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Es ist schon ein Paradoxon erster Güte: Da haben sie eine der wichtigsten Automobilmessen der Welt zur Gast und bereiten dem Hauptdarsteller einen ausgesprochen ungemütlichen Empfang. Denn mit jedem, wirklich jedem Verkehrsmittel ist man in Genf besser, einfacher, schneller und meist auch billiger unterwegs als mit dem Auto.
Selbst vom Flugzeug aus kann man in fünf Minuten zum Genfer Automobilsalon laufen, während man trotz eigener Abfahrt direkt am Messegelände alleine zwischen Autobahn und Parkhaus auch mal eine Stunde verliert. Und das alles ist nichts gegen den Weg in die Stadt. Denn spätestens am Abend, wenn die Messe ihre Pforten schließt und alles zu den Nobelhotels am Ufer des Genfer Sees drängt, bricht der Verkehr vollends zusammen. Rien ne vas plus, nichts geht, besser: fährt mehr! Dabei ist Genf, gemessen an anderen Messemetropolen, vergleichsweise beschaulich – schließlich hat die elegante Stadt nicht einmal 200.000 Einwohner.
Einen Schweizer, zum Beispiel aus Zürich, braucht man da gar nicht erst um Rat fragen: „Keine Ahnung, das ist für uns auch schon Ausland“, muss der Kollege passen. Selbst wenn das nicht ganz ernstgemeint sein kann, hat er irgendwie trotzdem recht: Man spricht französisch und fährt auch so. Und als UNO-Stadt, europäische Enklave der arabischen Welt und Winterdomizil reicher Russen, ist die „kleinste Metropole der Welt“ auch ein Schmelztiegel der internationalen Fahrkultur, in dem irgendwie alle guten Eigenschaften auf der Strecke geblieben sind: Kein Wunder, dass man sich am Steuer in Genf mal fühlt wie vor dem Kolosseum in Rom, mal wie auf dem Times Square in New York, auf der Peripherique in Paris oder auf dem Djema el Fnah, dem Platz des Todes, in Marrakesch. Und es müsste schon ein großer Zufall sein, wenn das immer nur ausgerechnet während des Automobilsalons so wäre. Ganz egal in welcher Ecke von Genf man unterwegs ist: Immer klemmt und zwickt es irgendwo, immer ist eine Straße blockiert, und immer steht man im Stau.
Sie errichten Straßen, deren Fahrspuren mit Lichtzeichen für unterschiedliche Richtungen freigeben werden können – halten sie aber sicherheitshalber gerne mal komplett vom Verkehr frei. Busspuren und Straßenbahngleise brauchen zusätzlichen Raum, und falls es am Seeufer zur Rush-Hour wider Erwarten doch mal zügig vorangehen sollte, findet sich sicher schnell irgendwo eine Wanderbaustelle, um dem Verkehr wieder Einhalt zu gebieten.
Selbst wer entnervt sein Auto loswerden und lieber zu Fuß gehen möchte, hat in Genf so seine liebe Mühe. Egal auf welche Seite der Rhone: Parkplätze sind Mangelware, die Politessen dafür rund um die Uhr auf Zack. Mögen die Genfer auch französisch sprechen: wenn’s ums Geld geht, sind sie Schweizer durch und durch.
Die meisten Gäste, die zum Autosalon kommen, erleben das Verkehrschaos zum Glück nur auf dem Rücksitz eines Taxis – und werden Genf deshalb sogar noch mehr lieben als jede andere Messestadt. Wo sonst auf der Welt tragen selbst Mercedes S-Klasse, BMW X5 oder Porsche Panamera ein Taxi-Schild? Wenn schon im Stau stehen, dann wenigstens bequem – und teuer.
geschrieben von auto.de/sp-x veröffentlicht am 28.02.2011 aktualisiert am 28.02.2011
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