MG

MG B GT V8 – Einen Briten bitte

Wer an englische Klassiker denkt, sieht sich häufig vor dem geistigen Auge in einer steifen Brise der Sonne entgegenfahren. Für kleine Roadster waren die britischen Autohersteller genauso bekannt wie beliebt. Aber es geht auch zweitürig-geschlossen. Drei Jahre nachdem die seinerzeit zur British Motor Corporation gehörende Traditionsschmiede MG im Jahr 1962 einen der berühmtesten Roadster, den B, auf die Straße gelassen hatte, schob sie das gleichnamige Coupé mit dem Zusatz „GT“ hinterher.

Mit 1,8 Litern Hubraum und etwas mehr als 80 PS war das das heckgetriebene Coupé zwar nicht untermotorisiert, allerdings auch nicht aufregend. Bereits zwei Jahre später wurde mit dem MG C Abhilfe geschaffen; der nämlich trug einen schicken Reihensechszylinder unter der Haube und war sowohl auf der Piste wie auch über Land ein schwer einzuholender und erst recht kaum überholbarer Kandidat. Das Gewicht auf der Vorderachse indes war Gift für die Fahreigenschaften. Erst [foto id=“461887″ size=“small“ position=“left“]1973 entschieden sich die Verantwortlichen dafür, dem hübschen Shootingbrake-Entwurf den konzernbekannten 3,5 Liter großen Achtzylinder mit immerhin 101 kW/137 PS zu implantieren. Der hatte nicht nur mehr Dampf, sondern war deutlich leichter. Er unterbot gar den immer noch bestellbaren Vierzylinder, weil er aus Aluminium gefertigt war.
 
Nach rund vierzig Jahren hat der Insulaner kein bisschen Attraktivität verloren und ist gern gesehener Gast auf Oldtimer-Treffen. Er beweist, dass nicht nur Amis gut sind für lupenreinen V8-Genuss. Profis wissen natürlich, dass der Dreieinhalber ein Buick-Gewächs ist. Und das macht sich richtig gut in der britischen Verpackung; auf einen kurzen Schlüsseldreh folgt prompt die akustische Einlage mit klarer Basslastigkeit. Was im ersten Moment etwas befremdlich wirkt in diesem kleinen Auto, sorgt einen Wimpernschlag später für Dauergrinsen. Der GT schiebt so bullig aus dem Drehzahlkeller heraus, dass man geneigt ist, in die technischen Daten anno 1973 zu schauen.
 
Demnach vergehen nur 8,8 Sekunden bis 100 km/h – da muss der Vertreter-Passat mit TDI auf der Vorderachse also passen. Unser Exemplar trägt das Lenkrad originalerweise rechts (der V8 war nie für den kontinentalen Markt vorgesehen), was dem Zweitürer durchaus gut zu Gesicht steht. Umso wichtiger, dass die vier Vorwärtsgänge sauber einrasten. Wer von einem englischen Auto allerdings Schweizer Präzision erwartet, ist an der falschen Adresse – wo bliebe dann der Charme? Man muss auch nicht quer um jede Kurve driften.

Starrachse und Blattfedern waren damals übliches Rüstzeug, um schlechten Straßen wie auch Windungen zu begegnen. Eine stramme Abstimmung untermauert den sportiven Einschlag. Dass die betagte Fuhre beim Überfahren von Rumpelstrecken ein bisschen knarzt, gehört zum Oldtimer-Leben. Auf Servolenkung pfeift der V8 GT. Man sollte sich beim Kauf bewusst sein, dass die Modellbezeichnung in diesem Fall nicht Programm ist. Gran Turismo-Charakter kommt wohl kaum auf, wenn Ingenieure einem Roadster ein geschlossenes Dach verpassen. Und bitte kein Gesicht ziehen, falls die Knie das Lenkrad beim Einstieg touchieren. Das passiert quasi bei jeder Körpergröße. Der direkte Blick auf zwei traditionelle Rundskalen samt Drehzahlmesser und Tacho machen alles wieder gut. Statt Holz gibt es übrigens ein paar verstreute Schalter, die den [foto id=“461888″ size=“small“ position=“right“]Blick mindestens genauso lange fesseln. Von intuitiver Bedienung und Ergonomie wollte vor vier Jahrzehnten kein Konstrukteur etwas wissen, schon gar nicht in Großbritannien.
 
So muss man etwas experimentieren, um aller Funktionen Herr zu werden – auch wenn es nicht viele gibt. Lüftung und Heizung zu steuern, ist eine mittlere Herausforderung, aber mit ein paar Kniffen abgehandelt. Spaltmaß-Fetischisten werden mit englischen Marken eher nicht warm, für so etwas hatte man auf der Insel wenig übrig. Dennoch geht der Klassiker mit dem Buchstaben „B“ als zuverlässig und alltagstauglich durch, wenn man sich mit dem Platzangebot arrangieren kann. Was der menschlichen Fracht fehlt, kommt indes dem Gepäckraum zugute, der so manchen Hartschalenkoffer schluckt. Für weitere Strecken im GT muss man jedoch der Typ sein, auch wenn das herrlich klingende V8-Triebwerk aller Wahrscheinlichkeit nach durchhält.

Augen auf heißt es natürlich auch in Sachen Korrosion: Schweller, hintere Kotflügel und Lampen sind anfällig. Besser also ein solides Fahrzeug erwerben, das in der Anschaffung etwas mehr kostet als eine Baustelle, denn Karosserieteile sind nicht günstig. Für eine ordentliche V8-Version in fittem, aber nicht perfektem Zustand werden ohne Probleme zwischen 12.000 und 20.000 Euro aufgerufen. Und ist sind jeden Cent wert.

Chronik

1962: MG führt den B zunächst als Roadster ein, als 1,8-Liter-Vierzylinder
1965: Einführung der Coupé-Variante
1967: Einführung des MG C – gleiches Blechkleid mit Dreiliter-Sechszylinder
1973: Einführung der Version mit 3,5-Liter V8
1976: Die V8-Variante läuft aus
1980: Bauende des MG B nach rund 18 Jahren

Datenblatt: MG B GT V8

Zweitüriges Coupé
Länge: 4,02 Meter
Breite: 1,52 Meter
Höhe: 1,29 Meter
Radstand: 2,31 Meter
   
Benziner: 3,5-l-Achtzylinder-Otto
101 kW/137 PS
maximales Drehmoment: 262 Nm bei 2.900 U/min
Vmax: 200 km/h
0-100 km/h: in 8,8 s
   
Ehemaliger Neupreis: 21.600 DM

Heutiger Marktpreis nach Classic Data

Note 1: 28.200 Euro
Note 2: 18.900 Euro
Note 3: 12.600 Euro

Ersatzteilpreise

Kotflügel: etwa 600 Euro
Motorhaube, Stahl: etwa 120 Euro
Bremsscheiben vorn: etwa 70 Euro

 

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