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Peter Pfeiffer balanciert. Der Chefdesigner von Mercedes-Benz muss ständig das Gleichgewicht zwischen Vergangenheit und Zukunft halten. Die Auto-Optik neu erfinden darf er nicht; schließlich steht die Stuttgarter Automarke für Solidität, Zuverlässigkeit und Tradition. „Ein Mercedes muss wie ein Mercedes aussehen“, sagt der 63-Jährige. Aber alt darf ein neues Auto auf keinen Fall wirken.
Für Familienähnlichkeit über die Generationen hinweg sorgt vor allem die Kühlermaske. Schon die Urausführung von 1901 ist in der Mitte durch die prägnante vertikale Linie geteilt, am oberen Ende prangt der Mercedes-Stern. Im Lauf der Jahre ist der Chromgrill immer mehr in die Breite gewachsen und hat an Höhe verloren. Die Zahl der Lamellen hat sich immer wieder geändert, mal war ein Extra-Stern am Grill, manchmal gab es nur die Kühlerfigur. Drumherum änderte sich alles: Karosserieformen, Motoren, Sicherheitsausstattungen und der Geschmack des Fahrers.
Auch heute greifen die Designer auf klassische Elemente zurück. Eine ungewöhnliche Mischung von Tradition und Moderne findet sich im Cockpit der neuen S-Klasse. Mitten auf der Konsole prangt eine analoge Uhr. Rundherum ist alles feinste moderne Digitaltechnik. Selbst der Tachometer arbeitet mit rein virtuellen Zeigern.
Ansonsten ist für den Designchef weniger mehr. Kein barocker Schnickschnack soll unter Pfeiffers Ägide die straffen Linien und großen Flächen der Karosserie verunzieren. Jede Linie hat einen klaren Anfangspunkt und ein Ende. Bei der S-Klasse startet etwa die Lichtkante unter den Scheinwerfern, steigt elegant Richtung Heck hinauf und endet genau am Blinker-Element der Heckleuchten. „Ich will Design aus einem Guss“, so Pfeiffer. Spitzen, Blitze und harte Kanten sollen bei allen Modellen vermieden werden. Als konservativ monieren das einige, Mercedes nennt es modernen Purismus. Da passt es auch, dass Pfeiffer die Renaissance des rein weißen Lacks auch in Europa propagiert.
Familienähnlichkeit ist also wichtig, aber nicht alles. Zwillinge will Pfeiffer keine produzieren. Eine Herausforderung für die Designer: In den letzten 13 Jahren hat sich das Modellprogramm des Herstellers praktisch verdreifacht. Jedes Modell braucht sein eigenes Gesicht, muss aber auf Anhieb als Mercedes zu erkennen sein: An der E-Klasse leuchten Doppelscheinwerfer, die C-Klasse blickt mit acht-förmigen Augen auf die Straße, bei der S-Klasse setzt man auf die klassisch eckigen Leuchten. Den Gegenpol zu dieser Designpolitik bildet Audi. Dort bekommt jedes neue Modell eine ähnliche Front mit großem Kühlergrill und Chromumrandung verpasst. Das soll die Markenidentität und den Wiedererkennungseffekt steigern. Design-Revolutionen sind so von Mercedes wohl eher nicht zu erwarten. Neuere Entwicklungen wie etwa die LED-Technik für Scheinwerfern, die die zurzeit noch starren Formen der Fahrzeugbeleuchtung sprengen könnten, behält man bei Mercedes zwar im Blick. Aber mit Vorsicht: Pfeiffer will nicht auf kurzlebige Trends setzen. Denn dann sähe sein Mercedes viel zu schnell alt aus. Holger Holzer/mid
mid
geschrieben von veröffentlicht am 16.06.2006 aktualisiert am 16.06.2006
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