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Die Brücke, von der aus ein Kapitän der Landstraße seinen rollenden Frachter lenkt, ist nicht besonders groß, auch wenn der Ausblick bis an den Horizont reicht. „Acht Quadratmeter“, sagt Siegfried Rothe, „so groß wie der Werkzeugschuppen auf meiner schwäbischen Streuobstwiese.“ Hier arbeitet, lebt und schläft der Berufskraftfahrer. Der Mechatronik-Ingenieur arbeitet seit geraumer Zeit mit einem Team von Forschern zusammen, um die typische Kanzel eines Fernfahrers zu verbessern.
Ein Schwerpunkt des Interesses ist die zunehmende Übermüdung, mit der Trucker vor allem auf der Langstrecke zu kämpfen haben. Sie ist auch eine der Hauptursachen für die Zunahme schwerer Unfälle mit Lkw-Beteiligung. „Condition Enhancement“ nennt sich in der Fachsprache die anspruchsvolle Aufgabe, die Fahrzustände des Menschen hinterm Steuer so zu optimieren, daß er entspannt und sicher am Ziel ankommt. Die Resultate dieser Forschung wurden zum „TopFit Truck“ [foto id=“443278″ size=“small“ position=“left“]gebündelt – eine fröhlich gelbe Sattelzugmaschine von Mercedes-Benz, die eine Wellness-Oase an Bord hat. Das Konzept wurde kürzlich bei der Dekra-Tagung zum Thema „Sicherheit von Nutzfahrzeugen“ präsentiert.
Von der Romantik wie sie einst im Country & Western-Song „King of the Road“ besungen wurde, ist der moderne Fernfahreralltag inzwischen meilenweit entfernt. Eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von gut 60 Stunden, wenig Zeit für Familie und Freunde und eine Bezahlung, die der Verantwortung nicht angemessen scheint. Nicht nur Laptop, Smartphone und GPS sind Dauerbegleiter der einstigen Könige, sondern auch der Stress. Dazu kommt noch die Lärmbelästigung auf den Lkw-Stellplätzen der Autobahnraststätten, wo die Fahrer ihre vorgeschriebenen Ruhepausen einlegen müssen. Entschleunigung auf Zeit und bewußte Erholung sind, so Rothe, das beste Mittel gegen den berüchtigten Sekundenschlaf, der das höchste Unfallrisiko birgt.
Entzwischen spricht es sich auch in Unternehmen herum, daß ein kurzes Schläfchen der Mitarbeiter leistungsfördernd sein kann. Und so ist auch der als TopFit Truck ausgerüstete Actros für einen „PowerNap“ eingerichtet: der optionale Massagesitz läßt sich hochfahren, die Beine kann der Fahrer auf einem runden Polster ablegen, das über das Lenkrad gestülpt wird. Gleichzeitig verströmt entspannender Orangenduft und eine intelligente Musikdatei sucht sanfte Sounds aus. Nach gut 20 Minuten wird die Kabine mit anregendem Menthol beduftet und die Songs aus der Audioanlage werden lebhafter.
Auch an ein Konditionstraining für strapazierte Rücken und müde Muskeln hat das Forscherteam gedacht. Mit Zugbändern, die an verschiedenen Befestigungspunkten der Kabine eingehenkt werden können und einem von Sportwissenschaftlern ausgearbeiteten Videoprogramm verwandelt sich der Lkw in ein mobiles Fitness-Studio. Ein weiteres [foto id=“443279″ size=“small“ position=“right“]TopFit-Highlight ist die sogenannte Lichtdusche, die im skandinavischen Winter längst auch als Therapie verordnet wird. Die im Dachhimmel angebrachten Leuchtquellen machen auf Wunsch munter oder relaxen nach langer Fahrt.
Fachleute unterscheiden bei den Fahrzuständen zwischen Monotonie und der sogenannten Vigilanz, die durch ständiges Wechseln der Tätigkeiten entsteht. Obwohl die modernen Fahrerassistenzsysteme, die für Lkw geordert werden können, ein wirksames Mittel gegen die Folgen der Monotonie sein können, schwören Rothe und sein Expertenteam auf die kreative Rast. Sie ist für Unternehmer im Güterverkehr auch wirtschaftlich interessant, denn chronisch übermüdete Fahrer – auch das belegt eine Studie von Mercedes-Benz – verbrauchen durch ihre unkonzentrierte Fahrweise auch mehr Treibstoff.
Der Konzept-Truck ist tatsächlich mehr als nur Science Fiction für eine gestresste Berufsgruppe. Erkenntnisse der Condition Enhancer sind nämlich in die Entwicklung des neuen Actros eingeflossen. Die Liegefläche wurde von 60 auf 80 Zentimeter verbreitert, Lärmdämmung und Frischluftmanagement verbessert, optional sind für den Sitz Luftfederung und Massageelemente erhältlich. Und auch die speziellen Wellness-Extras sollen durchaus ihren Weg in die Sonderausstattungsliste finden. Schließlich dürften auch Pkw-Fahrer einen aufmerksamen, fitten Trucker am Steuer eines Sattelschleppers zu schätzen wissen.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 16.11.2012 aktualisiert am 16.11.2012
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