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Wer in Deutschland einen Führerschein haben will, der darf auf keinem Auge eine Sehschärfe unter 0,1 aufweisen. Und das auch nur unter Berücksichtigung einer besonderen Fahrerfahrung. Steht diese Bestimmung aber nicht im Widerspruch zu dem Grundrecht, wegen einer Behinderung nicht benachteiligt werden zu dürfen? Diese Frage hat jetzt den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof beschäftigt (Az. 11 BV 1764/11).
Wie die DeutscheAnwaltshotline berichtet, war ein Lkw-Fahrer bei Bayerns obersten Verwaltungsrichtern vorstellig geworden. Er wollte einen Führerschein für die Klassen C1 und C1E, mit dem er Lastwagen zwischen 3,5 und7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht fahren dürfte. Und das, obwohl die Sehschärfe auf einem seiner Augen unter dem Verordnungsgrenzwert von 0,1 liegt.
Allerdings hatten zwei augenärztliche Sachverständige dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unabhängig voneinander bestätigt, dass prinzipiell kein medizinischer Grund bestehe, Menschen mit einer einseitigen Sehschärfe unter 0,1 die Fahrerlaubnis für die gewünschten Lkw-Klassen zu versagen. Den Gutachten zu Folge müssten lediglich drei Voraussetzungen erfüllt werden: Der Betroffene muss mit beiden Augen, wenn auch abgeschwächt, sehen können, jedes der Augen muss ein normales Gesichtsfeld haben und der zwar Fehlsichtige muss in der Lage sein, ein nicht vorhandenes räumliches Sehvermögen vollständig zu kompensieren. Alles ist bei dem Antragsteller der Fall.
Da mit der anscheinend zu restriktiven deutschen Verordnung die europäische Führerscheinrichtlinie umgesetzt wird und ein nationales Gericht europäisches Recht nicht verwerfen darf, reichten die Münchener Richter die Frage nach Luxemburg weiter. Der Europäische Gerichtshof wird dort nun zu entscheiden haben, ob die Vorschrift – ohne die Möglichkeit einer Ausnahme vorzusehen – auch bei einer Sehschärfe unter 0,1 auf dem schlechteren Auge ihre Gültigkeit behalten soll, wenn der Betroffene beidäugig sehen kann und auf beiden Augen über ein normales Gesichtsfeld verfügt.
geschrieben von auto.de/(ampnet/jri) veröffentlicht am 24.08.2012 aktualisiert am 24.08.2012
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