aber das wusste ich. Ich erinnere mich an die Party vor ein paar Tagen, ich setzte mich hin und fühlte mich müde, denn ich hatte gerade das längste Rennen aller Zeiten gefahren. Ich erinnere mich, als ich da saß und ich denke, sie haben gesungen: ‚We are the Champions.‘ Das war ein unglaubliches Gefühl, alle so glücklich und stolz zu sehen – stolz auf ihre Arbeit und stolz darauf, was wir alle erreicht hatten. Heute ist es hier das Gleiche, klarerweise in viel größerer Aufmachung. Das gibt mir so viel. Ich werde definitiv noch härter arbeiten, um das wieder zu schaffen.
Blicken wir auf nächstes Jahr. Was siehst du als die größten Herausforderungen 2009?
Lewis Hamilton: Ich denke, das ist recht einfach: Strafen und Fehler vermeiden. Ich bin noch entschlossener, uns wieder in diese Position zu bringen – wenn wir dann wieder die Möglichkeit haben, schaffen wir es aber hoffentlich nicht erst in der letzten Runde.
Glaubst du, dass die Regeländerungen nächstes Jahr die Hierarchie stark verändern?
Lewis Hamilton: Ich denke, das ist schwer zu sagen. Wir könnten ein desaströses Jahr oder ein tolles Jahr haben. Ich habe so viel Vertrauen in mein Team, ich weiß, dass sie ihr Möglichstes tun werden, um sicherzustellen, dass wir das beste Auto haben und ich habe daran keinen Zweifel. Da wir das beste Team sind, werden wir ein Spitzenauto haben. Das gibt mir viel Selbstvertrauen und gibt mir noch mehr Antrieb, um noch härter zu arbeiten, damit wir sicherstellen, dass wir weniger Fehler machen, diese Strafen vermeiden und eine saubere, angenehmere Saison haben. Wir alle müssen darauf hinarbeiten.
Wie lange siehst du dich bei McLaren und wenn du länger bleibst, wie willst du deine Motivation hoch halten?
Lewis Hamilton: Das ist leicht. Wenn ich sage, ich gehe nirgendwo hin, ich bin im Team, von dem ich immer geträumt habe und wenn man seinen Traum lebt und das Auto hat, das man haben will, was soll man ändern? Ich weiß nicht, wie viele Jahre ich in der Formel 1 sein werde. Ich habe das noch nicht entschieden, ich denke, ich werde es so nehmen, wie es kommt. Wenn es einen Tag gibt, an dem ich mich ins Auto setze und kein Lächeln im Gesicht habe, dann könnte das der Tag sein, an dem ich aufhören muss. Aber ich will meine ganze Karriere bei diesem Team bleiben, das ist mein Plan.
Es war überraschend, dieses Jahr so viele Fehler von dir zu sehen, denn 2007 hast du so wenige gemacht. Warum war das so und wie willst du das für nächstes Jahr beheben?
Lewis Hamilton: Ich denke, bis zu einem gewissen Punkt war es voriges Jahr einfacher im Auto; es war leichter, rein zu springen und alles schien gut zu laufen. Ich weiß nicht, wie wir so konstant blieben. Aber dieses Jahr waren es so Kleinigkeiten. Wir führten ein Rennen an und am Ende der Boxengasse haben dann alle gestoppt oder solche Dinge. Ich war schon eine Weile nicht mehr an Ampeln gestanden, also war das eine neue Erfahrung. Das ist etwas, mit dem man im Leben umgehen muss. Ich bin mir sicher, nächstes Jahr und alle weiteren Jahre werde ich weiter lernen. Es wird weitere Fehler geben und so komme ich dann auch wieder von ihnen zurück und wachse daran. Was ich sagen will, ich werde analysieren, was ich dieses Jahr getan habe und versuchen, das zu minimieren. Und das müssen wir auch als Team tun – auch wenn das Team seinen Job ohnehin gemacht hat, denn das Auto war zuverlässig und ist mir nie stehen geblieben. Ich habe also vollstes Vertrauen, dass es nächstes Jahr wieder so wird.
adrivo Sportpresse GmbH
geschrieben von veröffentlicht am 06.11.2008 aktualisiert am 06.11.2008
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