Luca Marmorini: Sicherheit hat oberste Priorität

(motorsport-magazin.com) Wie weit ist die Entwicklung von KERS bei Toyota?
Luca Marmorini: Wir arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung und Verbesserung des KERS Systems. Es wurden bereits verschiedene Optionen getestet und die kommende Herausforderung wird sein, das System weiterzuentwickeln bevor es zum ersten Mal in einem Fahrzeug einsetzt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt hat unsere Entwicklung ausschließlich im Werk und nicht auf der Strecke stattgefunden, da rund 95% der KERS Entwicklung auf dem KERS Simulations-Dynamometer durchgeführt werden kann. Die Regularien im Jahre 2009 werden dazu führen, dass der TF109 starke Veränderungen im Vergleich zum TF108 aufweisen wird und daher macht es auch wenig Sinn KERS bereits zu diesem frühen Zeitpunkt auf der Strecke zu testen.

Wann beabsichtigt Toyota KERS zum ersten Mal in einem Fahrzeug einzusetzen?
Luca Marmorini: Einen genauen Termin haben wir bislang noch nicht festgelegt, da es auch vom Entwicklungsstand im Werk abhängig ist. KERS wird erst dann im Fahrzeug zum Einsatz kommen, wenn das System unseren hohen Anforderungen bzgl. Leistung und Sicherheit entspricht.

Welche Bedeutung kommt dem KERS System in Bezug auf die Performance zu?
Luca Marmorini: Die FIA hat die Regeln dahingehend definiert, dass keine riesigen Unterschiede zwischen Teams mit einem sehr guten KERS System und Teams mit einem eher schlechten System entstehen können. Größere Differenzen in der Rundenzeit wird KERS nicht ausmachen, da die zusätzliche Energie nur ca. 6,5s pro Runde verfügbar sein wird und dementsprechend ein Zeitgewinn von lediglich 0,1s bis 0,3s pro Runde realistisch ist, lässt man einmal die Faktoren Gewichtsverteilung und Verpackung außer Acht. Jedoch könnte KERS einen Vorteil beim Überholen bringen. Auf einer einzigen Runde ist es mehr als fraglich, ob es einen Vorteil gegenüber einem Fahrzeug ohne KERS geben wird, zumal auch noch der Punkt Gewichtsverteilung hinzukommt, aber bei ausreichender Traktion könnte man evtl. eine bessere Chance beim Überholen haben.

Heißt das also, dass ein Wagen mit KERS schwerer ist, als eines ohne?
Luca Marmorini: Nein, wir erwarten, dass sich unser Wagen mit KERS gewichtsmäßig immer noch an der unteren Grenze der Vorgaben bewegen wird, da es momentan signifikant leichter als die als Minimum angegebenen 605kg ist – jedoch werden wir natürlich den Regeln entsprechen und zusätzlichen Ballast einsetzen. Angenommen KERS erhöht das Gesamtgewicht des Fahrzeugs um 25-35kg, dann bedeutete dies, man würde weniger zusätzlichen Ballast bewegen was wiederum eine Beeinflussung der Performance mit sich brächte, da die Möglichkeiten der Gewichtsverlagerung eingeschränkt würden. Wie auch immer, da wir mit dem TF109 noch keinerlei Erfahrung auf der Strecke haben, ist auch schwer zu prognostizieren, was für einen Effekt KERS letztlich haben wird – es bleibt uns also nur, die KERS Entwicklung voranzutreiben.

Könnte es eine Option sein KERS in der nächsten Saison nicht einzusetzen?
Luca Marmorini: KERS wird laut Statuten 2009 optional und nicht obligatorisch sein, daher ist es logisch, dass die Teams auch diese Möglichkeit in Erwägung gezogen haben. Letztlich besitzt KERS aber das Potenzial eine Verbesserung der Rundenzeiten zu ermöglichen und daher arbeiten wir mit Volldampf daran, aus dieser Möglichkeit Profit zu schlagen. Unsere Entwicklung ist darauf fokussiert, ein adäquates KERS System für die Formel 1 zu produzieren, das außerdem noch eine Leistungssteigerung verspricht. Für dieses Ziel wurde eigens eine Gruppe abgestellt und wir glauben daran, dass sie das erhoffte Produkt liefert.

Bedeutet KERS ein Mehr an Kosten?
Luca Marmorini: Es ist zwangsläufig, dass eine neue Technologie dieser Art, die außerdem auch sicher und effektiv sein soll, auch außerordentliche Ressourcen benötigt. Ein Grund für die besonders hohen Kosten bei KERS ist, dass es sich hierbei um eine einschneidende Formel-1-Technologie handelt, die eine Reihe von potenziellen Lösungen aufweist und deren Ansätze zunächst alle einmal untersucht werden müssen.

Ist KERS sicher?
Luca Marmorini: Hybrid-Systeme in straßenzugelassenen Toyota-Fahrzeugen haben sich als sicher und verlässlich bewehrt – das steht außer Frage und daher stellt auch die Technologie kein Problem dar. Wir sind in der Formel 1 mit KERS in der Entwicklungsphase und wir werden das System erst dann einsetzen, wenn wir uns sicher sein können, dass höchste Sicherheits-Standards erfüllt sind. Sicherheit genießt bei Toyota absolute Priorität.

Hat Toyota durch die Erfahrung und Kompetenz im Bereich Hybrid-Fahrzeug-Technologie einen Vorteil bei KERS?
Luca Marmorini: Es ist immer ein Vorteil ein gewisses Know-How in einem Unternehmen zu haben, aber wir erwarten nicht, das es uns im Vergleich zu den anderen Teams einen fühlbaren Vorsprung verleihen wird, zumal KERS auch nicht direkt vergleichbar ist mit dem, was an einem "normalen" Fahrzeug gemacht wird. Die Formel 1 ist eine einzigartige Umgebung, in der Gewichtsreduktion eine wesentliche Rolle spielt. Die Art und Weise wie Toyota ein Straßenauto konzipiert ist eine ganz andere und zielt in erster Linie darauf ab, effizient in Punkto Kraftstoffverbrauch zu sein. Die ideale Version in einem straßenzugelassenen Fahrzeug ist anspruchsvoller als KERS in der Formel 1, weil sie nicht nur die Verringerung der Motorleistung, sondern auch andere Bedingungen wie die Energie-Rückgewinnung von Front und Heck mit einschließt und zusätzlich auch keine zeitliche Beschränkung gegeben ist.

Wird KERS den anderen Hybrid-Projekten von Toyota, seien es Straßen-Fahrzeuge oder Rennwagen, weiterhelfen?
Luca Marmorini: Toyota ist Weltmarktführer im Bereich Hybrid-Technologie und wir führen mit dem Prius, der über eine Million mal verkauft wurde, ebenfalls die Verkaufsstatistiken bei den Hybrid-Fahrzeugen an – ein Fakt, auf den wir sehr stolz sind. Die KERS Entwicklung wird sicherlich das Verständnis von Hybrid-Systemen vertiefen, allerdings rechnen wir in der momentanen Situation nicht damit, dass sie uns bahnbrechende Neuerungen für unsere Straßenfahrzeug-Entwicklung liefern wird. Bezogen auf den Rennsport ist zu sagen, dass Toyota bereits das Tokachi 24-Stunden-Rennen mit einem Hybrid-Fahrzeug gewonnen hat, in dem noch fortschrittlichere Technologie zum Einsatz kam als es bei KERS in der Formel 1 der Fall sein wird.

adrivo Sportpresse GmbH

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