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Mercedes-Benz
Neugierig wie ein Kind inspiziert Micheal Lutomski die kompakte Mercedes B-Klasse F-Cell. Er blickt begeistert unter die Motorhaube auf den Elektromotor und will genau wissen, wo die Brennstoffzelle untergebracht ist. Von allem macht er Fotos, auch ein Bild mit ihm selbst und dem Fahrzeug muss er haben – zur Erinnerung und für die Kollegen bei der NASA im texanischen Houston, sagt er. Denn Micheal ist Risk Manager des ISS-Programm und derzeit in Australien auf Vortragsreise in Schulen. Dort erklärt er dem Nachwuchs, wie wichtig Umweltschutz für die Erde ist.
Und deshalb weiß er auch den umweltfreundlichen Nutzwert des Brennstoffzellenantriebs zu schätzen, kennt er die Technik doch sehr genau. Bereits in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat die NASA diese Technik als ideales Bordkraftwerk für Raumschiffe entdeckt. Seit Anfang der 90er Jahre forscht und tüftelt auch Mercedes daran, um in der Umkehrung der Elektrolyse aus Wasserstoff und Sauerstoff [foto id=“352975″ size=“small“ position=“left“]Strom zu erzeugen und damit Autos anzutreiben. Nach einigen Konzeptfahrzeugen gipfelt das Ganze nun in einer Welttournee mit drei kompakten B-Klasse F-Cell-Fahrzeugen: In rund vier Monaten werden vier Kontinente bereist.
Nach dem Start am 30. Januar dieses Jahres, passend zum 125-jährigen Jubiläum des Automobilherstellers, ist der Treck bislang durch Westeuropa, in den USA von Miami rüber zur Westküste und dort entlang nach Vancouver in Kanada gezogen. Anschließend wurde mit dem Flieger nach Sydney in Australien gereist, um von dort 1 300 Kilometer bis Melbourne zu fahren. Zurzeit ist die Truppe auf den langen Weg bis nach Perth im Westen des Kontinentes. Danach soll nach Schanghai in China übergesetzt, und das Reich der Mitte durchquert werden, um über Russland wieder nach Stuttgart zu kommen. Voraussichtlich Anfang Juni wird die aufwendige Tour vorüber sein und – wenn alles gut läuft – alles ohne große Zwischenfälle.
Nahezu reibungslos verlief es zumindest bislang – und sauber. Gespeist wird der unter der Motorhaube platzierte Elektromotor der B-Klasse F-Cell von einem Stapel Brennstoffzellen, kurz Stack, der unter dem Beifahrersitz verbaut ist. Als Energielieferant dient getankter gasförmiger Wasserstoff, der in drei speziellen Druckgasbehältern bei rund 700 bar mit einem Fassungsvermögen von knapp vier Kilogramm [foto id=“352976″ size=“small“ position=“right“]unter den Rücksitzen gespeichert wird. Daneben wurde eine Lithium-Ionen-Batterie gelagert, die die elektrische Energie aus dem Brennstoffzellensystem und aus zurückgewonnener Bewegungsenergie (Rekuperation) speichert. Die Batterie unterstützt beim Beschleunigen. Und das kann das Sternenfahrzeug nahezu wie jedes Auto mit herkömmlichen Verbrennungsmotor, teilweise sogar besser. Das maximale Drehmoment von 290 Nm steht unmittelbar zur Verfügung, der E-Motor stellt eine Leistung von 100 kW/136 PS bereit und liefert damit eine Fahrdynamik, die mit der eines 2,0-Liter-Benzinmotors vergleichbar ist. Der Verbrauch beläuft sich dabei je nach Fahrweise auf 1,1 bis 1,3 Kilogramm Wasserstoff auf 100 Kilometern, so dass im optimalen Fall Reichweiten bis zu 380 Kilometern möglich sind. Das entspricht circa 3,1 Litern Diesel, allerdings mit dem großen Unterschied, dass das F-Cell-Vehikel keine Emission ausstößt, sondern nur Wasserdampf.
Auch Lärm verursacht diese B-Klasse nicht, lediglich die Abrollgeräusche der Reifen und der Fahrtwind bei höherer Geschwindigkeit sind zu vernehmen. Das und die Umweltfreundlichkeit des Mercedes begeistert die Australier, die bei jedem Halt neugierig herankommen und Fragen stellen. Die Idee künstlicher [foto id=“352977″ size=“small“ position=“left“]Motorgeräusche finden sie ganz klar lächerlich; aber die Entwicklung eines solchen Fahrzeuges nicht. Doch auch sie bemerken schnell, was für die Treckbegleiter mittlerweile Alltag ist: Ohne eine entsprechende Infrastruktur an Wasserstofftankstellen wird eine flächendeckende Einführung des Fahrzeugs schwierig. Um die Welttournee überhaupt zu bewerkstelligen, begleitet eine rollende Tankstelle den Tross: ein schwerer Schlepper, beladen mit wasserstoffgefüllten langen Röhren und ein Sprinter, indem eine Wasserstoffpumpe eingebaut wurde. Nach rund 350 Kilometern wird ein gut 15 Minuten dauernder Tankstopp vorgenommen, bei dem die Lkw-Röhren mit der Pumpe und diese wiederum mit den Druckbehältern des Fahrzeugs verbunden werden. Lediglich nur eine reguläre Wasserstofftankstelle (bei Los Angeles) konnte bislang auf der Tour aufgesucht werden. Dort dauerte der Tankvorgang nur drei Minuten.
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Dieser Notstand an Tankstellen für die umweltfreundliche Antriebstechnik ist nach eigenem Bekunden einer der Gründe, warum Mercedes diese aufwendige Weltreise unternimmt. Hiermit soll die Notwendigkeit verdeutlicht werden, dass Neuheiten auch Neuerungen im Umfeld bedürfen, ansonsten bringen sie einem nichts. Doch allein wollen die Fahrzeughersteller für eine entsprechende Veränderung in der Versorgung [foto id=“352978″ size=“small“ position=“left“]nicht aufkommen. Ihrer Ansicht nach mussten sie schon den Großteil der Entwicklungskosten beim Antrieb stemmen, so dass für die Infrastruktur nun andere angesagt sind.
Doch dieser Appell ist nicht der einzige Grund, warum der deutsche Hersteller kaum Kosten und Mühen scheute, ein solch anstrengendes Unterfangen wie diese Reise zu unternehmen. Auch die Alltagstauglichkeit der B-Klasse F-Cell soll damit demonstriert werden. Tatsächlich gab es bislang keine technischen Defekte – mal abgesehen von einem dank Maderbiss durchlöcherten Kühlschlauch und einem 40 Kilometer vor dem Ziel durch hohe Geschwindigkeit auf deutschen Autobahnen leer gefahrenen Tank. [foto id=“352979″ size=“small“ position=“left“]
Geschickterweise führt die Route aber auch fast ausschließlich durch sommerliche Gefilde. Bis Russland erreicht ist, herrschen auch dort mildere Temperaturen, so das ein echter Kälte-Praxistest nicht stattfindet. Immerhin: In der Kältekammer hat das Brennstoffzellenfahrzeug seine Wintertauglichkeit bei bis zu minus 25 Grad Celsius bewiesen. Aber dass das Stuttgarter Mobil auch das in der Realität bewältigt, daran zweifelt Michael Lutomski keinen Moment. Denn selbst in den unwirklichen Weiten des Weltalls mit seinen mehr als Minus 250 Grad arbeitet diese Technik zuverlässig.
geschrieben von auto.de/(kosi/mid) veröffentlicht am 06.04.2011 aktualisiert am 06.04.2011
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