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Mercedes-Benz
Jetzt erst recht! Es mag ja sein, dass die elektrische Euphorie gefährlich abgekühlt ist, die Faszination für den Fortschritt nachgelassen hat und Akku-Autos gerade so wenig Sexappeal haben wie nie zuvor. Und das Ende für den Audi e-Tron oder den Jaguar C-X75 waren sicher auch keine aufmunternden Signale. Doch Mercedes steht zu seinem Versprechen und bringt in diesem Sommer tatsächlich den SLS electric drive in den Handel. Dabei sparen die Schwaben nicht an großen Worten: „Das ist das schnellste und stärkste Elektroauto der Welt“, sagt AMG-Chef Ola Källenius, dessen Truppe den hochspannenden Tiefflieger binnen knapp drei Jahren entwickelt hat.
Den Platz in der Pole-Posotion verdankt der SLS seinen vier Elektro-Motoren, die zusammen auf 752 PS kommen und den Flügeltürer ganz nebenbei auch noch zum stärksten Modell in der fast 50 Jahre langen AMG-Geschichte machen. Jeweils nah am Rad montiert erzeugen sie gemeinsam ein maximales Drehmoment von 1.000 Nm, bei dem selbst die rund 500 Kilo [foto id=“455947″ size=“small“ position=“left“]Mehrgewicht gegenüber dem Serienmodell zur Nebensache machen: Nur 3,9 Sekunden braucht der futuristische Spitzensportler auf Tempo 100 und beschleunigt danach so linear und mühelos weiter, dass man ihm viel mehr als die 250 km/h zutrauen würde, bei denen die Entwickler sicherheitshalber die Reißleine ziehen.
Diese Vollgas-Orgie wirkt auch deshalb so gespenstisch, weil sie in völliger Ruhe geschieht. Wo der normale SLS bei einem solchen Parforce-Ritt vom wütenden Brüllen in ein wildes Kreischen wechselt, hört man im Elektromodell nicht viel mehr als das Rauschen des Windes und das Rollen der Reifen. Wem das zu wenig ist, der kann den eigens komponierten eSound aktivieren, den die Elektronik passend zur Situation aus 20 verschiedenen Klangmustern komponiert. Das klingt zwar authentischer als ein künstlicher V8 oder irgend eine Ufo-Symphonie, ist aber so dezent und defensiv, dass man auch gleich die Musikanlage anmachen kann.
Die Energie für den Höllenritt liefert ein Lithium-Ionen-Akku, den die Formel1-Mannschaft von Mercedes entwickelt hat. Er wiegt gewaltige 550 Kilogramm, hat dafür aber eine Kapazität von 60 kWh. Zwar dauert eine Ladung an der normalen [foto id=“455948″ size=“small“ position=“right“]Steckdose dann stolze 20 Stunden, und selbst die Wallbox mit Starkstrom erfordert drei Stunden Geduld. Doch dafür reicht der Strom dann in der Theorie der Prüfstande für mehr als 250 Kilometer.
In der Praxis und vor allem auf der Rennstrecke ist das natürlich eine ganz andere Sache: Nach fünf, sechs flotten Runden ist die Restreichweite der vorher vollen Batterie schon unter 100 Kilometer gesunken. Und bei Vollgas auf der Nordschleife schafft der SLS electric drive kaum mehr als eine Runde. Doch glaubt man Forschungsvorstand Weber nach seiner ersten scharfen Testfahrt, ist der limitierende Faktor bei diesem Auto gar nicht so sehr der Ladezustand. Sondern bevor der Akku auch nur ansatzweise leer ist, rebelliert längst schon der Magen.
Denn so leise und unschuldig der SLS über den Kurs zischt, so bitterböse lässt sich der grüne Renner fahren – zumindest im Performance-Modus. Dann schaltet die Elektronik nicht nur die volle Leistung frei. Dann funktioniert auch das so genannte Torque Vectoring: Weil alle vier Motoren einzeln angesteuert werden und das volle Drehmoment in Sekundenbruchteilen abrufbar ist, lässt sich die Kraft so perfekt verteilen, dass der SLS wahrscheinlich sogar ganz ohne Lenkung auf der Ideallinie reiten würde. Im Komfort-Betrieb noch handzahm und sogar leicht untersteuernd, wird der elektrische Allradler bei [foto id=“455949″ size=“small“ position=“left“]verschärfter Gangart zu einem kurvengierigen Biest, das zackig durch die Ecken schneidet und auch den kleinsten Lenkeinschlag mit einem großen Richtungswechsel quittiert. Enge Schikanen werden so tatsächlich zur Belastungsprobe für den Magen und ein Slalom zum Ritt auf Messers Schneide.
Faszinierende Technik, atemberaubende Leistungsdaten und ein Fahrgefühl von einem anderen Stern – das macht den elektrischen SLS zu einem der spektakulärsten Sportwagen der Welt. Aber das Vergnügen hat seinen Preis. Mit 416.500 Euro kostet er mehr als doppelt so viel wie der normale SLS – und dürfte bei strenger Berechnung trotzdem ein Verlustgeschäft bleiben. Denn die horrenden Entwicklungskosten wird dieses Auto nie hereinfahren können. Zum Geschäftsmodell hinter dem SLS electric drive sagt Projektleiter Jan Feustel deshalb nicht viel und spricht stattdessen lieber von den Lerneffekten, von denen auch andere Baureihen profitieren können. Leichtbau, Torque-Vectoring , Batteriemanagement seien schließlich Themen, auf die es in Zukunft ankommen werde. „Das ist eine Investition in die Zukunft.“
Selbst wenn der elektrische Überflieger zum teuersten Mercedes im aktuellen Modellprogramm aufsteigt, wird AMG daran deshalb wohl kaum etwas verdienen. Trotzdem gibt es für den elektrischen SLS keine Stückzahlbeschränkung, sagt Feustel. „Wer ein Auto bestellt, wird auch eines bekommen.“ Allerdings müssen sich Interessenten ein wenig ranhalten, räumt [foto id=“455950″ size=“small“ position=“right“]der Projektleiter ein: „Gebaut wird der Wagen nur bis Ende Oktober.“ Bei aktuell einem Fahrzeug pro Arbeitstag macht das eine Flotte von etwa 200 Autos. „Aber wir bauen ja nur in einer Schicht und könnten zur Not auch aufstocken.“
Dass der SLS plötzlich allein auf weiter Flur ist und Audi den R8 e-tron kurz vor dem Start wieder aus dem Rennen genommen hat, schlachten die Schwaben zwar weidlich aus. Nicht umsonst frotzelt Entwicklungsvorstand Thomas Weber über den verspielten „Vorsprung durch Technik“ und freut sich, „dass Daimler dort, wo andere aufgeben, erst so richtig anfange.“ Doch zumindest die Entwickler weinen dem Konkurrenten sogar ein paar Tränen nach: „Wir hätten uns gerne mit den Kollegen gemessen.“ So dagegen hat der Triumph des elektrischen Tieffliegers einen schalen Beigeschmack. Denn wo es so recht keinen Gegner gibt, da kann es auch keinen Sieger geben.
Supersportwagen | |
Antrieb: | 4 Elektromotoren, 4 x 138 kW/188 PS = 552 kW/752 PS |
max. Drehmoment: | 1.000 Nm, 0-100 km/h |
0-100 km/h: | 3,9 S. |
V-max: | 250 km/h (abgeregelt) |
Reichweite: | 250 km |
Preis: | 416.500 Euro |
Alternative zu: Tesla Roadster, Porsche 918 Spider und den Prototypen des Audi R8 e-Tron die es nun doch nicht in die Serie geschafft haben |
Passt zu: Fortschrittsfreaks und großen Kindern, die ihre Carrera-Bahn nicht missen möchten |
Wann kommt er: Im Juni |
Sieht gut aus: vor einem Feld mit Sonnenkollektoren, im Silicon Valley und auf jedem Prachtboulevard |
Was kommt noch: Als nächstes erst einmal ein Elektroauto mit weniger Leistung, mehr Platz und einem günstigeren Preis: Die B-Klasse |
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 01.03.2013 aktualisiert am 01.03.2013
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